Schalke-Zukunft für Harit? Die nächsten Wochen werden entscheidend
Von Yannik Möller

Am Dienstag wurde Amine Harit mit Nabil Bentaleb und Vedad Ibisevic (Vertragsauflösung Ende Dezember) vorerst suspendiert, er erhält damit einen Denkzettel. Dementsprechend wichtig für ihn, aber natürlich auch für Schalke, werden die kommenden Wochen. Er muss sich wieder beweisen und sich einen Platz in der Mannschaft erobern.
Die Auswechslung in Minute 39 am Samstag war sinnbildlich: Amine Harit funktioniert beim FC Schalke 04 derzeit nicht. Erneut, muss man sagen. Nach seiner sehr guten Hinrunde in der Vorsaison rutschte er, wie die gesamte Mannschaft, in der Rückrunde ab. Nun bekommt er etwas Zeit zum Nachdenken: Er muss "bis auf Weiteres" individuell trainieren, erhält damit "eine Denkpause", wie Sportvorstand Jochen Schneider es in der Mitteilung des Klubs formulierte.
Angesichts dieser Entwicklung, in welcher der 23-Jährige inzwischen regelmäßig den Eindruck gemacht hat, er hätte schlichtweg keine Lust mehr auf den S04 und die sportliche Situation, gibt es verständlicherweise Fragen bezüglich seiner Zukunft im Verein. Dass es alsbald wieder um die europäischen Plätze geht, um die man mit offensivem und überzeugendem Fußball kämpfen könnte, ist utopisch. Offenbar möchte und braucht Harit eine solche Ausgangslage - dass ein kreativer Offensivspieler primär im offensiven Stil glänzen kann, ist logisch. Das bedeutet im Umkehrschluss aber keinesfalls, dass er, wenn es alles andere als gut läuft, den Kopf in den Sand stecken kann.
"Ich bin entschlossener denn je, meinen Klub wieder in die Tabellenregionen zu führen, wo er hingehört."
- Amine Harit
Mannschaft reagierte verwundert über Harit-Aufstellung
Bezeichnend ist auch das vermeintliche Unverständnis der Mannschaft, wie die Sport Bild berichtet, als sie erfahren hat, dass der Marokkaner gegen den VfL Wolfsburg in der Startelf stehen wird. Der Großteil des Teams habe offenbar nicht das Gefühl, "dass Harit den Abstiegskampf richtig annehme". Ein Eindruck, der sich von außen festigt. Wenn jedoch sogar Teamkollegen darüber verwundert sein müssen, derzeit zurecht, dass einer der theoretisch besten Spieler spielen darf, dann gibt es ein Problem. Ein Problem, das nun in einer Suspendierung gemündet ist.
Harit selbst hat sich sehr frühzeitig nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung selbst über Social Media zu Wort gemeldet. Er betonte zunächst, dass man nun wieder zusammenstehen müsse. "Ich arbeite seit Monaten sehr hart dafür, um wieder auf mein bestes Niveau zu kommen und ich bin entschlossener denn je, meinen Klub wieder in die Tabellenregionen zu führen, wo er hingehört", so das Statement weiter. "Nur als Einheit werden wir es schaffen", damit endet seine Wortmeldung.
✊?? @s04 pic.twitter.com/y5wlojq0jV
— Amine Harit (@Amine_000) November 24, 2020
Nun wäre es jedoch nur die halbe Wahrheit, auf die aktuelle Form und auch Einstellung zu gucken. Denn damit hat Harit nicht erst in den letzten Wochen, in denen es beim S04 immer ungemütlicher wird, ein größeres Problem - schon die Saisonvorbereitung im Sommer war, diplomatisch formuliert, sehr durchwachsen für ihn.
David Wagner attestierte ihm "keine gute Vorbereitung", viel eher sei er "nur schwer hereingekommen". Der Ex-Coach damals weiter (via Ruhr24): "Wenn ich meine, dass er schwer hereingekommen ist, dann, dass er wenig Klarheit in seinen Aktionen hatte." Ein Fazit, das bei aller Kritik an Wagner selbst zuletzt eins zu eins zu übernehmen war. Nach einem kurzen, aber einzelnen Hoffnungsschimmer gegen den VfB Stuttgart erfolgte gegen Wolfsburg die absolute Ernüchterung.
Harit auf Schalke ohne Zukunft? Eine nahezu beispiellose Entwicklung
Eine solche Entwicklung, wie sie es nun gegeben hat, lässt selbstverständlich auch Fragen über die Zukunft Harits auf Schalke zu. Seinen Vertrag hat er vor etwa einem Jahr, in aller Euphorie auch über seine damalig starke Form, langfristig bis 2024 verlängert. Das schließt natürlich nicht unbedingt aus, dass man sich am Ende der Saison trennen wird - wenn nicht sogar schon im Winter. Derzeit es ist eigentlich nicht vorstellbar, dass es eine weitere Spielzeit geben wird, in der er in Blau-Weiß aufläuft.
Zu viel ist inzwischen vorgefallen, zwischen Leistungseinbrüchen und offensichtlicher Null-Bock-Einstellung im negativen Sinne, was die Hochs mit starker Form oder spielentscheidenden Situationen inzwischen überlagert. Auch fernab jeglicher persönlicher Aspekte: Schalke bietet mit seinem Umfeld, seiner sportlichen Gegenwart und Zukunft kein passendes zu Hause für einen Spielertypen, wie Harit einer ist. Ein ruhigeres Umfeld, ein offensiverer Stil, in dem er mehr Freiräume bekommt, aber zwangsweise gepaart mit einer durchweg (!) professionellen Einstellung - das könnte klappen.
"Wir werden Amine nicht fallen lassen, sondern gemeinsam alles daran setzen, ihn wieder dahin zu bringen, dass er seine Qualitäten für unseren Verein einbringen kann", so Schneider. Sätze, die in erster Linie in der Form natürlich gesagt werden müssen, alleine schon, um den Marktwert und dementsprechend etwaigen Verkaufswert nicht durch den Schredder zu jagen.
Dass man alles daran setzen wird, dass Harit schnellstmöglich in den Kreis der Mannschaft zurückkehren und mit guten Leistungen helfen wird - logisch. Derzeit arbeitet allerdings alles auf ein unrühmliches Ende zwischen den beiden Parteien hin, wie man es zum Zeitpunkt der Vertragsverlängerung vor einem Jahr für unmöglich und einen schlechten Witz gehalten hätte.