Kevin-Prince Boateng ledert gegen die FIFA: "VAR für sie wichtiger als Kampf gegen Rassismus"

Kevin-Prince Boateng setzt sich stark für den Kampf gegen Rassismus ein
Kevin-Prince Boateng setzt sich stark für den Kampf gegen Rassismus ein / Claudio Villa/Getty Images
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Kevin-Prince Boateng ist bekanntlich kein Mann der leisen Worte. Und das ist auch gut so! Denn der ehemalige Bundesligaprofi erhebt vor allem im Kampf gegen Rassismus die Stimme - die FIFA kommt in diesem Zug beim gebürtigen Berliner nicht gut weg.

Der Mord an George Floyd hat der Welt die Augen geöffnet und vor allem den Weißen klar gemacht, dass Rassismus ein akutes Problem und nicht bloß ein vages Gefühl der Schwarzen ist. Dass es überhaupt soweit gekommen ist und erst ein Mord an einem Unschuldigen, der nur seiner Hautfarbe wegen getötet wurde, für Widerstandsbewegungen sorgt, ist ein Armutszeugnis für die Menschheit per se. Doch wie lange werden die aktuellen Proteste und der neu entfachte Kampf gegen Rassismus anhalten?

Diese Frage stellt sich auch Kevin-Prince Boateng, der sich in der Welt des Fußballs schon seit vielen, vielen Jahren für diesen Kampf einsetzt. Weil er im Jahr 2013 während einer laufenden Begegnung (damals im Dress der AC Mailand) das Spielfeld verlassen hatte, nachdem ihm rassistische Laute von der Tribüne entgegen geschlagen waren, wurde er seinerzeit von der FIFA sogar in eine neugegründete Task Force einberufen. Die Arbeitsgruppe sollte sich dem Kampf gegen Rassismus und Diskriminierungen widmen.

"AC Milan against racism" - Milan stand Boateng nach dem Rassismus-Vorfall zur Seite
"AC Milan against racism" - Milan stand Boateng nach dem Rassismus-Vorfall zur Seite / ALBERTO PIZZOLI/Getty Images

In seiner Kolumne auf The Players' Tribune schreibt Boateng: "Es schien perfekt zu sein. Ich sollte weiterhin trainieren und Spiele spielen, aber gleichzeitig konnte ich diesen Leuten [der Task Force, Anm.] auch Input geben, und dann würden sie Kampagnen, Regeln und Strafen einführen. Ich habe Blatter [Sepp Blatter, damaliger FIFA-Präsident, Anm.] auch einen Vorschlag gemacht: Kameras und Mikrofone in den Stadien aufzustellen. Auf diese Weise, wenn jemand etwas Rassistisches skandierte - BANG, raus."

"Ich sagte Blatter: 'Hören Sie zu, versuchen Sie es damit. Wenn es funktioniert, sind Sie ein Held. Wenn nicht, o.k., dann haben wir es versucht.'", so Boateng weiter. "Danach hatte die Task Force Sitzungen. Wir unterhielten uns und tauschten einige E-Mails aus."

FIFA schließt die Task Force wieder - Boateng entsetzt

Soweit ein toller Plan, eine tolle Initiative - doch dann folgte die Ernüchterung beim ehemaligen ghanaischen Nationalspieler: "In Wirklichkeit ist nichts passiert. Einen Monat später hörten die Medien auf, darüber zu sprechen. Und dann, im September 2016, erhielt ich eine E-Mail von der FIFA. Ich werde nie vergessen, was darin stand. Sie lautete im Wesentlichen: 'Die Task Force hat ihren Auftrag erfüllt. Wir haben unsere Aufgabe erfüllt.' Sie beendeten sie."

Boateng ist von Blatter und der FIFA sehr enttäuscht
Boateng ist von Blatter und der FIFA sehr enttäuscht / FABRICE COFFRINI/Getty Images

Wutentbrannt rief Boateng seinen Agenten an: "Das ist ein Witz. Was haben sie erreicht? Was haben sie getan? Sie verhängten gegen die Teams eine Geldstrafe von 30.000 Euro? Und dann konnten die Fans am nächsten Tag ins Stadion zurückkehren? Und ihre Kinder werden das sehen und das als Beispiel nehmen??? Was sind 30.000 Euro für einen Verein? Für nichts. Das ist die Strafe? Das ist die Konsequenz?" Der heute 33-Jährige war und ist tief enttäuscht vom Fußballweltverband und seinem "Kampf" gegen Rassismus.

"Ich glaube, dass die FIFA diese Task Force nur eingesetzt hat, um den Anschein zu erwecken, sie täten etwas. "

Auf The Players' Tribune fällt der ehemalige Bundesligaprofi daher ein hartes Urteil über die FIFA: "Ich glaube ehrlich gesagt, dass die FIFA diese Task Force nur eingesetzt hat, um den Anschein zu erwecken, sie täten etwas. Ich habe nicht einmal Angst, es zu sagen. Es ist eine Tatsache. Ich weiß nicht, warum sie nicht mehr tun. Das müssen Sie sie fragen. Ich kann nur davon ausgehen, dass es für sie wichtiger ist, dass der VAR uns sagt, ob der Ball über die Linie ging, als den Rassismus loszuwerden. Sie haben so viel Geld, sie investieren so viel in Kameras, Torlinientechnik, alles. Aber den Rassismus bekämpfen? Nein. Das bringt nicht mehr Leute ins Stadion. Das bringt auch nicht das große Geld ein. Das ist meine Meinung. Und denken Sie daran, die FIFA hat diese Task Force 2013 ins Leben gerufen. Das ist sieben Jahre her. Und jetzt sind wir immer noch hier und reden über genau die gleichen Probleme..."

Im Kampf gegen Rassismus und Unterdrückung nimmt Boateng daher auch seine Fußballkollegen in die Pflicht und will mehr. Ein T-Shirt mit 'No Racism' oder der #BlackoutTuesday seien gut und schön, doch das allein kann es nicht gewesen sein.

Was er von seinen Fußballkollegen fordert, was ihm als Kind in Ostdeutschland widerfahren ist und was ihn veranlasst hat, im Jahr 2013 das Spielfeld zu verlassen, schreibt Boateng in seinem Beitrag auf The Players' Tribune. Klick hier, um ihn dir durchzulesen. Es lohnt sich - und es ist ein wichtiges Thema, zu dem jeder von uns seinen Teil beitragen sollte!