Schalke: Sportvorstand Schneider zwischen Treue-Kritik und guter Arbeit im Hintergrund

Schalke-Sportvorstand Jochen Schneider hält an David Wagner fest
Schalke-Sportvorstand Jochen Schneider hält an David Wagner fest / TF-Images/Getty Images
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Am Samstag sammelte Schalke das 15. Spiel ohne Sieg ein, eine Rückrunde zum Schaudern. Sportvorstand Jochen Schneider scheint noch immer vollends von David Wagner überzeugt zu sein, macht dabei öffentlich aber keine gute Figur. Seine gute Arbeit im Hintergrund jedoch steht dazu im Kontrast.

Mit der 1:4-Niederlage am vergangenen Samstag hat Schalke 04 das 15. Spiel in Folge ohne Sieg abgeschlossen. Der VfL Wolfsburg zeigte den Gastgebern, wie leicht und schnell sich gute Torchancen herausspielen lassen, während die Verteidigung vor dem eigenen Tor sehr wenig zugelassen hat. Schalke hatte zwar auch die ein oder andere Chance, am Ende - abseits des Tores von Rabbi Matondo (Vorlage Ahmed Kutucu) - aber keine allzu guten Möglichkeiten.

Leer: Die Veltins-Arena als Sinnbild für die Schalker Sieglos-Serie
Leer: Die Veltins-Arena als Sinnbild für die Schalker Sieglos-Serie / Dean Mouhtaropoulos/Getty Images

Damit wächst natürlich auch die öffentliche Kritik an S04-Coach David Wagner, der Woche für Woche erklärt, dass er mit seinem Team die Probleme kenne, glücklicherweise aber auch über Lösungen verfüge. Bislang sehen die Fans und Zuschauer davon aber nichts.

Schneider erneuert Bekenntnis zu Schalke-Coach Wagner - Hand in Hand bei Schuldzuweisungen

Dementsprechend sah sich wohl Jochen Schneider, seit nun etwa 15 Monaten Sportvorstand bei Königsblau, in der Pflicht, sich erneut hinter den Trainer zu stellen. Am Sonntag erklärte er gegenüber der Bild am Sonntag: "Wagner ist ein guter Trainer. Wenn ihm eine gute Mannschaft zur Verfügung steht, lässt er guten Fußball spielen."

Zum Zusehen verdammt: Jochen Schneider stehen schwierige Wochen bevor
Zum Zusehen verdammt: Jochen Schneider stehen schwierige Wochen bevor / INA FASSBENDER/Getty Images

Ein mittlerweile bekanntes Muster auf Schalke, vor allem seitens Wagner selbst, nun offenbar auch von Schneider: Die Schuld wird abgewiesen und an Stellen gesucht, und augenscheinlich gefunden, an denen man selbst keine Schuld trägt. In diesem Fall: Die Zusammenstellung der Mannschaft. Wie es aber auch schon bei eigenen Schuldzuweisungen von Wagner war ("grobe individuelle Fehler", Verletzungen, "keine konkurrenzfähige Mannschaft seit Februar"), so fassen sich doch viele Fans beim Lesen dieser Worte an den Kopf.

Neben dem Trainer stellt sich nun also auch der Sport-Chef in die Öffentlichkeit hin und sagt zwar indirekt aber doch sehr deutlich, dass die zurzeit "übrigen Spieler" keine gute Mannschaft sind - sonst würde Wagner schließlich "guten Fußball spielen lassen". Wie sich das wohl für Talente wie Ozan Kabak, Ahmed Kutucu, Rabbi Matondo oder bereits gut aufgespielte Akteure wie Benito Raman, Weston McKennie usw. (um nur ein paar Namen zu nennen) anhört?

Auch David Wagner sucht Erklärungen in Verletzungen und individuellen Fehlern
Auch David Wagner sucht Erklärungen in Verletzungen und individuellen Fehlern / Pool/Getty Images


Diese Aussage passt eins zu eins zum fehlenden "konkurrenzfähigen Kader", den der Trainer höchstselbst bemängelte. Dass seit "Anfang, Mitte Februar", wie er hinzufügte, aber auch noch Spieler wie Amine Harit oder Suat Serdar fit waren und auch die komplette Abwehrreihe zur Verfügung stand, wird offenbar vergessen. Ebenso die spielerisch schlechten Auftritte in der Hinrunde, teilweise kaschiert durch positive Ergebnisse.

S04-Sportvorstand ohne Feingefühl in der Öffentlichkeit - Hängt Schneider sein Schicksal an das Wagners?

Somit zieht Schneider mittlerweile in großen Schritten Wagner nach, wenn es um ein schlechtes Bild in der Öffentlichkeit geht. Sich an der eigenen Mannschaft nahezu abzuarbeiten, auch wenn man sie selbst nicht in Gänze zusammengestellt hat, ist schlichtweg nicht akzeptabel. Weder von einem Trainer, noch vom seinem Vorgesetzten, dem Sportvorstand.

Gemeinsame Richtung zwischen Schneider und Wagner?
Gemeinsame Richtung zwischen Schneider und Wagner? / TF-Images/Getty Images

Dass Schneider laut Bild-Informationen sogar (noch?) bereit sein soll, seine Zukunft an die von Wagner zu hängen, sollte der Schalker Aufsichtsrat den Rauswurf des Fußballlehrers forden, passt ins aktuelle Bild. Beide scheinen eine gefestigte Einheit abgeben zu wollen, im Sinne der Kontinuität. Diese ist wichtig, keine Frage und wäre zudem bei Königsblau ein echter Erfolg. Aber mit einem möglicherweise falschen Trainer weiterzuarbeiten, nur um einmal mit dem alten Muster zu brechen? Schneider hat dabei eine große Verantwortung, die sehr wichtig werden wird.

Kurioserweise schneidet sich das öffentliche Auftreten Schneiders mit seiner Arbeit im Hintergrund. Als Fachmann für die interne Arbeit kam er von RB Leipzig, zuvor hatte er auch schon beim VfB Stuttgart einiges bewegen können. Das Scouting stellt er mit Michael Reschke auf ein neues, professionelles Level. Wie wichtig für Schalke alleine dieser Schritt ist, darf nicht unterschätzt werden.

Schneider und Reschke modernisieren das S04-Scouting: Ein wichtiger Schritt
Schneider und Reschke modernisieren das S04-Scouting: Ein wichtiger Schritt / TF-Images/Getty Images

Seine Transfers und Leihen haben zum großen Teil eingeschlagen, beispielsweise Ozan Kabak oder Jonjoe Kenny. Auch Benito Raman zeigte bei offensiven Auftritten gute Leistungen, Jean-Clair Todibo wusste zu überzeugen, während er starke Kauf-Optionen heraushandeln konnte, die mittlerweile leider im Bereich der Illusionen liegen. Die Vertragsverlängerung mit Amine Harit wird ebenfalls kein leichtes Stück Arbeit gewesen sein, vor allem nicht zu dem damaligen Zeitpunkt, da Harit durch starke Auftritte im Rampenlicht stand.

Ein "Hintergrund-Schneider" hätte viel Wert für Schalke: Einstellung zu Wagner als Gradmesser?

Die Arbeit im Hintergrund liegt ihm, das war schon vor seinem Wechsel nach Gelsenkirchen bekannt. Da er auch selbst erklärte, nicht gerne an vorderster Front zu stehen, wenn es um Interviews (vor Kameras) geht, wurde zu Saisonbeginn über einen möglichen Sportdirektor nachgedacht, der diese Aufgabe übernehmen würde. Währenddessen würde Schneider im Hintergrund seiner bislang guten Arbeit nachgehen. So sah der Plan aus, vielleicht ein erneutes Modell für die nahende Sommerpause?

Seine Verbindung zu Wagner könnte jedoch auch sein Schicksal auf Schalke stark beeinflussen, wenn nicht gar beenden. Der 49-jährige Sportvorstand muss seine wohl bisher wichtigste Entscheidung als Funktionär beim S04 treffen: Geht es mit dem Trainer in die nächste Saison, oder nicht? Seine Einstellung dazu wird elementar für die kurzfristige Ausrichtung des ganzen Vereins sein. Ihn und seine Arbeit abseits der Öffentlichkeit zu verlieren, vor allem nach so einer kurzen Zeit, wäre aber ein Verlust, der zudem weitere Unruhe und Handlungsbedarf hervorrufen würde.

Nach dem letzten Liga-Spiel gegen den SC Freiburg wollen Schneider und Wagner eine sportliche Analyse der Saison vorbringen.