Machtkampf beim HSV spitzt sich weiter zu

Eiszeit am Volkspark
Eiszeit am Volkspark / Stuart Franklin/Getty Images
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Gewitterwolken ziehen auf über dem Volkspark. Während sich die Mannschaft auch nach dem 20. Spieltag auf einem vielversprechenden Weg in Richtung Bundesliga befindet, herrscht in den Teppich-Etagen des Traditionsklubs mal wieder dicke Luft.

Im Kern geht es um einen Richtungsstreit zwischen zwei Lagern: Dem um Klub-Chef Marcell Jansen, welche eher pro-Kühne orientiert ist, und dem um Jansens interne Gegner. Zwei davon sind seine Vize-Präsidenten beim Hamburger e.V., was die Sache zwar übersichtlicher, aber nicht unbedingt einfacher macht. Denn aufgrund der Statuten des Klubs können sie mit einer 2:1-Mehrheit ihren formalen Vorgesetzten bei wichtigen Fragen überstimmen.

Corona-bedingte Probleme bei der Organisation der außerordentlichen Mitgliederversammlung

Thomas Schulz wiederum muss sich einem vorgetragenen Abwahlantrag stellen, für dessen Entscheidung eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen werden muss. Schwierig in Coronazeiten, denn eine Präsenzveranstaltung kann es angesichts der Mitgliederzahl des HSV (um die 80.000) derzeit natürlich nicht geben.

Und auf digitaler Ebene hat leider auch der HSV in den letzten Jahren die Entwicklung etwas verschlafen, so dass Stand heute noch völlig in den Sternen steht, wie dieses Gremium einberufen werden kann und soll.

Jansens zweiter Vize, Schatzmeister Moritz Schaefer, preschte unterdessen nach vorne. Er gilt Schulz als verbunden - und beide haben, Schaefers eigenen Worten zufolge, das Ziel, die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der HSV AG maßgeblich zu verändern.

"Wir haben im Präsidium längst überfällige Governance-Richtlinien für die zukünftige Besetzung des Aufsichtsrats erarbeitet und intern Kandidatinnen und Kandidaten vorgeschlagen, die (...) diesen Richtlinien und Zielen entsprechen", kommunizierte Schaefer seine Beweggründe auf facebook (via mopo.de)

Es sei „eine Chance (...), dass sich diese Persönlichkeiten bereit erklärt haben, sich über ein Aufsichtsratsmandat für unseren HSV zu engagieren. Das Team bündelt Wissen über unsere Fankultur, neue Geschäftsmodelle, Digitales und Technologie, Organisationsentwicklung und vieles mehr."

Es soll also ein Stühlerücken im Kontrollorgan des HSV stattfinden. Um ihre Sitze bangen müssten demnach wohl Felix Goedhart, Andreas Peters und Michael Krall. Für sie sollen, den Plänen von Schaefer und Schulz nach, der frühere Aufsichtsrats-Boss Max-Arnold Köttgen, Katrin Sattelmeir und auch das frühere Vorstandsmitglied Katja Kraus zurückkehren.

Pikant: alle drei gelten als loyal gegenüber dem früheren Vorstandsboss Bernd Hoffmann, der wiederum während seiner letzten Amtszeit eine zu Jansen konträre Linie (Unabhängigkeit von Investor Kühne) betreffend der zukünftigen Ausrichtung des Klubs verfolgt hat.

Dass diese Ränkespiele just zu einer Zeit stattfinden, in der der HSV auf rein sportlicher Ebene vor den womöglich wichtigsten Wochen seiner Vereinsgeschichte steht, ist wohl kaum ein Zufall - macht das ganze aber auch nicht besser.

Bündnis "fürdenhsv" fordert Einstellung der Grabenkämpfe

Viele HSV-Fans haben von dem Possenspiel in der Führungsebene des Klubs mehr als genug. Einige von ihnen haben sich jetzt, unter der Federführung des langjährigen Vereinsmitglieds Frank Ockens, nun im Bündnis "fürdenhsv" zusammengetan. Dessen Forderung: Schluss mit dem Machtkampf hinter den Kulissen.

"Sowie es in irgendeiner Art und Weise sportlich mal in eine positivere Richtung geht, entsteht irgendwo anders ein Machtkampf um persönliche Eitelkeiten, die unseren HSV wieder mit runterreißen", klagt Ockens via bild.de.

Zu seiner eigenen Positionierung gefragt, wollte er sich keinem der zerstrittenen Lager zuschreiben. "Moderates Grau", statt schwarz und weiß, sei seine Flaggenfarbe in diesem Stück. Und schickte noch einen Appell an das derzeitige Präsidium um Marcel Jansen, Moritz Schaefer und Thomas Schulz: "Ich habe nichts gegen Jansen, Schulz oder Schaefer persönlich. Entweder reißt man sich zusammen und findet eine Lösung. Wenn nicht, sollte man sein Amt niederlegen."

Wenn es doch nur so einfach wäre in diesem Spiel der Eitelkeiten.