MLS-Interview: Über den Hype und die Fans im amerikanischen Fußball

Die MLS lockt Scharen ins Stadion und an den Fernseher
Die MLS lockt Scharen ins Stadion und an den Fernseher / Otto Greule Jr/GettyImages
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Der Fußball in den USA wird stets beliebter. Insbesondere die neuen Generationen lieben es, die Major League Soccer (MLS) im Stadion und im Fernsehen zu verfolgen. Doch woher kommt der Hype? Und wie ticken die Fans im Land der unbegrenzten Möglichkeiten? 90min sprach mit den MLS Supporters Germany.


Die MLS befindet sich auf dem Weg an die amerikanische Sportspitze. Warum? Weil der Fußball am Ende des Tages eine ziemlich simple Sportart ist. Er ist von Kind auf einfach zu verfolgen, keinesfalls gespickt mit unübersichtlichen Regeln und im Gegensatz zum American Football, Basketball und Baseball kurz und zeitlich vorhersehbar. Gerade für neue Generationen, die Zeit als kostbares Gut betrachten, passt dieser Sport wie angegossen.

Mit Tyler Adams, Joe Scally, Ricardo Pepi und Caden Clark spielen gleich vier einstige MLS-Akteure in der Bundesliga. Noch dazu finden sich mit Giovanni Reyna, Chris Richards, John Anthony Brooks und Julian Green vier weitere US-Nationalspieler im deutschen Oberhaus wieder. Die US-Amerikaner können kicken!

Ricardo Pepi beim FC Augsburg
Ricardo Pepi (19) wechselte erst kürzlich aus der MLS in die Bundesliga / Alex Grimm/GettyImages

Franchisesystem bringt Spannung in die MLS

Die Qualität in der MLS kann man dennoch nur schwierig mit einer europäischen Liga vergleichen. "Wenn wir vergleichen müssen, würden wir sagen, dass die Teams, die unten mitspielen Drittliga-Niveau haben, der Großteil Zweitliga-Niveau und die Teams auf den ersten fünf Plätzen unteres Bundesliga-Niveau", berichten die MLS Supporters Germany.

Das Spannende: "Durch das Franchisesystem kann jede Saison ein anderes Team plötzlich sehr stark spielen, welches ein oder zwei Saisons zuvor noch unten in der Tabelle angesiedelt war. Ein Team, das immer die Playoffs erreichte oder sogar den MLS Cup gewann, kann auch mal eine schlechte Saison erwischen."

Der Erfolg hängt zu einem nicht unerheblichen Teil von den drei DP-Slots der Teams ab. Die sogenannte 'Designated Player Rule', auch 'Beckham Rule' genannt, ermöglicht den Vereinen, bis zu drei Spieler zu verpflichten, die außerhalb der eigentlichen Gehaltsobergrenze liegen. Für diese Slots seien "europäische Altstars nicht immer die beste Lösung, was viele Teams auch schon kapiert haben".

Kein Abstieg möglich: "Die Fans vermissen es nicht und wollen es auch nicht"

Trotz des Systems ohne Auf- und Abstieg kommt in Amerikas Liga keine Langeweile auf. Auch die NFL, NBA, NHL und MLB spielen übrigens ohne die Furcht vor dem Abstieg. "Die Fans vermissen es nicht und wollen es auch nicht. Die europäischen Ligen (mit Auf- und Abstieg) sind für die Amerikaner hingegen eine willkommene Abwechslung."

Ein Auf- und Abstiegssystem in den USA würde nur zu Chaos führen, meinen die MLS Supporters und begründen: "Durch die Franchises mit mehreren Owner, die auch viel Geld reinstecken, kann man sich keinen Abstieg in eine zweite Liga leisten."

Aus Unternehmersicht durchaus nachvollziehbar - aber für die Spannung auf den Rängen auch? Während die MLS-Fans scheinbar nichts gegen die absolute Gewissheit eines Ligaverbleibs haben, wünschen sich die Fans im Franchisesystem der australischen A-League im Übrigen seit Jahren nichts sehnlicher als die Einführung des Auf- und Abstiegs.

MLS zwischen Mega-Derbys und Mucksmäuschen-Stille

Die amerikanische Leidenschaft auf den Rängen "entwickelt sich seit Jahren sehr gut". Die Kluft zur Stimmung in Europa sei bei manchen Teams dennoch sehr groß. Viele Vereine haben lautstarke Supporter, fast immer ausverkaufte Stadien, schicke Choreos, eine Vielzahl an eigenen Fangesängen und gewisse Traditionen innerhalb der Ultras. "Es gibt aber leider auch Teams wie Dallas, Houston, LA Galaxy, San Jose und Vancouver, wo der Support sehr mau und klein ist."

Das älteste und leidenschaftlichste Derby tragen die Portland Timbers und Seattle Sounders aus. "Die Stadien sind immer sehr voll und die Spiele sehr intensiv sowie torreich", schwärmen die Jungs vom News- und Podcast-Portal. Anschauen kann man sich die MLS übrigens auch in Deutschland. DAZN überträgt sie seit drei Jahren mit englischem Orginalkommentar. Auch Sportdigital zeigt ausgewählte Spiele - und sogar einige mit deutschen Kommentar.

Portland Timbers vs Seattle Sounders - Fans
Die Choreografie der Sounders-Ultras im Derby gegen Portland / Otto Greule Jr/GettyImages

Vor allem bei Teams aus der Western Conference kann es mit Blick auf die Anstoßzeit aber auch gerne mal unangenehm werden. Wegen der Zeitverschiebung rollt der Ball dann zumeist erst spät in der Nacht.

"Bei einem Team aus der Eastern Conference kann man schon mal Zeiten von 21 Uhr bis 0.30 Uhr erwischen, was etwas besser ist. Die Playoffs werden meistens auch - wegen des europäischen Publikums - etwas früher gezeigt", erklären die MLS Supporters Germany und äußern noch einen Wunsch: "Wir hoffen, dass wir die MLS bald auch mal im Free-TV bestaunen können und sie dadurch mehr Popularität gewinnt."

Mit Fabian Herbers, Julian Gressel, Hany Mukhtar, Kai Wagner, Rafael Czichos, Florian Jungwirth, Robert Voloder und Jasper Löffelsend würden dann gleich acht deutsche MLS-Akteure über den Bildschirm des deutschen Free-TVs huschen. Die meisten Ligaspiele (151) hat Mittelfeldmann Gressel von D.C. United auf dem Buckel. Czichos, Voloder und Löffelsend wechselten erst kürzlich in die MLS.


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