Schalke entfernt sich von Europa - warum das eine Chance für S04 sein kann
Von Yannik Möller

Nach der deutlichen Derby-Klatsche gegen den Erzrivalen aus Dortmund sieht Schalke die Chancen auf den internationalen Wettbewerb sinken - nicht nur wegen fehlender Punkte, sondern auch aufgrund der schlechten Leistungen. Die ausbleibende Qualifikation für die Europa League könnte jedoch auch eine Möglichkeit für einen Anfang von ganz unten sein, ein richtiger Neustart.
Zum Ende der Hinrunde fing er an, nach dem ersten Spieltag der Rückrunde setzte er sich nahtlos fort: Der Abwärtstrend von Schalke 04. Zu Beginn der Saison trumpfte Königsblau mit Offensive und Mut auf, mittlerweile versucht man sich eher in Vorsicht. Durch die Ergebnisse rücken die internationalen Plätze, die in weiten Teilen der Hinrunde greifbar nah schienen, langsam aber sicher immer weiter in die Entfernung. Aus dem vorsichtigen Hoffen auf die Champions League ist ein Kampf um die obere Tabellenhälfte geworden.
Europa und Schalke: Die Entfernung vergrößert sich - Chance auf einen richtigen Neustart
Schalke kann sich noch immer für Europa qualifizieren. Die Knappen stehen seit dem vergangenen Wochenende auf dem achten Platz, sind punktgleich mit dem siebtplatzierten SC Freiburg, der VfL Wolfsburg darüber hat zwei Zähler mehr. Nach unten sind die Abstände aber auch knapp. Lediglich vier Zähler trennen den S04 vom zehnten Platz, den der inmitten der Hinrunde zu den fast sicheren Absteigern gezählte 1. FC Köln besetzt.
Schalke kann Europa auch verpassen. Verwunderlich wäre dieses Szenario angesichts der letzten Spiele überhaupt nicht. Einnahmen würden fehlen, ebenso wie Anreize für womöglich anvisierte Neuzugänge im kommenden Sommer. Allerdings bietet dieses Szenario auch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, auch wenn es zunächst seltsam klingen mag.
Der Verein würde die Chance auf einen Neustart bekommen. Damit ist ausdrücklich nicht das gewohnte Karussell gemeint, in dem der Klub im Sommer (nur) einen neuen Trainer einstellt und alles wieder von vorne beginnt. Der S04 könnte sich sozusagen selbst bereinigen und mit dem einen oder anderen Jahr Anlauf - solange gut geplant und gemanaged - wieder Europa angreifen.
Ein erster Schritt dazu wäre der notwendige Griff zum eigenen Nachwuchs. Schalke fehlen große finanzielle Mittel, durch eine verpasste Qualifikation für den internationalen Wettbewerb umso mehr. Der Kader müsste gestreckt werden, auch mit Spielern aus der heimischen U19 und U23. Die Knappenschmiede kann zwar nicht jedes Jahr einen neuen Leroy Sané oder Julian Draxler herausbringen, doch versteckt sich so manches Talent in den Jugendmannschaften der Knappen.
Dazu käme die glasklare Ansage der Vereinsführung, zunächst kleine Brötchen zu backen. Das Mittelfeld der Liga könnte das zwischenzeitliche Zuhause der Schalker sein, während man sich auf den neuen Angriff vorbereitet. Die Fans würden einen solchen Plan verstehen, solange dieser verständlich erklärt und professionell umgesetzt wäre. Gleichzeitig hätte die verjüngte Mannschaft auch keine allzu große Erwartungshaltung von außen.
Spieler-Einnahmen und eine geringere Erwartungshaltung: Grundlagen für einen neuen Angriff von Schalke?
Die Spieler würden sich ein, zwei, vielleicht auch drei Jahre entwickeln und zeigen können, mitsamt einiger Spielpraxis. Transfer-Einnahmen wären wenig später so gut wie sicher, während der Verein geringere Ausgaben hätte und gleichzeitig die TV-Einnahmen und Ticket-Gelder verbuchen kann. Eine finanzielle Gesundung wäre ebenfalls mal angesagt.
Mit Jochen Schneider als Sportvorstand und Michael Reschke als Kaderplaner verfügt man zudem über zwei Fachleute, die bei ihren vorigen Stationen bereits unter Beweis gestellt haben, dass sie junge und unbekannte Spieler ausfindig machen und sie ausbilden lassen können. Das könnte für die eine oder andere Spielzeit das Ziel sein. Die Identifikation der Fans mit der Mannschaft würde auch sicherlich nicht leiden, wenn einige Knappenschmiede-Talente ins Team stoßen.
Natürlich ist dies nur ein theoretisches Szenario. Selbst wenn Europa tatsächlich verpasst und ein solcher Weg eingeschlagen werden sollte, ist ein erfolgreicher Werdegang damit alles andere als garantiert. Es benötigt viel Fachwissen und viele richtige Entscheidungen, um sich so wieder neu aufbauen und etablieren zu können, wenn man das aktuelle und seit Jahren standardmäßige Hin und Her ablegen will.