Die Schalker Erkenntnisse zum müden Remis gegen Union Berlin

Erneut sieglos: Schalke wartet nun seit zwölf Spielen auf einen Sieg
Erneut sieglos: Schalke wartet nun seit zwölf Spielen auf einen Sieg / Pool/Getty Images
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Mit dem am Ende wohl eher schmeichelhaften 1:1-Remis gegen Union Berlin wartet Schalke nun seit satten zwölf Spielen auf die nächsten drei Punkte. Bislang war die Rückrunde eine einzige Katastrophe - erneut stellte Wagner die Verletzenliste in den Fokus und erklärte, das aktuell mögliche Spiel sei "sehr limitiert". Die Erkenntnisse zum Spiel.

1. Schalker Krise verschlimmert sich - noch vier Partien offen

Der Fehler vor dem 0:1 - Juan Miranda verliert einen entscheidenden Zweikampf
Der Fehler vor dem 0:1 - Juan Miranda verliert einen entscheidenden Zweikampf / Pool/Getty Images

Aus den letzten zwölf Partien hat Schalke 04 gerade einmal fünf Punkte geholt. Die Bilanz eines direkten Absteigers, S04 steht in er Rückrundentabelle auf dem 18. Platz. Mit dem 1:1 gegen Union Berlin hat sich die Krise nicht verbessert, erneut konnten die Knappen (gegen einen Aufsteiger) nicht gewinnen. Am Ende war sogar das Remis schmeichelhaft, da die Gastgeber die deutlich besseren Torchancen hatten.

Mit lediglich einem Schuss auf das gegnerische Tor wurde erneut offenbart, wie ungefährlich und träge die Offensive ist. Während ein Fehler von Juan Miranda, begünstigt durch sehr wenig Spielpraxis und dessen Alter, zum Gegentreffer führte, kann Schalke diesen Fehler durch eigene Tore nicht vergessen machen.

In den letzten vier Partien warten nur noch bessere Gegner, u.a. Bayer Leverkusen und der VfL Wolfsburg. Es gibt wenig Hoffnung auf einen späten Turnaround, sodass man mittlerweile festhalten muss: Auch diese Saison kann abgehakt werden. Dank der guten Hinrunde hat Schalke zumindest mit dem (direkten) Abstieg nichts mehr zu tun.

2. Die Verletztenliste wird immer länger - aber Ausreden wollte doch keiner?

Wirkt zurzeit rat- und emotionslos: S04-Coach David Wagner
Wirkt zurzeit rat- und emotionslos: S04-Coach David Wagner / Pool/Getty Images

Niemand kann Schalke aberkennen, dass sich die Mannschaft mit großen personellen Sorgen herumschlagen muss. Zum einen fehlt fast das ganze Mittelfeld verletzt, der formschwache Weston McKennie gegen Union zudem gelb-gesperrt. Nun fallen noch Matija Nastasic, Guido Burgstaller und Jean-Clair Todibo aus. Das ist eine Menge Pech, und - so lautet es aus manchen Ecken der Anhängerschaft - auch falsche Trainingssteuerung oder keine gute Arbeit der medizinischen Abteilung.

Dass diese Situation die Krise verschärft, ist logisch. Allerdings wird von David Wagner stets verkannt, dass die spielerisch schlechten Auftritte bereits angefangen haben, als das ganze Team noch fit auf dem Platz stand. Zu Beginn der Saison betonte er immer, dass es gilt, unveränderliche Dinge als gegeben hinzunehmen und an Stellen zu arbeiten, die man verändern kann.

Dieses noble und richtige Credo scheint er vergessen zu haben. Immer wieder schiebt er die fehlenden Punkte und grausige Auftritte mitsamt seiner Defensiv-Strategie auf die fehlenden Spieler und die individuellen Fehler. Am Ende darf ein Team dennoch nicht so ungefährlich und wenig inspiriert auftreten, wie sie es seit Wochen tut. Das ist die Aufgabe des Trainers.

3. Union mit deutlich besseren Torchancen - Schalkes großes Problem: Keine eigenen Chancen

Die Eisernen durften sich über einen Punkt gegen Schalke freuen.
Die Eisernen durften sich über einen Punkt gegen Schalke freuen. / MICHAEL SOHN/Getty Images

Immer wieder muss man es betonen, es kommt einem schon aus den Ohren heraus: Schalke kreiert viel zu wenig Torchancen, klare Chancen noch weniger. Das ist nicht erst seit den letzten Spielen so, das mündete nicht erst gestern in einem (!) einzigen Schuss aufs Tor. Bereits in der Hinrunde gab es viel zu wenig Tormöglichkeiten aus dem Sechzehner heraus.

Oft wurde in der Hinrunde darüber gesprochen, dass die Stürmer zu wenig Tore schießen. Ein Symptom, aber nicht die Ursache. Selbst deutlich bessere Stürmer als die, die S04 zur Verfügung hat, würden verhungern und in der Luft hängen. Es ist nach wie vor kein Kombinationsspiel vorhanden, keine strukturierten Wege über außen, um das Zentrum zu bedienen.

Laut der Statistik-Seite understat.com hatte Schalke einen xG-Wert ("expected Goals") von 0,17. Das ist unterirdisch schlecht, das muss so betont werden. Union hingegen hätte mehr machen können (xG von 2,4), was sich auch sichtbar an den Chancen abzeichnete. Ein großes Problem, was noch immer verschwiegen wird und dennoch offensichtlich ist.

4. Kader-Breite quasi nicht vorhanden - und es wird nicht besser...

Eine S04-Bank voller Jugendspieler: Hier fehlt es an Erfahrung
Eine S04-Bank voller Jugendspieler: Hier fehlt es an Erfahrung / Pool/Getty Images

Während so mancher Stammspieler wegbricht, wird es eng. Das liegt nicht nur an der allgemein schlechten Phase der Schalker aktuell, sondern auch an der Qualität im Kader. Oft wird betont, dass die Mannschaft - vor allem in der sogenannten Breite - qualitativ nicht gut genug aufgestellt ist.

Am Sonntag saßen ausnahmslos nur Jungprofis auf der Bank, nicht wenige von ihnen können ihre Einsätze für das erste Team an einer Hand abzählen. Mit Malick Thiaw und Can Bozdogan (erstmals nominiert) gehörten erneut zwei U19-Spieler der Reserve an. Dazu kamen Levent Mercan, Nassim Boujellab, Timo Becker und - wie sollte es anders sein - Ahmed Kutucu.

Bei allem Respekt vor dem Talent dieser Auswechselbank, aber ein Routinier, ein erfahrener Spieler, der Vertrauen gibt, ist nicht dabei. Auch einige Spieler der Startelf lassen nicht erst jetzt Zweifel an ihrer Qualität zu.

Ein weiterer statistischer Wert ist der "Goalimpact". Er berechnet die Stärke und Qualität einzelner Spieler, und somit auch einer Mannschaft, aus diversen Zahlen (Alter, Einsätze, Laufdistanz, Abschlüsse, Pässe, Quoten uvm.) zusammen. Geht man danach, hat der S04 den drittschwächsten Kader der ganzen ersten Liga. Darüber kann diskutiert werden, aber zeigt es am Ende doch erneut, dass definitiv mehr Qualität in die Mannschaft gehört.