Lewandowski über den "schlimmen Lehrer" Klopp: "Der Mann ist zu schlau!"

Lewandowski plaudert über seine ersten Erfahrungen mit Klopp
Lewandowski plaudert über seine ersten Erfahrungen mit Klopp / Chris Brunskill/Fantasista/Getty Images
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Robert Lewandowski wurde im vergangenen Jahr zum Weltfußballer des Jahres gekürt, doch war es ein weiter Weg für den 32-jährigen Stürmer. Besonders seine Anfangszeit in der Bundesliga verlief wenig vielversprechend, bis sich sein damaliger Trainer Jürgen Klopp als Glücksfall erwies.

Mit dem FC Bayern gewann der mehrfache Torschützenkönig Lewandowski so ziemlich jede denkbare Trophäe - als er jedoch vor über zehn Jahren in Deutschland ankam, stellte ihn nicht nur die Qualität der Bundesliga vor neue Aufgaben. "Es war 2010, ich spielte erst ein paar Monate bei Borussia Dortmund, es war hart. Mein Deutsch war nicht besonders gut, ich kannte "Danke" und "Scheiße". Das Wetter war verregnet und grau und das Training unter Jürgen Klopp war sehr intensiv", erinnert sich Lewandowski in einem "offenen Brief" bei 90min-Partner The Players' Tribune.

Dass der Pole sich in seiner ersten Spielzeit beim BVB trotz seiner acht Liga-Tore immens schwer tat, lag auch an einer zunächst ungewohnten Rolle. Doch im Nachgang versteht Lewandowski die damalige Herangehensweise seines Coaches.

Wette mit Klopp - Lewandowski musste gebremst werden

Um Lewandowskis ohnehin hohen Ehrgeiz zu bekräftigen, ging Klopp damals eine Wette mit seinem Stürmer ein. "Wenn ich zehn Tore in einem Training schoss, gab er mir 50 Euro. Wenn nicht, musste ich zahlen. In den ersten Wochen musste ich regelmäßig blechen, er lachte. Doch nach einigen Monaten wendete sich das Blatt und ich strich die Kohle ein." Klopp soll daraufhin mit den Worten "Stopp, das reicht. Du bist bereit!", die Wette für beendet erklärt haben.

"Doch die Wahrheit ist, ich war nicht bereit. Spiele unterscheiden sich grundsätzlich vom Training", stellt Lewandowski klar, der sich anfangs hinter dem damals gesetzten Lucas Barrios einreihen musste.

"In der ersten Saison kam ich oft von der Bank (nur 15 Startelf-Einsätze in 33 Liga-Spielen, Anm. der Red.) und als ich in der Rückrunde vermehrt von Beginn an auflief, musste ich als Zehner hinter der Spitze spielen. Ich sah mich jedoch schon immer als Neuner. Dennoch muss ich mich bei Klopp für dieses halbe Jahr bedanken. Ich habe dort unglaublich viel dazu gelernt - wie es ist, etwas tiefer zu spielen und wie sich die Spieler hinter dem Stürmer zu verhalten haben", zieht Lewandowski das Positive aus dieser Zeit.

Klopp und Lewa hatten eine enge Bindung
Klopp und Lewa hatten eine enge Bindung / PATRIK STOLLARZ/Getty Images

Als Knackpunt der Beziehung zu Klopp nennt Lewandowski die 0:3-Niederlage in der Königsklasse in Marseille zu Beginn seiner zweiten Saison mit dem BVB. "Nach dem Spiel suchte ich das Gespräch und sagte: Jürgen, komm schon. Wir müssen reden. Was erwartest du von mir?"

Und Klopp antwortete gerne. "Ich kann mich nicht an alles erinnern - mein Deutsch war auch immer noch schlecht -, doch zwischen den Zeilen und anhand seiner Körpersprache wusste ich, was er meinte. Drei Tage später gelang mir ein Hattrick beim 4:0 gegen Augsburg. Das war die Wende, es war eine mentale Sache", schildert Lewandowski.

Das Gespräch mit Klopp erinnert den Star im Nachgang an den damals nicht möglichen Austausch mit seinem Vater, der bereits 2004 verstarb.

Klopp zu schlau - Vaterfigur und "schlimmer" Lehrer

Lewandowski sieht Klopp jedoch nicht nur als Vaterfigur, sondern auch als "schlimmen Lehrer, im besten Sinne des Wortes." Der Übungsleiter habe den Stürmer damals ordentlich gefordert und ihm absichtlich einige harte Aufgaben gestellt. "Denkt an eure Schulzeit zurück, welche Lehrer blieben im Gedächtnis? Es sind diejenigen, die hart zu euch waren und euch dadurch besser machten. Jürgen war genau so. Er wollte Spitzenschüler haben, allerdings nicht für sich selbst, sondern für euch". richtet sich Lewandowski direkt an die Anhänger.

Für den jetzigen Bayern-Star bedeutete dies, dass er zunächst von Klopp gebremst wurde. "Als ich in Dortmund ankam, wollte ich alles zu schnell machen. Pass, Abschluss, nur ein Kontakt. Doch Jürgen beruhigte mich und verwies auf zwei Kontakte wenn nötig. Das war total gegen mein Naturell, doch bald schoss ich dadurch mehr Tore. Als ich es verstanden hatte, forderte er wieder schnelleres Spielen. Er bremste mich, um mich dann schneller zu machen - klingt einfach, war aber genial", lobt Lewandowski.

Mittlerweile trifft Lewandowski nach Belieben
Mittlerweile trifft Lewandowski nach Belieben / Lars Baron/Getty Images

Doch nicht nur in der Trainingsarbeit war Klopp bewandert. "Ich konnte ihm vertrauen. Er ist ein Familienmensch und bringt viel Verständnis für dein privates Leben mit. Kennt ihr diesen Trick, wenn Profis abends einen über den Durst trinken und dann Unmengen an Knoblauch essen, damit der Alkoholgeruch beim nächsten Training nicht auffällt? Jürgen war wie ein Jagdhund. Er kam in die Kabine und fing an zu schnüffeln und sagte: Rieche ich hier etwa - Knoblauch?", doch dabei beließ er es und verschwand wieder. Lewandowski und seine damaligen Kollegen brachen in Gelächter aus.

"Natürlich wusste er Bescheid, doch er ließ die Frage einfach im Raum stehen und ging. Die Lektion lautet: Versuche niemals, Jürgen Klopp zu täuschen. Der Mann ist zu schlau." Anhand der Entwicklung Lewandowskis lässt sich erkennen, dass Klopp sich in seiner bereits über zehn Jahre zurückliegenden Einschätzung des Polen alles andere als getäuscht hat.


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