Kommentar: Löw rät Draxler zum Vereinswechsel - Inkonsequenz mit Ansage

Löw hält weiter an Draxler fest - doch warum eigentlich?
Löw hält weiter an Draxler fest - doch warum eigentlich? / TF-Images/Getty Images
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Julian Draxler ist eines dieser Phänomene in der deutschen Nationalmannschaft, anhand derer sich wunderbar erahnen lässt, warum Bundestrainer Joachim Löw bei einer Vielzahl von Anhängern wegen seiner Nominierungen in der Kritik steht - und das nicht erst seit gestern.

Nach Draxlers Auftritt gegen Spanien rät ihm Löw nun zu einem Vereinswechsel, doch warum war der Noch-Pariser dann überhaupt dabei? Ein Kommentar.

Julian Draxler kam einst aus der Knappenschmiede und begeisterte vier Jahre bei den Schalker Profis die Kritiker und die Bundesliga. Doch spätestens 2015, als er für 43 Millionen Euro nach Wolfsburg wechselte, stagnierte seine Entwicklung. Rückschrittig wurde es, als er 2017 für 36 Millionen Euro an das Star-Ensemble von Paris Saint-Germain verkauft wurde.

In der abgelaufenen Saison stand er zwar in 22-Partien für die Franzosen auf dem Platz, doch auch nach seiner Fußverletzung in der Hinrund gehörte der mittlerweile 26-Jährige allenfalls zum Kreis der Ergänzungsspieler. Für das Länderspiel gegen Spanien in der Nations League wurde er dennoch nominiert und stand sogar in der Start-Elf. Nach einem eher durchwachsenen Auftritt gibt Löw seinem Schützling nun öffentlich den Rat, sich nach einem neuen Klub umzusehen - unverständlich ist, warum er dennoch dabei war.

Löw zwischen Geduld und Zahnlosigkeit

"Für Julian wäre es wichtig, auch in dem Alter, vielleicht einen Schritt zu machen, wo er regelmäßig spielt. Das würde ihm wahrscheinlich schon entscheidend helfen", erkannte auch Löw nach dem 1:1 gegen Spanien gegenüber dem ZDF an, dass es bei Draxler momentan eher unrund läuft. Doch ähnlich wie bei der Nominierung des zuvor verletzt abgereisten Dortmunder Dauer-Reservisten Nico Schulz, stellte sich schon vorher die Frage, wieso der Bundestrainer diese Spieler nun einlud.

Dass einige Stammspieler aufgrund des verspäteten Saison-Endes noch geschont wurden ist ein Faktor, dass Löw die in der Liga oft geforderte Geduld mitbringt ein weiterer. Doch verwässert Löw damit nicht die eigentliche Funktion und Besonderheit der nationalen Auswahl?

In Löws Augen ist Draxler immer noch einer der besten deutschen Spieler auf seiner Position. "Er kann auf diesem Niveau immer mitspielen", befand der Bundestrainer. Doch abgesehen davon, dass Draxlers Position in der letzten Zeit kaum klar zu benennen ist, da er wenig spielte, ist Löws Einschätzung zumindest diskutabel.

Es wirkte, als müsse Löw sich das mal genauer anschauen, als hätte er sich ein bereits zu erwartendes Bild machen müssen. Für Draxler selbst konnte dabei im Prinzip nichts Gutes herauskommen oder ging es Löw um eine kleine Bühne für potenzielle Interessenten mit Stammplatzgarantie?

Ohne Thomas Müller anzuführen, der aufgrund des späten Finales der Champions League auch dann nicht dabei gewesen wäre, wenn Löw auf ihn setzen würde, hätte man in dem anscheinend als eher unwichtig eingestuften Prestige-Duell - immerhin bekamen einige Stars Sonderurlaub und Oliver Baumann eine "Verdienst-Nominierung" - auch anderen Spielern eine Chance geben können, die sich in der abgelaufenen Saison - im Gegensatz zu Draxler - empfohlen haben.

Der Wolfsburger Arnold, der Hoffenheimer Geiger, der Augsburger Richter - um nur einige zu nennen - werden jedoch mit der selben Konsequenz von Löw ignoriert, die der Bundestrainer beim Festhalten an verdienten Spielern, die außer Form oder über dem Zenit sind, an den Tag legt.

Das Thema Philipp Max - Nico Schulz soll dabei nur kurz in Erinnerung gerufen werden.

Letztlich ist es schwer zu ergründen, inwiefern Löw überhaupt die alleinige Entscheidungsgewalt hat, wenn es um die Nominierungen geht. Sponsoren, Vereinsverantwortliche und der Trainerstab tragen alle ihre Vorlieben und Sorgen bei, wenn es die Landesauswahl betrifft.

Dennoch lässt der neuerliche Akt um Draxler erahnen, dass sich auch in Zukunft nichts an der Debatte um die deutsche Nationalmannschaft ändern wird und daran ist der Bundestrainer sicher nicht ganz unschuldig.