Man City mit Erling Haaland schlechter? Warum Hamann auf dem Holzweg ist

Erling Haaland konnte sich gegen Man United kaum in Szene setzen
Erling Haaland konnte sich gegen Man United kaum in Szene setzen / Matthew Ashton - AMA/GettyImages
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Manchester City strauchelt. Die Meisterschaft hat Pep Guardiola schon zur Saisonhälfte abgehakt. Sind die Skyblues in der Formkrise? Und welchen Anteil hat Erling Haaland daran? Dietmar Hamann glaubt, Man City sei mit dem Norweger schlechter - egal wie viele Tore er schießt. Schwachsinnige These oder hat Hamann einen wunden Punkt getroffen?


Nicht mal die Hälfte der Premier-League-Saison ist gespielt - und Pep Guardiola hat die Titelverteidigung bereits abgeschrieben.

"Die Premier League und der Carabao Cup interessieren mich nicht. Wir können es nicht gewinnen. Wir haben es oft gewonnen, also ist es kein Problem", erklärte der Starcoach nach der 1:2-Pleite im Manchester Derby gegen Man United.

Seit Pep Guardiola 2016 die Skyblues übernommen hat, gewann Man City je viermal die Meisterschaft und den Pokal. Nach 18 Spielen der laufenden Saison liegen die Cityzens bereits acht Zähler hinter Spitzenreiter Arsenal. Guardiola hat deshalb - zumindest sagt er das öffentlich - die Meisterschaft abgehakt. Ohnehin scheint der größere Fokus im blauen Teil Manchesters auf der Königsklasse zu liegen. Der Gewinn der Champions League ist seit Jahren der ganz große Traum des Klubs. Und würde Guardiolas Amtszeit erst komplett machen.

Helfen soll dabei Erling Haaland. Als Man City den Norweger im Sommer aus Dortmund loseiste, sahen viele im Torjäger das fehlende Puzzleteil auf dem Weg zum Gewinn des Henkelpotts. Und Haaland enttäuschte die Hoffnungen bislang nicht: In 24 Pflichtspielen für die Skyblues gelangen dem 22-Jährigen unfassbare 27 Tore und drei Assists.

Teil der Wahrheit ist allerdings auch, dass City nach der WM-Pause etwas ins Straucheln geraten ist. In der Liga gab es neben der Pleite im Old Trafford auch ein Remis gegen Everton, im Ligapokal schied man gegen den FC Southampton aus. Keinen einzigen Schuss aufs Tor gab City gegen die Saints ab - erst zum zweiten Mal überhaupt unter Guardiola.

Hamanns steilte These: Ist Man City ohne Haaland besser?

Weil die Meisterschaft schon in weite Ferne gerückt ist. Und vermutlich auch, weil der Norweger seit drei Spielen auf einen Treffer wartet, während City die offensive Durchschlagskraft abhanden gekommen ist, ließ sich Didi Hamann zu einer steilen These hinreißen:

"Man City war ohne Haaland ein besseres Team, auch wenn er in dieser Saison 40 Tore schießt", twitterte der ehemalige City-Profi und heutige TV-Experte am Sonntag.

Es dürfte fast allen Fußballfans so gehen: Mit dem ersten Impuls wird man diese Hamann-These als völligen Schwachsinn abtun. Doch steckt dahinter nicht doch ein Fünkchen Wahrheit?

Ohne Haaland hatte City im letzten Jahr die englische Meisterschaft eingefahren. Die Skyblues agierten dabei ohne einen klassischen Mittelstürmer und waren offensiv damit sehr variabel und schwer zu greifen. 99 Treffer erzielte City in den 38 Partien, was einem Schnitt von 2,6 Toren pro Spiel ergibt. Mit Haaland ging dieser Torschnitt in der laufenden Saison leicht zurück. 46 Treffer sind es nach 18 Partien (2,55 Tore pro Spiel).

Klar ist auch, dass Trainer Pep Guardiola in der Vergangenheit kein großer Fan eines klassischen Mittelstürmers war. Der Katalane hatte schon zu Barça-Zeiten gerne mit einer "falschen Neun" agieren lassen und will alle elf Spieler in sein Kombinationsspiel einbauen. Ein Neuner, der im Strafraum auf Zuspiele wartet, passt nicht in Guardiolas Idealvorstellung.

In gewisser Weise ist Haaland aber genau das: Ein Vollstrecker, der von Zuspielen seiner Mitspieler abhängig ist. Ein klassischer Mittelstürmer, der nicht viele Ballkontakte braucht (und auch gar nicht haben möchte), um ein Tor zu erzielen. Passt er damit nicht zum Pep-Fußball? Oder schlimmer: Macht er die City-Offensive mit seiner Spielweise schlechter?

Man City ist mit Haaland besser!

Die Antwort bleibt: Nein! Manchester City verfügt über so viele Ausnahmekönner, dass es einen mitspielenden Neuner nicht unbedingt braucht, um Torchancen zu kreieren. Auf der anderen Seite braucht es einen Spieler, der Chancen schnörkellos abschließt und eine extreme Torgefahr ausstrahlt. Ein wichtiger Faktor sind dabei Haalands Tiefenläufe. Mit seiner Dynamik und seinem starken Timing für Läufe hinter der Abwehr, gibt er dem City-Spiel eine neue Dimension. Eine Dimension, die es mutmaßlich vor allem in der Champions League braucht.

Über weite Teile der Saison waren City und Haaland damit auch sehr erfolgreich. Die aktuelle Schwächephase liegt vielmehr an der Form des kompletten Teams als an Haaland selbst. Bei besagtem torschusslosem Spiel gegen Southampton kam der Norweger erst in der letzten halben Stunde ins Spiel.

Guardiola erklärte zur Haaland-Thematik nach der Pleite gegen Man United, dass man den Norweger "ein bisschen mehr finden" müsse. Entscheidend sei aber nicht die Anzahl der Ballkontakte des 22-Jährigen, sondern die Bereiche auf dem Feld, in denen Haaland den Ball bekommt. Und diese müssen weiter ganz klar in und um den gegnerischen Strafraum liegen.

Gelingt es den Teamkollegen wieder mehr, Haaland in gute Positionen zu bringen, wird die Mannschaft in Form von Toren auch wieder mehr profitieren. Dann könnte es gut sein, dass Haaland am Ende tatsächlich auf 40 Saisontore kommt. Und mit dieser Treffer-Anzahl macht Haaland die Skyblues auf jeden Fall besser - und nicht schlechter, wie es Hamann effekthascherisch twitterte.


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