Hertha BSC nach Preetz und Labbadia: Interessanter Markt, aber kein Spielraum für Fehler

Michael Preetz muss die Hertha verlassen
Michael Preetz muss die Hertha verlassen / Maja Hitij/Getty Images
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Hertha BSC hat auf die sportliche Misere reagiert und nicht nur Cheftrainer Bruno Labbadia, sondern auch nach jahrelanger Zusammenarbeit Geschäftsführer Michael Preetz entlassen. Ein mutiger Schritt, der der Alten Dame Möglichkeiten, aber auch Risiken bringt. Und vor allem eine Frage offenbart: wer verantwortet diesen Verein eigentlich?

Dass Michael Preetz seine Koffer bei der Hertha packen musste, ist eine Entwicklung, die schon länger reift. Preetz hat sich verdient gemacht und die Alte Dame lange begleitet; der Anführer, mit dem die Hertha den nächsten Schritt Richtung Europa macht, ist er de facto nicht. Seine Entlassung ist daher ein emotionaler Abschied, jedoch progressiv zu verstehen.

Anders verhält es sich auf der Trainerposition. Bruno Labbadia hat einen grausig zusammengestellten Kader zur Verfügung gestellt bekommen, der auf Siege und nicht den Abstiegskampf ausgelegt war. Nach nur 28 Spielen ist für Labbadia in Berlin wieder Schluss. Eine Chance für einen Neuanfang kriegt der Fußballlehrer nicht. Allerdings konnte er auch keine Aufbruchsstimmung erzeugen, nach der sich die Hertha so sehr sehnt.

Bruno Labbadia ist bei der Hertha gescheitert
Bruno Labbadia ist bei der Hertha gescheitert / Maja Hitij/Getty Images

Allein: wer kann das denn? Michael Preetz konnte das nicht. Das Geld von Lars Windhorst auch nicht. Die Prominenz im Aufsichtsrat ist ebenfalls eine Fehlanzeige. Man fragt sich tatsächlich: in wessen Händen wird der Hauptstadtclub gerade geformt? Wer sitzt am Ruder, wer trifft die Entscheidungen und wer schlägt den Kurs ein, den die Hertha fahren soll? Es fehlen Struktur und eine leitende Hand, sowie eine klare Rollenverteilung. Und genau darin liegen in der Neubesetzung der vakanten Stellen im operativen Geschäft die Chancen und Risiken.

Pal Dardai soll die Hertha in sicheres Fahrwasser geleiten

Pal Dardai wird als neuer Cheftrainer diskutiert. Beziehungsweise als Interimstrainer. In Berlin ist der Ungar ja sowieso ganz vieles. Und eine charmante Besetzung wäre er definitiv. Sportlich hat Dardai nachgewiesen, dass er Kompetenzen an der Seitenlinie hat. Ob diese auch für das internationale Geschäft ausreichen, ist fragwürdig, aber noch nicht klar: Dardai bekam als Cheftrainer in Berlin noch nicht die Chance mit einem entsprechenden Kader zu arbeiten.

Für den Moment sind die Vorzüge des Ungars und auch seine Aufgaben ohnehin klar: Stabilität ist gefragt, nicht Erfolg. Der soll mittel- oder langfristig einkehren. Mit Dardai würde sich die Hertha mindestens die Zeit erkaufen, einen Umbuch zu initiieren und einen geeigneten Cheftrainer zu finden. Und wenn Dardai den Job gut macht: umso besser. Positiv ist für die Hertha vor allem, dass sich der 44-Jährige wohl kaum lenken lassen wird. Nicht von Windhorsts Geld oder eventuellen Machtspielchen der Gremien. Dardai ist Berliner Junge und eine absolute Bank. Für den Moment wird der Ungar eine lindernde Wirkung auf die Hertha haben.

Erste Gerüchte um die Hertha: Rangnick im Gespräch, Schröder auf dem Markt

Deutlich interessanter ist nun die Frage, wer auf Michael Preetz folgen wird. Sportdirektor Arne Friedrich übernimmt die Aufgaben Preetz' bis zum Saisonende. Dass Friedrich diesen Posten dauerhaft übernimmt, ist unwahrscheinlich, dafür ist der ehemalige deutsche Nationalspieler zu grün hinter den Ohren. Es braucht Erfahrung; jemanden, der den Umbruch moderieren und vollziehen kann.

Und nun beginnt das Namen-Jonglieren. Ralf Rangnick ist im Gespräch. In welcher Rolle, würde sich zeigen. Cheftrainer kann Rangnick, Sportdirektor auch. Als Geschäftsführer war Rangnick in Leipzig tätig, schien die Arbeit im Hintergrund aber nicht wirklich zu schätzen. Trainer und Sportdirektor in Doppel-Union, das wäre interessant. Nur was wird dann aus Arne Friedrich?

Übernimmt Ralf Rangnick bei der Hertha?
Übernimmt Ralf Rangnick bei der Hertha? / ODD ANDERSEN/Getty Images

Mit Rouven Schröder ist ein Manager auf dem Markt, der sich beim FSV Mainz 05 seine Sporen verdient hat. Schröder kann Verantwortung übernehmen und bewies ein Händchen dafür, einen Kader zusammenzustellen und einen Verein wirtschaftlich gut zu führen. Hört sich gut an, Schröder mangelt es jedoch an Erfahrung.

Hertha muss für eine klare Rollenverteilung sorgen

Ratsamer wäre für die Hertha jemand, der autonom arbeitet und das Geschäft kennt, wie seine Westentasche. Kein Peter Neururer, sondern ein Geschäftsmann, der es versteht, sowohl sportlich als auch konzeptionell Entwicklung zu initiieren. Ein Gegensatz zu Michael Preetz, quasi.

Der Markt für Fortschritt ist im Fußball interessant, die Alte Dame kommt aber trotz zahlreicher Neuerungen noch immer ein wenig altbacken um die Ecke. Das Image des Vereins ist angeschlagen, das Projekt Windhorst droht zu Scheitern. Fehler darf sich die Hertha nicht erlauben.

Bis zum Sommer soll das Konstrukt stehen. Bis dahin gilt es einige Fragen zu klären, vor allem die, wer die Verantwortung trägt und in Zukunft tragen soll. Eine klare Rollenverteilung und autarke Führungspersonen: das ist es, was die Hertha braucht und in Labbadia und Preetz nicht gefunden hat.