Seifert gegen Umverteilung der Medienerlöse: "Debatten nicht konsequent geführt"

DFl-Chef Christian Seifert steht weiterhin im Fokus
DFl-Chef Christian Seifert steht weiterhin im Fokus / Pool/Getty Images
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Christian Seifert stand als Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga in den letzten Monaten häufig im Rampenlicht. Der 51-Jährige sieht den deutschen Profi-Fußball gut aufgestellt, auch wenn er die Nachfrage nach mehr Spannung versteht - eine Umverteilung der Mediengelder sieht er aber keineswegs als Allzweckwaffe.

In dieser Woche startet die Bundesliga in die Saison 2020/2021. Es wird eine Spielzeit mit viel Ungewissheit, vor allem was den Ablauf und die erhoffte Rückkehr der Fans in die Stadien betrifft. Die einzige Gewissheit, so meinen viele: Am Ende wird sowieso der FC Bayern München wieder Meister. Es wäre die neunte Meisterschaft in Serie - Spannung an der Spitze sieht anders aus.

DFL-Geschäftsführer Christian Seifert hat Verständnis für die Wünsche und Fragen nach einem spannenden Titelkampf. Wie sich das erreichen lassen würde, ist ein derzeit wieder häufig diskutiertes Thema. "Die Hebel sind in dieser Hinsicht überschaubar", so der Chef des Liga-Verbands im Interview mit dem kicker. Angesprochen auf den Aspekt einer möglichen Umverteilung der TV- und Medien-Erlöse, verweist er auf die fehlende Differenzierung. National werden diese bereits zu 54 Prozent gleich verteilt, so viel wie in keiner anderen europäischen Liga, zudem halte er es "für eine Illusion", wenn man glaubt, dadurch unmittelbar einen spannenden Kampf an der Spitze auslösen zu können.

Hygiene-Konzept, Liga-Restart, neue Saison: Christian Seifert im Fokus wie noch nie
Hygiene-Konzept, Liga-Restart, neue Saison: Christian Seifert im Fokus wie noch nie / Thomas Lohnes/Getty Images

"Radikale Maßnahmen" für spannenden Titelkampf: Seifert wirbt für mehr Differenzierung

Sollte man dieses Ziel tatsächlich ernsthaft und mit Priorität angehen, so müsse man "zu ganz radikalen Maßnahmen schreiten", so Seifert. Diese seien allerdings nur sehr schwer umzusetzen, da dafür "sämtliche Prinzipien von Leistung, Nachfrage und des Miteinanders in dem Markt" ausgesetzt werden müssten.

Eine seitens des kicker ins Spiel gebrachte Herangehensweise, die Gelder umgedreht zu verteilen, lehnt er entschlossen ab: "Es würde das Leistungsprinzip außer Kraft setzen, dem Ersten alles zu nehmen." Ohnehin sorgten "einige Klubs", die dadurch benachteiligt werden würden, eben für "einen wesentlichen Teil der Marktanteile".

"Die Verteilung der Medienerlöse ist sehr komplex und vor allem differenziert zu betrachten."

Christian Seifert ggü. dem kicker

Um das Rennen um die Meisterschaft spannender zu machen, müsse man die Klubs stärken, die auf den Plätzen zwei, drei und vier stehen - schließlich sei beispielsweise "der Tabellenletzte nicht der direkte Konkurrent des Tabellenersten". Eine solch gezielte und vereinzelte Stärkung ist wiederum nicht umzusetzen. Am Sonntag stellte sich auch der Ehrenpräsident des FC Bayern, Uli Hoeneß, im Sport1-Doppelpass gegen eine solche Umverteilung.

Auch Uli Hoeneß kritisiert den Schlüssel der Gelder-Umverteilung
Auch Uli Hoeneß kritisiert den Schlüssel der Gelder-Umverteilung / TF-Images/Getty Images

"Die Debatten werden nicht immer konsequent geführt", merkt der DFL-Chef an und meint damit, dass durch eine solche Umverteilung auch Vereine wie Eintracht Frankfurt oder der SC Freiburg, die sich in den letzten Jahren "auch hinsichtlich der Ausschüttung der Medienerlöse nach oben gespielt haben", benachteiligt und ihrer guten Arbeit beraubt werden würden. "Angesichts der immensen Ausschüttungen aus der Champions League", so Seifert weiter, wäre eine veränderte Verteilung der internationalen Erlöse der DFL zumindest ein nachvollziehbarer Gedanke.

Eine viel größere Herausforderung für den deutschen Profi-Fußball sieht der 51-Jährige allerdings in den "kommenden Generationen von Fußballfans". Dabei sieht er die größten Konkurrenten, etwas beispielhaft gesprochen, als "Premier League und Netflix" an - zum einen als sehr großer Liga-Konkurrent, der mediale Zahlen generiert wie kein Zweiter, zum anderen das generelle Abnehmen der Bedeutung des Fußballs unter den 16- bis 24-Jährigen, wo Seifert eine Studie der ECA anführt. Die große Frage sei also, "wie man auch in Zukunft noch viele Menschen für sich begeistert", speziell auch während der noch leeren Stadien.

Als DFL-Chef vertritt Seifert alle 36 Profivereine in Deutschland
Als DFL-Chef vertritt Seifert alle 36 Profivereine in Deutschland / Pool/Getty Images

Trotz der Geisterspiele und der vorangegangenen Ethik-Diskussionen um den Re-Start der Bundesliga fällt das Fazit des DFL-Chefs positiv aus: "Man muss sehr genau unterscheiden bei den Quoten, zwischen den Live-Spielen und den Zusammenfassungen etwa in der ARD. Sky, DAZN und Amazon haben beispielsweise hervorragende Ergebnisse erzielt." Eine fehlende Akzeptanz dieser coronabedingten Umstände sieht er demnach nicht.

Bundesliga während Corona: Finanzielle Schieflagen und gestiegene Verbindlichkeiten

Die finanzielle Situation der Klubs hingegen, ebenfalls coronabedingt ein großes Thema der letzten Wochen, lässt Seifert keineswegs kalt - auch wenn er erneut für mehr Differenzierung plädiert. Das zum Teil kritisierte Lizenzierungsverfahren der DFL, da 13 Klubs unmittelbar die Insolvenz drohte, bezeichnete er "als Blaupause für seriöses Arbeiten im Profisport". Schließlich habe sich niemand auf die Lage und die Auswirkungen einer Pandemie vorbereiten können und auch "milliardenschwere Konzerne, die über Jahre hohe Dividenden ausgeschüttet hatten", mussten sehr früh zu Staatshilfen greifen.

Vor allem Schalke stand im medialen Fokus der finanziellen Schieflage
Vor allem Schalke stand im medialen Fokus der finanziellen Schieflage / DeFodi Images/Getty Images

So sei es "zu erwarten [gewesen], dass es in einer solchen Ausnahmesituation unterschiedliche Ausgangslagen gibt", führt Seifert auf die verschiedenen Reaktionen ins Feld, die zum Beispiel Schalke 04 und dem Hamburger SV mit ihren gestiegenen Verbindlichkeiten vom SC Freiburg unterschieden, der "nicht den Alarmknopf" habe drücken müssen. Dass manche Klubs, wie auch der S04, manche Raten aus den TV-Verträgen schon abgetreten hatten, verteidigte er ebenfalls: "Das war ein erlaubtes Prozedere im Rahmen von Statuten, die sich die Klubs selbst gegeben haben. [...] Stand heute entscheidet das jeder Klub im Rahmen der Statuten für sich."

Viel mehr gehe es derzeit, auch in wirtschaftlichen Schieflagen im Profifußball, eher um "einzelne Themen und Vorgänge mit großer Signalwirkung", als um Themen wie eine Gehaltsobergrenze oder dem zwischenzeitlichen (Teil-)Verzicht der Gehälter, der - das betont er eindeutig - in der Bundesliga sehr ruhig und vernünftig abgelaufen sei. Signale wie Mega-Ablösesummen oder goldene Steaks "überlagern fast alle", erklärte er weiterlaufend.