Typisch Schalke? Deshalb wächst die Fan-Kritik an Trainer Grammozis

Gegenüber Dimitrios Grammozis wächst bei S04 bereits die Kritik
Gegenüber Dimitrios Grammozis wächst bei S04 bereits die Kritik / BSR Agency/Getty Images
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Es sind gerade einmal vier Spiele in der 2. Bundesliga gespielt und schon steht der S04-Trainer in der Kritik. Typisch Schalke, mag manch einer da sagen. So einfach ist die Situation aber nicht: Es gibt verschiedene und auch legitime Gründe, weshalb einige Fans bereits über einen Trainerwechsel diskutieren.


In dieser Saison sollte bei Schalke 04 alles anders werden. Ein Sportvorstand, der erst im Endspurt der letzten Spielzeit übernommen hatte. Ein neuer Sportdirektor, der früh einstieg und bisher sehr gute Arbeit leistete. Und der Trainer, der den redlich verdienten Abstieg managen und nun alles für die erhoffte Rückkehr in die Bundesliga tun sollte.

Eine neue Mission für S04. Unbekannte Begebenheiten und eine Ausgangslage, die zumindest bis zur Rückrunde noch viele für undenkbar gehalten hätten. Nun sind die ersten vier Spieltage in der 2. Bundesliga absolviert. Die Knappen stehen mit lediglich vier Punkten auf dem 13. Tabellenplatz. Dennoch: die Saison ist noch sehr jung, es sind noch 90 Punkte auszuspielen.

FC Schalke 04 v FC Erzgebirge Aue - Second Bundesliga
Bei einigen Fans steht Dimitrios Grammozis bereits in der Kritik / Frederic Scheidemann/Getty Images

Trotzdem geht es wieder los mit der Fan-Kritik am Coach. Dimitrios Grammozis brachte die vorige Saison mit einer kaputten Mannschaft zu Ende. In diese startete er mit einem neuen Team. Jeder weiß, dass Schalke kein einfaches Pflaster für einen Trainer ist. War es nie, wird es wohl auch nie sein.

Im Netz wundern sich neben manchen S04-Anhängern auch andere Fußballfans: Wieso wird dieses elendige Thema bei den Gelsenkirchenern nach gerade einmal vier Spielen wieder losgetreten? Was auf den ersten Blick und vor allem von außen für überstürzt und unnötig wirken mag, hat aber seine Gründe.


Fan-Kritik gegenüber Grammozis wächst: Wieso die Unruhe auf Schalke wieder da ist

1. Versprechungen von vor der Saison spiegeln die Realität nicht wider

Dimitrios Grammozis
Die von Grammozis angekündigte Spielphilosophie bleibt noch versteckt / Thomas Eisenhuth/Getty Images

Über die letzten Jahre hat Schalke in der Regel sehr schlecht gespielt. Damit ist nicht nur der zuhauf ausgebliebene Erfolg gemeint. Auch das Auftreten des Teams selbst sorgte regelmäßig für Unmut. Zu träge, zu verhalten, ohne Kreativität und (Offensiv-)Wucht.

Deshalb sorgte die Ansage von Grammozis zum anvisierten Spielstil für Hoffnung. Er sprach noch im Juni davon, "natürlich dominant" spielen zu wollen. Sein Team soll "gerne selbst den Ball haben" wollen und dabei "viele Torchancen" kreieren.

Die Realität hingegen ist bislang eine ganz andere. Ballbesitz war nur ein Thema, wenn die Gegner das Spielgerät mehr zu verabscheuen schienen als S04.

Dominante Auftritte gab es bislang eigentlich noch gar nicht. Selbst beim 3:0-Sieg gegen Kiel hatten die Störche fast dauerhaft das Zepter in der Hand. Gegen den Fünftligisten Villingen musste Schalke auch einige schwierige Phasen überstehen. Von den beiden Niederlagen und dem Remis gegen Aue ganz zu schweigen.

Auch Torchancen sind bislang Mangelware. Wenn sich ein Stürmer wie Simon Terodde in der eigenen Hälfte den Ball holen muss, kann etwas nicht stimmen. Es fehlen die Abläufe und Strukturen, um "viele Torchancen" zu kreieren.

Deshalb ist dies einer der Faktoren für die wachsende Fan-Kritik. Selbst von den bisher sehr mangelhaften Spielresultaten abgesehen hat Grammozis noch nichts von der erklärten Spielidee durchblicken lassen.

2. Die Angst vor dem ganz großen Absturz

Simon Terodde, Marcin Kaminski
Auch in Liga zwei könnte eine Abwärtsspirale drohen / Thomas Eisenhuth/Getty Images

Allerspätestens seit der letzten Saison wissen die Schalker, wie schnell man in eine ganz gefährliche Abwärtsspirale gerät. Ein paar erfolglose Wochen am Stück und es gibt Probleme. Gleichzeitig sind die traurigen Geschichten so mancher Traditionsvereine bekannt. Sie wurden über wenige Jahre nach ganz unten durchgereicht.

Davor fürchten sich auch viele S04-Anhänger. Nun merken sie, dass Grammozis die wichtigen Erfolgserlebnisse wohl eher nur zufällig und selten liefern kann. Ein Problem für einen Verein und eine riesige Fanbasis, der diese katastrophale Misere noch immer in den Knochen steckt.

Zurzeit steht man auf dem 13. Platz. Punktgleich ist der Klub jedoch noch noch mit dem 15. Es reichen noch zwei, drei schlechte Spieltage - und dann steht Schalke in der 2. Liga unten drin. Dann wächst die Nervosität und die Angst.

Eine Angst vor dem ganz großen Absturz. Das Erwachen in Liga zwei war schon schlimm genug. Der Verbleib in dieser Liga wäre zwar noch nicht der Untergang. Aber schon aus finanzieller Sicht wäre der Aufstieg eine wichtige Entlastung. An einen potenziell erneuten Abstiegskampf mag erst niemand nachdenken.

3. Der Kader bietet sehr viel Potenzial

Rodrigo Zalazar
Rodrigo Zalazar ist einer der neuen Hoffnungsträger auf Schalke / Frederic Scheidemann/Getty Images

Schalke hatte sehr früh das große Kadergerüst zusammen. Ein großer Vorteil, sodass Grammozis die Saisonvorbereitung theoretisch sehr gut nutzen konnte. Im weiteren Verlauf der Transferphasen kamen weitere gute Verstärkungen hinzu.

Nun steht S04 mit einer für Zweitliga-Verhältnisse sehr guten Mannschaft da. Schaut man sich die Namen, ihre Klasse und ihr Potenzial an, darf es eigentlich keine Zweifel geben: das ist ein Team, das definitiv oben angreifen kann.

Obwohl die allermeisten Spieler schon in den Wochen vor Saisonstart auf Schalke waren, ist bislang kein Konzept erkennbar.

Deshalb braucht es einen Trainer, der die Qualität dieser Mannschaft auch auf den Platz bekommt. Grammozis schafft das trotz der Vorbereitung nicht. Er wird es auch nicht mehr schaffen, so die aktuell steigende Befürchtung. Auch dahingehend ist es egal, der wievielte Spieltag nun gespielt wurde.

4. Grammozis flüchtet sich bereits in Ausreden

Dimitrios Grammozis
Dimitrios Grammozis sprach von einer "zusammengewürfelten Truppe" / BSR Agency/Getty Images

Fitness könne man nicht herbeihexen. So erklärte Grammozis die fehlende Power mancher Spieler nach dem enttäuschen 1:1 gegen Aue. Dabei nannte er explizit die Erstliga-Neuzugänge, darunter Marius Bülter.

Allerdings war der Offensivspieler schon einen ganzen Monat vor Saisonstart auf Schalke. Gerade einmal zwei Wochen der Vorbereitung verpasste er. Es war eine der inzwischen mehreren komischen Ausreden, die der Trainer öffentlich nutzte. Nicht verwunderlich, dass auch sie für Kritik sorgen.

Ganz aktuell ist seine Erklärung, er habe eine "zusammengewürfelte Truppe". Das ist gegenüber Schröder schon beinahe eine Unverschämtheit. Gegenüber dem Team und dessen Klasse eine kleine Kapitulation. Der Sportdirektor widersprach auch prompt.

Diese Ausreden und Entschuldigungen sorgen für Zweifel. Zweifel, ob der 43-Jährige überhaupt mit den Knappen erfolgreich sein kann. Außerdem sorgen sie für Fan-Frust. Schließlich sehen einige die Schuld am verpatzten Saisonstart vor allem beim Trainer selbst.

5. Ein zu langes Zögern bereitet Sorgen

Rouven Schroeder
Rouven Schröder könnte Grammozis bereits unter Beobachtung stellen / Christof Koepsel/Getty Images

Die einen schlagen vor, Grammozis in Ruhe weiterarbeiten zu lassen. Als Gegenaspekt wird das auf Schalke zu häufig zu lange Warten bei anscheinend falschen Trainern auf den Plan gerufen.

Alle dürften sich noch an David Wagner und Jochen Schneider erinnern. Das Festhalten an Wagner bis in die neue Saison war der Katalysator für eine sehr früh sehr kaputte Mannschaft. Es war schon zur Übernahme von Manuel Baum kaum möglich, die Saison noch zu retten.

Ein Szenario, dass manch ein Fan erneut befürchtet. Die Saison ist noch jung und deswegen ein Gegensteuern noch ohne größere Probleme möglich. Die Sorge: wartet man noch ein paar Spieltage ab, könnte es eng werden. Dann wäre diese Spielzeit verschenkt. Alleine schon durch die Finanzsorgen ein potenziell leichtfertiger Fehler.

Lieber früh und entschlossen agieren, als sich später ärgern. Das ist die Devise so mancher schon jetzt lauter werdender Kritik.