"Relikt alter Tage": Rummenigge will 50+1 aufweichen
Von Yannik Möller
Wichtige finanzielle Lehren aus der Covid-Pandemie sieht Karl-Heinz Rummenigge im Fußballgeschäft nicht gezogen. In Deutschland sieht er das Aufweichen der "50+1"-Regel als notwendig an.
Die Coronapandemie mit allen ihren Wirkungen sorgte im internationalen Fußballgeschäft für die ein oder andere Stimme, die sich mehr finanzielle Souveränität wünschte. Waren die Stadien erstmal dicht, standen viele Klubs vor dem Aus. Auch Gehaltsstrukturen und ähnliche Aspekte sollten wieder verhältnismäßig sein, wurde mehrfach plädiert.
Karl-Heinz Rummenigge sieht jedoch keinerlei positive Veränderung aus den letzten zwei Jahren gezogen. "Das große Problem des Fußballs ist, dass er nicht bereit ist, aus diesen Dingen Konsequenzen zu ziehen", erklärte er im Podcast 'TOMorrow' (via kicker).
Der ehemalige Vorstandsvorsitzende des FC Bayern teilte seine Beobachtungen: "Die Gehälter steigen nach wie vor, die Ablösesummen steigen nach wie vor und jede Industrie, die während einer Krise ihre Budgets hochfährt, wird dafür irgendwann eine Rechnung zahlen müssen."
Auch ein Faktor, der gut und gerne auf die Münchener bezogen werden kann. Mit David Alaba und Niklas Süle gibt es demnächst bereits zwei ablösefreie Abgänge, bei denen die Gehaltsanforderungen nicht erreicht wurden. Ein Thema, das sich auch bei Robert Lewandowski, Thomas Müller und Manuel Neuer zeigt - aber auch bei Serge Gnabry.
Alle wollen ein nochmals verbessertes Gehalt für die potenziell neuen Verträge. Der FCB versucht sich noch dagegen zu stemmen, droht dieses Tauziehen aber eher zu verlieren.
Rummenigge sieht Aufweichen von 50+1 als notwendig an: "Relikt alter Tage"
Im Gegensatz zu anderen namhaften, internationalen Klubs ist der deutsche Rekordmeister aber alles andere als hoch verschuldet. Auch daran müsste seitens der UEFA gearbeitet werden, meinte Rummenigge: "Es könnte, glaube ich, jetzt der große Wurf sein, in dem man den Klubs Werkzeuge an die Hand gibt, was seriöseres Finanzieren betrifft, was zum Beispiel Verschuldungsgrade betrifft. Nicht mehr ausgeben als man einnimmt. Das ist der Sinn vom Financial Fairplay."
Gerade beim Thema Finanzen steht die Bundesliga noch mal ganz anders da, als die anderen Top-Ligen in Europa. Und das liegt längst nicht nur an den länger geltenden Covid-Einschränkungen, die etwa deutlich größere Lücken in die Ticketing-Einnahmen gerissen haben.
In Deutschland sei "die Tradition ein hohes Gut", so der 66-Jährige, der das insbesondere auch auf den Profi-Fußball bezieht. Das werde zwar von den meisten Fans auch "sehr geschätzt", doch bräuchte es eine Anpassungen in diesem Bereich.
Dementsprechend würde Rummenigge die '50+1'-Regel angehen. "Wenn wir 50+1 nicht irgendwann in eine Passform bringen, so dass trotzdem Investoren in die Bundesliga investieren dürfen, dann stellt sich die Frage, wie lange die Bundesliga die Wettbewerbsfähigkeit aufrecht erhalten kann", so seine Sorge.
Diese finanzielle Hürde, die in Deutschland als Absicherung gilt und in bislang nur wenigen Fällen aufgeweicht wird, bezeichnete er als ein "Relikt alter Tage". Das Einführen dieser Regel sei inzwischen 22 Jahre her, "aber irgendwann muss man darüber nachdenken, ob es nicht besser, moderner, wettbewerbsfähiger wäre, diese Regel für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Liga aber auch für den internationalen Vergleich anzupassen".
Schließlich werde "der internationale Wettbewerb nur auf dem Transfermarkt entschieden". Dort können die deutschen Spitzenvereine nicht mehr mithalten.