Stimmen zu Deutschlands 0:6-Debakel: "Es hat nichts funktioniert" - Özil fordert Boateng

Bundestrainer Joachim Löw bezeichnete es als "rabenschwarzen Tag"
Bundestrainer Joachim Löw bezeichnete es als "rabenschwarzen Tag" / Quality Sport Images/Getty Images
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Dass sich die Deutsche Nationalmannschaft derzeit nicht unbedingt in ihrer besten und konstantesten Form befindet, war mehr oder minder klar. Dennoch: Die 0:6-Klatsche gegen Spanien war - auch in der Höhe - verdient. Nach dem Spiel rangen Löw, Bierhoff und Co. um Erklärungsversuche.

Die Deutsche Nationalmannschaft verliert im wichtigen Endspiel um den Gruppensieg und die damit verbundene Finalrunde der Nations League, und das mit einem am Ende sogar noch glücklichen 0:6 gegen Spanien. An den Bildschirmen konnten die Zuschauer sehen, wie gnadenlos unterlegen die DFB-Elf agierte und wie souverän sich die Hausherren eine gute Torchance nach der anderen erspielen konnten.

Bundestrainer Joachim Löw, der nach der Partie bei der ARD Rede und Antwort stand, schien - zumindest zu diesem Zeitpunkt - keine Ansätze zur Erklärung zu haben: "Es war ein rabenschwarzer Tag, es hat gar nichts funktioniert. Körperspannung, Zweikampfverhalten, es hat nichts funktioniert. Weder Defensive, noch Offensive, da kann man keinen ausnahmen."

Der Blick auf die Trainerbank: Löw sitzt weiterhin fest im Sattel
Der Blick auf die Trainerbank: Löw sitzt weiterhin fest im Sattel / Fran Santiago/Getty Images

Am Ende sind auch die Zahlen zum Spiel so erschreckend, wie sich die ersten Sätze Löws anhören: 23 zu zwei Schüsse, zehn zu null auf das gegnerische Tor, vier zu null Großchancen, 69 zu 31 Prozent Ballbesitz, 812 zu 352 gespielte Pässe - alles zugunsten der Selección, die von ihren Pässen sogar 94 Prozent an den Mann bringen konnten. Zumal die Spanier gar nicht gut drauf waren: 1:1 gegen die Schweiz, 1:1 gegen die Niederlande, 1:0-Niederlage gegen die Ukraine, waren die letzten drei Spiele.

"Dachten, dass wir schon weiter sind" - Löw wirkt nach Spanien-Klatsche ratlos

"Heute sind wir absolut zurückgeworfen worden", resümierte Löw. Wichtig sei es nun, aus diesem Spiel zu lernen: "Wir müssen analysieren, wo wir die Hebel ansetzen. Wir müssen die richtigen Schlüsse ziehen. Wir müssen das Spiel in den nächsten Tagen im Trainerstab aufarbeiten. Wir dachten, dass wir schon weiter sind."

In eine ähnliche Kerbe schlug auch Serge Gnabry nach der Partie: "Heute lief einfach gar nichts für uns. Wir haben keinen Zugriff bekommen. Spanien hat in der Höhe verdient gewonnen. [...] Jetzt weiß man, wo man steht .Es ist nicht normal, dass wir gegen Spanien so hoch verlieren. Es regt zum Nachdenken an." Nun, so Gnabry weiter, müsse man aus diesem "Tiefschlag" wieder zurückkommen.

Der Blick ins Leere: Auch Serge Gnabry konnte nicht überzeugen
Der Blick ins Leere: Auch Serge Gnabry konnte nicht überzeugen / DeFodi Images/Getty Images

Wie das zu schaffen wäre, darüber gibt es naturgemäß mehrere Diskussionen und Anhaltspunkte. Vielsagend war es allerdings, dass Löw in seiner ersten Analyse vor dem TV ebenfalls um Worte ringen musste. Mehr als ein Dutzend Mal benutzte er das Wort "irgendwie", auch "eigentlich" kam spürbar häufig vor. "Es ist unsere Aufgabe, dass wir das alles hinterfragen, auch uns selbst", erklärte er zur damit erneuerten Kritik an seiner Person.

Bierhoff will an Löw festhalten

DFB-Direktor Oliver Bierhoff setzte gegenüber der ARD aber direkt ein erneutes Zeichen: "Das Vertrauen ist vollkommen da, daran ändert auch dieses Spiel nichts." Er hoffe, solch ein Auftritt sei "ein einmaliger Fall", den man "knallhart analysieren" und aus dem man lernen müsse - speziell im Hinblick auf die nahende Europameisterschaft.

DFB-Direktor Oliver Bierhoff versicherte erneut das Vertrauen in den Weg des Bundestrainers
DFB-Direktor Oliver Bierhoff versicherte erneut das Vertrauen in den Weg des Bundestrainers / DeFodi Images/Getty Images

Ansätze, das 0:6 zu verstehen, hatte aber auch er nicht parat: "Alles ist verkehrt gelaufen. Es war ein bisschen wie die Finalniederlage 2008 gegen die Spanier. Man läuft immer hinterher. [...] Das ist dann eine Kettenreaktion, dass die Mannschaft auseinanderfällt. Das darf uns natürlich nicht passieren." Auch wenn Spanien eine "spielstarke Mannschaft" sei, so gebe es für dieses Resultat "keine Entschuldigung", so Bierhoff weiter, der besonders monierte: "Der gegnerische Torwart hatte nicht eine Parade im ganzen Spiel."

Apropos Torwart: Das Rekord-Spiel von Manuel Neuer lief nicht unbedingt so ab, wie er es sich gewünscht hätte. Der Kapitän zog ein "ganz enttäuschendes" Fazit: "Wir haben zusammen das Spiel vergeigt, komplett enttäuschend, auch von der Körpersprache. Wir hätten mehr sprechen müssen, gerade nach dem ersten Tor. Es ist wichtig, dass man sich gegenseitig unterstützt." Dennoch, das diente auch dem Keeper als Aspekt aus der Not, könnte "auch ein Tiefschlag" mal helfen.


DFB-Rückkehr von Hummels, Boateng und Müller weiterhin kein Thema für Löw - Özil fordert das Boateng-Comeback von der Couch aus

Natürlich waren auch Jerome Boateng, Mats Hummels und Thomas Müller wieder ein Thema - gerade angesichts der teilweisen unterklassigen Defensivleistung, durch die man sich nun in sechs Nations-League-Partien ganze 13 Gegentore eingefangen hatte.

Löw blieb bei seinen jüngsten Aussagen: "Wir haben gesagt, dass wir den Spielern vertrauen. Heute haben wir gesehen, dass wir noch nicht so weit sind, wie wir glauben. Wir vertrauen diesen Spielern und müssen zurückschlagen." Zudem ließ er angesichts dieser Thematik wortwörtlich verlauten: "Es gibt keinen Grund."

Bierhoff sprang ihm natürlich bei, wie er es schon in den Tagen vor dem Spiel getan hatte: "Die Antwort ist immer die Gleiche. Es ist die Entscheidung des Trainers, wen er nominiert. Ich teile diese, bin den Weg mitgegangen, finde ihn auch richtig. Man weiß, welche Qualität diese Spieler haben. Es ist ja auch noch eine Zeit hin. Man sollte das aber mal akzeptieren, wenn das so entschieden wurde."

Von der Couch meldete sich gerade dazu auch Mesut Özil zu Wort, der twitterte: "Zeit, Jerome Boateng zurückzuholen", womit er natürlich für noch mehr Diskussionen sorgte.

Auch Manuel Neuer äußerte sich ähnlich, aber selbstverständlich deutlich verhaltener und nicht so klar (via Sport Bild): "Alle [drei] Spieler könnten uns grundsätzlich helfen, das haben sie ja oft genug bewiesen. Und es hat ja auch keiner der drei, weder Thomas, noch Mats noch Jerome, seine DFB-Karriere beendet." Man könnte es angesichts der derzeitigen Entwicklung auch als Wink mit dem Zaunpfahl bezeichnen.