Manuel Baum ist ein guter Trainer - aber auch der Richtige auf Schalke?
Von Yannik Möller

Nach der Schalker Niederlage gegen Freiburg am Mittwochabend regt sich mal wieder etwas Bewegung in der Trainerfrage - inzwischen ein regelmäßiges Vorkommnis. Manuel Baum an seinen bisherigen Resultaten zu bewerten, wäre allerdings zu einfach. Und dennoch muss es gemacht werden. Er ist sicherlich ein guter und auch sympathischer Trainer, aber derzeit auch der richtige Coach für S04? Ein Kommentar.
Die 0:2-Niederlage gegen den SC Freiburg war ein kleines Jubiläum für Manuel Baum. Es war sein zehntes Spiel in der Bundesliga, das er als Trainer von Schalke 04 begleitet hat. Blickt man nur auf die Ergebnisse und zieht daraus eine bisherige Bilanz, so sehen diese Zahlen fatal aus: Zehn Spiele, davon sechs Niederlagen, vier Remis und dementsprechend vier von 30 möglichen Punkten. All das bei sieben eigenen Toren und 24 Gegentreffern.
Nimmt man diese Zahlen und Werte als einzigen Faktor, ist das Fazit eigentlich klar: Baum hat Königsblau nicht einen Schritt weiter- und vom Abstieg kein bisschen wegbringen können. Weil das in der letzten Konsequenz auch richtig ist, kommt derzeit mal wieder die Trainerfrage auf. Gerade der Dezember war für S04 so wichtig, es kamen endlich Gegner auf vermeintlicher Augenhöhe, wo man die theoretische Chance sah, zu gewinnen. Bisher ist daraus nichts geworden.
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— FC Schalke 04 (@s04) December 16, 2020
Freiburg nimmt die 3 Zähler mit.
⏱️ 90' | #S04SCF 0:2 | #S04 pic.twitter.com/RbZ0BWv7It
Baum mit Horror-Statistik auf Schalke - auch das ist nur die halbe Wahrheit
Während die Statistik, wie betont, in letzter Konsequenz weiterhin verdammt schlecht ist, ist es aber auch nicht die ganze Wahrheit. Um Baum und seine Arbeit bis hierhin zu bewerten, muss man sich auch immer wieder die Umstände vor Augen führen, unter denen er nicht nur angefangen hat, sondern auch, mit denen er fortlaufend klarkommen musste.
Er übernahm Ende September eine nahezu tote Mannschaft, die scheinbar auf nichts zurückgreifen konnte, die vor allem qualitativ, aber auch quantitativ fragwürdig zusammengestellt ist und in der es scheinbar immer mal wieder Quertreiber gibt, die sich über das Wohl des Teams stellen. Eine fast einmalige Sieglos-Serie und deren Folgen nicht zu verschweigen.
Führt man diese noch weiter aus, so müsste die aktuelle Frage also nicht heißen, ob Baum ein guter Trainer ist, oder ob er generell zu Schalke passt - sondern viel eher, ob ein fachlich anerkannter Coach wie er ganz aktuell auch der richtige Mann für diese Situation ist, und wenn nicht, warum?
Vor wenigen Wochen konnte man noch zurückblicken und sagen, dass Gegner wie RB Leipzig, wie Borussia Dortmund und auch der VfL Wolfsburg sowie Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen keinesfalls die Mannschaften sind, mit denen sich die Knappen momentan messen können. Diese fünf Gegner kamen auf Baum und Schalke in seinen ersten acht Liga-Partien zu. Darunter auch der VfB Stuttgart und Union Berlin, die beiden großen Überraschungen der Saison. Bleibt, bis zum Duell mit dem FC Augsburg am vorigen Sonntag, eigentlich nur Mainz 05 als Mannschaft auf Augenhöhe.
Nun hat man aber gegen Mainz, Augsburg und Freiburg auch nicht gewonnen, gegen den Sport-Club dazu richtig enttäuscht. Anzeichen, dass sich das gegen Aufsteiger Arminia Bielefeld am kommenden Samstag ändert, gibt es derzeit keine mehr, nachdem man nach der FCA-Partie dachte, das Team sei zumindest deutlich enger zusammengerückt und einen so wichtigen Schritt engagierter und gewillter als zuvor.
Trainerfrage auf Schalke ist verständlich - oftmals aber zu einfach betrachtet
Deshalb ist es selbstredend nicht verwerflich, wenn sich Fans, Reporter, Experten und viele mehr die Frage stellen, ob Manuel Baum auf Schalke eine Zukunft haben sollte. Wenn man diese Frage aufwirft und sie diskutieren möchte, darf man all diese Umstände, Widrigkeiten und Probleme aber nicht unterschlagen. Nicht nur aus seinen bisherigen Stationen und seiner bisherigen Arbeit, sondern auch an kleinen, aber feinen Verbesserungen und seinem Ruf kann man grundsätzlich sagen, dass er ein fachlich starker Trainer ist, der gute Ideen, gleichzeitig aber auch den seit jeher kompliziertesten Job im deutschen Profifußball hat.
Hätte sich Sportvorstand Jochen Schneider spätestens zum letzten Saisonende von David Wagner getrennt, was die einzig vernünftige Entscheidung gewesen wäre, hätte Baum in der Saisonvorbereitung nicht nur einen klaren Schnitt zur bis dahin noch vergleichsweise kleinen Negativ-Serie machen können, sondern auch etwas aufbauen, wichtige Grundsteine legen und zumindest ein bisschen Stabilität ins Team bringen können. Ziemlich sicher: Man hätte trotz aller Probleme im und rund um den Kader nicht da gestanden, wo man es nun tut.
Dass man sich darauf wohl verständigen kann, beweist erneut, dass der Coach keineswegs schlecht ist. Ob er der Richtige für die aktuelle Lage und die aktuelle Mission ist, nämlich mindestens den Relegationsplatz zu erreichen, das werden auch die nächsten zwei Partien zeigen müssen. Gegen Bielefeld in der Liga, anschließend gegen den SSV Ulm im Pokal.
Die Frage, die sich bei einem weiterhin schlechten Verlauf stellen ließe: Wer könnte übernehmen und mehr aus der Mannschaft herausholen als Baum es derzeit tut? Dass Jochen Schneider für diesen Schnitt zuvor gehen müsste, ist klar. Doch auch ein neuer Sportvorstand wird wohl kaum einen Fußballlehrer finden, der urplötzlich anfängt Spiele zu gewinnen. Schalke sei untrainierbar, heißt es aus Fan-Sicht schon lange. Eine eins gewordene Figur aus Pep Guardiola, Jürgen Klopp und Jose Mourinho - für verschiedene Aspekte - hätte vielleicht (!) noch eine kleine Chance. Nur gibt es sie nicht.