Nagelsmann erklärt Bayern-Wechsel - Was der BVB damit zu tun hat

Julian Nagelsmann hatte wohl mehrmalige Angebote von Borussia Dortmund.
Julian Nagelsmann hatte wohl mehrmalige Angebote von Borussia Dortmund. / Alexander Hassenstein/Getty Images
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Die Trainer-Vita des erst 34-jährigen Julian Nagelsmann liest sich durchaus prominent. Er trainierte bereits die TSG Hoffenheim, RB Leipzig und seit Sommer den FC Bayern München. Doch er hätte auch bei einem anderen großen Klub aus Bundesliga aufschlagen können.


Julian Nagelsmann war im Podcast Einfach mal Luppen von Toni und Felix Kroos zu Gast und sprach über seinen Karriereweg, der gut und gerne auch anders verlaufen hätte können. Über das Angebot des FC Bayern in diesem Sommer sagte der gebürtige Landsberger: "Solche Anfragen musst du dann annehmen, wenn sie da sind. Das ist der entscheidende Punkt. Es gibt einen ganz schlauen Spruch, der lautet: Jede Chance im Leben hat ein Verfallsdatum. Das trifft es ganz gut", so Nagelsmann.

"Wenn man sich eine Karriere malt, dann wären sicherlich ein oder zwei Jahre noch einmal irgendwo anders nicht verkehrt gewesen. Ich fühle mich aber nicht so, dass ich nicht bereit wäre für den Schritt", gab der frühere Leipzig-Trainer preis. Er habe das nötige Selbstvertrauen und auch eine Mannschaft, die sehr angenehm zu trainieren sei und einen unglaublich guten Geist habe.

"Wenn ich das Angebot nicht angenommen hätte, wäre ein anderer Trainer für zwei oder drei Jahre gekommen. Dann ist die Frage: Hätte es dann wieder funktioniert?"

Julian Nagelsmann

"Wenn ich das Angebot nicht angenommen hätte, wäre ein anderer Trainer für zwei oder drei Jahre gekommen. Dann ist die Frage: Hätte es dann wieder funktioniert?", stellte er eine Frage in den Raum. "Ich hatte eine ähnliche Situation mit einem anderen großen deutschen Klub, der mich dreimal wollte. Da hat es dreimal aufgrund unterschiedlicher Themen nicht funktioniert. Da habe ich dann beim dritten Mal gesagt: Jetzt will ich nicht mehr, wir warten noch ein bisschen und dann hat es wieder nicht funktioniert. Da habe ich schon gelernt, dass du nicht alles vor dich herschieben kannst. Es gibt oft eine einmalige Chance und die musst du einfach ergreifen", sagte Nagelsmann.

Dortmund war an Nagelsmann interessiert

Nagelsmann zeigte sich im Podcast gewohnt reflektiert und authentisch. Er betonte, dass das Timing im Fußballgeschäft wesentlich ist. Wer denn der große deutsche Klub sei, der drei Mal Interesse an ihm hatte, verriet Nagelsmann nicht. Sehr wahrscheinlich handelte es sich um Borussia Dortmund. 2019 offenbarte er bei seinem Auftritt im ZDF-Sportstudio, dass es Gespräche mit dem BVB gab. Wie er damals ausführte, war das Timing wieder ein entscheidender Faktor.

"Ich war in Hoffenheim unter Vertrag, da gab es eine Klausel - erst 2019. Als die Klausel griff, war in Dortmund keine Position mehr frei."

Julian Nagelsmann 2019 im Sportstudio

"Interesse war da. Im Fußball ist Timing und Passung immer das Entscheidende, und es hat einfach nicht gepasst, deswegen bin ich da nie Trainer geworden", sagte er im Sportstudio angesprochen auf das Dortmunder Angebot. "Der Zeitpunkt hat nicht gepasst, und der BVB wollte nicht warten", schilderte Nagelsmann und fügte hinzu: "Ich war in Hoffenheim unter Vertrag, da gab es eine Klausel - erst 2019. Als die Klausel griff, war in Dortmund keine Position mehr frei."

Leipzig dagegen konnte warten, Ralf Rangnick kehrte für die Saison 2018/2019 noch einmal auf die Trainerbank der Sachsen zurück. Dortmund entschied sich damals für Lucien Favre, der Nachfolger von Peter Stöger wurde.

Nagelsmann über seinen Fünfjahresvertrag beim FC Bayern

Zurück zum Tagesaktuellen: Im Podcast wurde Nagelsmann auch gefragt, wie es für ihn wäre, wenn er seinen Fünfjahresvertrag beim FC Bayern erfüllen könnte. "Die Geschichte zeigt, dass es fast unmöglich ist, so lange bei Bayern zu sein", erklärte er lachend. "Ich weiß es nicht. Ich probiere es auf jeden Fall. Wenn man sieht, wie lange Sir Alex Ferguson bei Manchester United Trainer war, dann kann man viele Lehren daraus ziehen", sagte der 34-Jährige, der 2016 jüngster Cheftrainer der Bundesligageschichte wurde (wenn man davon absieht, dass der 24-jährige Bernd Stöber 1976 als Interimstrainer für ein Spiel seines 1. FC Saarbrücken gegen den 1. FC Köln an der Seitenlinie saß).

"Wenn du als Trainer eine ordentliche Halbwertszeit haben möchtest, ist es wichtig, deine Idee immer mal wieder anzupassen und nicht immer nur das Gleiche zu machen, damit es interessant bleibt. Oder eben immer auch wieder den Kader zu verändern und aufzufrischen, denn wenn du vier Jahre immer mit denselben Spielern arbeitest, bist du teilweise genervt von dem einen oder anderen, weil er immer wieder das Gleiche macht", sagte Nagelsmann und zog einen Vergleich mit der Liebe: "Du musst ständig daran arbeiten, dass eine Beziehung reizvoll bleibt - und das ist in der Beziehung zwischen Trainer und Spieler nicht anders."

"Man hört ja sehr oft, dass der Trainer mit die wichtigste Person im Verein ist. Daher finde ich es schon relativ normal, dass irgendwann auch Trainer etwas kosten."

Julian Nagelsmann

Nagelsmann findet Ablösesummen für Trainer normal

Nagelsmann wurde im Verlauf des Podcasts auch gefragt, ob er Ablösesummen für Trainer für richtig hält. Er sprach sich aus für ein gewisses Gleichgewicht zwischen den Summen, die für Spieler und denen, die für Trainer gezahlt werden. "Man hört ja sehr oft, dass der Trainer mit die wichtigste Person im Verein ist. Daher finde ich es schon relativ normal, dass irgendwann auch Trainer etwas kosten." Über die Höhe der Summe könne man diskutieren, aber dass ein Trainer Ablöse kostet, fände Nagelsmann nicht verkehrt. "Wenn du mit Spielern arbeitest, die 70 Millionen gekostet haben und du als Trainer bist der, der am schlechtesten verdient und am wenigsten gekostet hat, dann ist das meistens nicht zwingend förderlich", erläuterte er.

Beim Recruitment eines Spielers würde extremer Aufwand betrieben, gerade wenn es um junge Spieler gehe. "Beim Trainer hatte ich immer wieder mal das Gefühl, dass die Vereine bei transfermarkt.de einfach gucken, wer ist gerade auf dem Markt, dann nehm' ich den mal", spitzte Nagelsmann die Lage auf dem Trainermarkt zu. "Wenn ein Trainer ein bisschen was kostet, beschäftigst du dich auch mit ihm, seinem Hintergrund, der Philosophie und triffst nicht einfach so eine Entscheidung ins Blaue. Ich glaube, dass das sehr gesund ist", sagte der frühere Jugendspieler vom TSV 1860 München und FC Augsburg.

Nachvollziehbarerweise ist das mediale Interesse an seiner Person nach seinem Wechsel zum FC Bayern gestiegen. Im Allgemeinen ist die Aufmerksamkeit für seinen neuen Arbeitgeber erheblich größer als bei Nagelsmanns früheren Stationen Leipzig und Hoffenheim. "Wenn hier in der Küche ein Teller zu Bruch geht, steht das morgen in der Bild-Zeitung. Jeder Schritt, den du machst, ist transparent, offen und wird tausendfach diskutiert", sagte Nagelsmann.