Hätte der VAR beim Hummels-Platzverweis nicht eingreifen dürfen?

  • Video-Check ergab Notbremse des BVB-Verteidigers
  • Schiedsrichter entschied zunächst auf Elfmeter und Gelb
  • Kritik am VAR-Eingriff - auch von den Schiedsrichtern

Mats Hummels sieht die Rote Karte
Mats Hummels sieht die Rote Karte / Leon Kuegeler/GettyImages
facebooktwitterreddit

Mats Hummels sah gegen RB Leipzig nach einem VAR-Check die Rote anstatt der Gelben Karte. Doch hätte es den Check in dieser Form überhaupt geben sollen?

In der Nachbetrachtung des Topspiels vom Samstagabend, der 2:3-Niederlage des BVB gegen RB Leipzig, gibt es noch Diskussionsbedarf um den Eingriff des Videoschiedsrichters rund um die Rote Karte für Mats Hummels und den zugleich zurückgenommenen Elfmeter, der dann in einen Freistoß umgewandelt wurde.

Plötzlich lauten zwei zusammenhängende Fragen: Hätte der VAR in dieser Szene überhaupt eingreifen dürfen und - wenn ja - wurde die Szene korrekt beurteilt?

Drees erklärt: VAR-Entscheidung aufgrund des ersten Kontakts seitens Hummels korrekt

Auf Nachfrage des kicker erklärte Dr. Jochen Drees, der seit 2018 federführend für den VAR verantwortlich ist, die Grundlage des Eingriffs: "Regeltechnisch ist bei einem Fußangriff bzw. Foulspiel entscheidend, an welcher Stelle der erste, initiale Kontakt erfolgt, durch den der Angreifer schließlich zu Fall kommt."

In der entsprechenden Szene sei dies "bildlich belegbar kurz vor dem Strafraum der Fall" gewesen. Dementsprechend sei der Platzverweis und Freistoß anstatt Strafstoß auch korrekt gewesen. Drees ergänzte noch, dass es die beiden Kameraeinstellungen '16er hoch' und 'Reverse links' den Aufschluss über die Szene gegeben hatten, bei der Hummels in Lois Openda hineingrätschte und somit eine klare Torchance verhinderte.

Entscheidender statt erster Kontakt? Auch interne Zweifel an der Dreesen-Argumentation

Nun gibt es allerdings zwei Probleme: Zum einen hat der DFB, obwohl er sich somit offiziell auf diese beiden Kameraeinstellungen stützt, sie noch nicht transparent gemacht und sie gezeigt. Zum anderen gibt es den Informationen des kicker zufolge so "einige Stimmen" innerhalb des Profi-Schiedsrichterwesens, die die Erklärung von Drees in dieser Form nicht nachvollziehen können. So gehe es eigentlich gar nicht um den ersten Kontakt, sondern um den Kontakt, der entscheidend dafür ist, dass der betroffene Spieler zu Fall kommt.

Der erste Kontakt von Hummels an Openda fand vor dem Strafraum statt, während der entscheidende Kontakt, der den Angreifer zu Fall brachte, mindestens auf der Linie stattfand.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass bei einer anderen Hummels-Grätsche auch nach diesem Verfahren - also dem entscheidenden anstatt dem ersten Kontakt - so entschieden wurde. Es war der sechste Spieltag, als der Innenverteidiger des BVB seinen Gegenspieler Anton Stach von der TSG Hoffenheim zu Fall brachte. Die Ausgangslage damals: Erster Kontakt nicht gewertet, sondern der Kontakt, der Stach zu Boden gehen ließ. Die Entscheidung: Elfmeter - und zwar ohne Korrektur des VAR.

Anton Stach, Mats Hummels
Die Grätsche von Hummels gegen Stach / Alex Grimm/GettyImages

Sven Jablonski, der sich am Samstagabend vom VAR korrigieren ließ, sah sich die Szene derweil nicht selbst am Bildschirm an, während seine Kollegen im 'Kölner Keller' aktiv waren. Das sei ebenso wenig notwendig wie vorgesehen, unterstützte Drees auch diesen Schritt. "Eine präzise Analyse ist bei allen faktischen Entscheidungen notwendig, da es sich hierbei um sogenannte Schwarz-Weiß-Entscheidungen handelt", argumentierte er. Deshalb sei ein subjektiver Eindruck dabei nicht wichtig gewesen, sondern lediglich das genaue Festlegen des von ihm bereits erwähnten ersten Kontakts.

Doch auch hier gibt es ein kleines Problem: Dem DFB stehen zwar diverse Kameraeinstellungen zur Verfügung, aber für den Strafraum (und ebenso wenig an den Seitenauslinien) keine 3D-Technologie, mit der die Szene nochmal ganz genau hätte überprüft werden können.

Festzuhalten bleibt also: Drees hat insofern recht, dass der erste Kontakt außerhalb des Strafraums erfolgte. Daraus leitete er auch die korrekte Entscheidung des VAR-Teams ab. Allerdings scheint es so manche Stimmen zu geben, die meinen, viel eher sei in derartigen Aktionen der entscheidende Kontakt zu werten - und dieser erfolgte auf der Linie. So argumentierte auch Ex-Schiedsrichter Manuel Gräfe bei Twitter. Bei dieser Auslegung wäre es also eher die Gelbe Karte und der Elfmeter gewesen, anstatt der Platzverweis für Hummels.


Weitere Nachrichten rund um den BVB:

feed