Schalke: Woran überhaupt noch glauben?

Trauer, Entsetzen und Ernüchterung auch bei Bastian Oczipka
Trauer, Entsetzen und Ernüchterung auch bei Bastian Oczipka / Adam Pretty/Getty Images
facebooktwitterreddit

Der klassische Satz "Schalke kommt beim 2:2 gegen Augsburg erneut nicht zum befreienden Sieg" wäre ein Understatement für den Verlauf der Partie und eine maßlose Untertreibung der Gefühlswelt eines Schalke-Fans. Stattdessen fragt sich selbst einer der größten S04-Optimist inzwischen, woran man nun noch glauben soll. Ein Kommentar.

Der Fußballgott war niemals ein Anhänger von Schalke 04 und kann nie einer sein. Stattdessen - wenn man die ganzen Umstände auf dieses Remis gegen den FC Augsburg bezieht - ist er ein absoluter Sadist, der sich offenbar daran ergötzt, Fans und Anhänger der Gelsenkirchener leiden zu sehen.

Aber von vorne: Was natürlich nicht vergessen und in den Hintergrund rücken darf, ist die Sorge um Mark Uth. Sein schlimm anzusehendes Fallen auf den Platz, die gefühlt stundenlange Behandlung - fürchterliche Bilder, die einen nicht nur mit Sorge, sondern auch mit Verzweiflung erfüllen. Gute Besserung an dieser Stelle.

Die Behandlung von Mark Uth dauerte gefühlt Stunden - und sorgte für große Sorgen
Die Behandlung von Mark Uth dauerte gefühlt Stunden - und sorgte für große Sorgen / CHRISTOF STACHE/Getty Images

Schalke-Sieg wäre verdient gewesen - und am Ende der größte Frust

Dass die Mannschaft dieses Spiel für Uth gewinnen wollte, war ihr anzusehen. Auch wenn der Schock die ganze Partie über ein ständiger Begleiter war, sowohl für die Schalker wie für die Augsburger, das Team hat wirklich alles in dieses Duell geworfen. Fast 125 Kilometer gelaufen, 16 Schüsse insgesamt, davon zehn innerhalb des Strafraums, vier Großchancen und 60 Prozent Ballbesitz, in dem man aber nicht nur planlos den Ball hin und her schob, sondern auch einige wichtige Lauf- und Passwege ausnutzte, die zu den besagten Chance führten.

Hilft alles nichts, am Ende gibt es in der 93. Minute den 2:2-Ausgleichstreffer, und das in Überzahl. Die einen setzen den Fokus auf die Defensive, die erneut zwei Gegentore gefangen und mit theoretisch vier nicht gerade kleinen Innenverteidigern (Sané, Kabak, Nastasic, Stambouli) ein Kopfballtor von Marko Richter (1,76 Meter groß) nicht verteidigt bekommen hat. Genauso gut kann der Fokus auf die zwei, drei sehr großen Chancen zum vermutlich vorentscheidenden 1:3-Treffer gelegt werden, der die generell große Unsicherheit von Blau-Weiß weitestgehend egalisiert hätte.

Mehr gelaufen, Spielkontrolle gehabt, die richtige Einstellung, wichtige und vor allem mehrere Chancen herausgespielt, der Gegner mit einer ehrlicherweise etwas glücklichen Gelb-Roten Karte - und am Ende steht dennoch kein Sieg. So sehr man den Spielverlauf auch loben oder kritisieren mag, schon in wenigen Tagen wird nur das Ergebnis und der eine Punkt übrig bleiben, wenn man den Blick auf die weiterhin sehr dramatisch aussehende Tabelle wirft.

Das Gefühl, das bleiben wird: Die totale Ernüchterung - auch bei Ralf Fährmann
Das Gefühl, das bleiben wird: Die totale Ernüchterung - auch bei Ralf Fährmann / Adam Pretty/Getty Images

Woran also noch glauben? Oder anders gefragt: Warum noch an den so dermaßen wichtigen Sieg glauben, wenn es nicht einmal gegen eine äußerst unsympathisch auftretende FCA-Truppe (Beispiel: Traurige Provokationen von Florian Niederlechner, der Manuel Baum eigentlich sehr viel zu verdanken hat) nicht gelingt, obwohl einige Aspekte tatsächlich für drei wichtige Punkte sprachen?

Tatsächlich ist es das Spiel als solches, das den letzten Funken Hoffnung wahrt, so unverständlich das so kurz nach diesem extrem frustrierenden Spiel auch klingen mag. Das Verständnis wäre da für jeden Fan, der sich am liebsten mehrere Tage unter der Bettdecke verstecken und einmal mehrere Nächte durchweg laut weinen würde. Das Verständnis wäre auch für jeden Spieler da, der inzwischen nicht mehr an eine Rettung glaubt. So ein Nackenschlag ist schließlich alles andere als einfach zu verdauen.

Die Schalker Freude um den Treffer von Nassim Boujellab ist am Ende nur ein wenig Hoffnung wert
Die Schalker Freude um den Treffer von Nassim Boujellab ist am Ende nur ein wenig Hoffnung wert / CHRISTOF STACHE/Getty Images

Dennoch hat man gesehen, dass es gute Möglichkeiten gab, dieses Spiel zu gewinnen. Egal, dass es "nur" der FC Augsburg war. Egal, dass es am Ende mal wieder nicht gereicht hat. Egal, dass man sich jetzt gerade fragt, warum man es ausgerechnet mit dem S04 halten muss. Die Gegner auf Augenhöhe müssen, wenn möglich, besiegt werden. Und es war möglich.

Es ist zwar wieder nur ein äußerst kleiner und im Gegensatz zu drei möglichen und damit zwei verschenkten Punkten ein nahezu minimaler Trost: Gegen den SC Freiburg, gegen Arminia Bielefeld, anschließend gegen Teams wie beispielweise Eintracht Frankfurt oder den 1. FC Köln, kann Schalke etwas holen.

Aus Wochen kommend, in denen eine 0:5-Niederlage wahrscheinlicher wirkte, als ein Unentschieden, muss man sich an solchen Kleinigkeiten hochziehen. Irgendwann hat auch der elende Fußballgott keine Lust mehr, also weitermachen!