Gross-Kontakt schon vor drei Wochen: Baum ohne Vertrauen im Dezember?

Das Vertrauen in Manuel Baum muss schon vor den wichtigen Wochen angekratzt gewesen sein
Das Vertrauen in Manuel Baum muss schon vor den wichtigen Wochen angekratzt gewesen sein / Alexander Hassenstein/Getty Images
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Schalke-Coach Christian Gross erklärte auf Nachfrage, der Kontakt zu Sportvorstand Jochen Schneider sei bereits vor drei Wochen, also Anfang Dezember entstanden. Interessant ist das deshalb, weil Manuel Baum zu dem Zeitpunkt vor den so wichtigen Wochen stand, in denen machbare Aufgaben warteten. Somit ging er offenbar schon ohne Vertrauen in diese Begegnungen.

Christian Gross ist der vierte Trainer, den der FC Schalke 04 in dieser Saison einstellt. David Wagner musste nach zwei Spieltagen gehen, Manuel Baum nach zehn weiteren. Huub Stevens übernahm interimsweise für die letzten zwei Partien, die in der kleinen Weihnachts-Pause mündeten. Am Sonntag wurde der Schweizer offiziell vorgestellt. Jochen Schneider erklärte die Entscheidung wie folgt: "Christian Gross wird die Mannschaft mit klarer Linie und einer unmissverständlichen Erwartungshaltung auf den richtigen Weg bringen, davon sind wir überzeugt."

Überzeugung ist dabei ein gutes Stichwort. Diese scheint der Sportvorstand gegenüber Manuel Baum bereits Anfang Dezember schon nicht mehr gehabt zu haben. Wie Gross nämlich auf der Pressekonferenz erklärte, sei sein Kontakt zum S04 bereits vor drei Wochen entstanden. Das entfällt dann auf die erste oder zweite Woche im Dezember - so oder so in die Zeit vor (!) den drei enorm wichtigen Duellen gegen den FC Augsburg, den SC Freiburg und Arminia Bielefeld.

Ausgerechnet in Augsburg hätte Baum mit Schalke beinahe gewonnen
Ausgerechnet in Augsburg hätte Baum mit Schalke beinahe gewonnen / Adam Pretty/Getty Images

Diese drei Spiele waren so wichtig, weil sie machbare Aufgaben darstellten. Das konnte von den drei Spielen zuvor nicht behauptet werden. Baum hatte, wie er zwischenzeitlich verriet, das interne Ziel von sieben Punkten ausgegeben. Also zwei Siege und ein Remis im besten Fall. Während die Vorbereitungen für diese Partien lief, sprach Schneider also bereits mit möglichen Nachfolgern. Der neue Coach von Königsblau sei dabei zwar die erste Wahl gewesen, doch sicherlich nicht die einzige Option, mit der man sich ausgetauscht hat.

Schneider schon früh ohne Vertrauen in Baum? Stetiges Betonen wichtiger Fortschritte als Kontrast

Dementsprechend kommen zwei große Fragen auf. Erstens: Wenn ein Sportvorstand das Vertrauen in seinen Trainer verliert, und das nach in der Bundesliga eigentlich nur zwei machbaren Spielen (jeweils Unentschieden gegen Union Berlin und Mainz 05), warum agiert er dann nicht schon vor den so wichtigen Dezember-Wochen? Zweitens: Was wäre passiert, wenn Schalke gegen den FCA nicht noch den ärgerlichen Ausgleich in der 93. Minute gefangen und stattdessen gewonnen hätte? Wäre die notwendige Überzeugung plötzlich wiedergekehrt, oder war es zu diesem Zeitpunkt schon egal, wie Baum abliefern würde?

Grundsätzlich muss man natürlich klarstellen, dass es die Aufgabe eines sportlich Verantwortlichen ist, sich mit mehreren potenziellen Ausgangslagen zu beschäftigen und dementsprechend auch die ein oder andere Alternative zur Hand zu haben, sollte man zum Handeln gezwungen werden.

Jochen Schneider steht massiv in der Kritik - Christian Gross ist seine allerletzte Patrone
Jochen Schneider steht massiv in der Kritik - Christian Gross ist seine allerletzte Patrone / TF-Images/Getty Images

Nichtsdestotrotz ist dieser Zeitpunkt der Kontaktaufnahme, so herrlich ehrlich von Gross ausgeplaudert, doch fragwürdig. Schließlich fällt er genau in die Wochen, in denen Schneider selbst immer wieder betonte, wie wichtig doch die (kleinen) Fortschritte sind, die die Mannschaft unter der Führung Baums macht und dass man fest daran glaubt, dadurch und mit ihm wieder siegen zu können. Und das war soweit richtig: Es waren tatsächlich Fortschritte zu erkennen. Keine großen Sprünge, wer hätte das auch erwartet. Aber Schritte, die dem Team einen Sieg nach und nach näher brachte. Dass fehlende Resultate nichts daran ändern, früher oder später einzugreifen, ist allerdings nicht überraschend.

Dieser Aspekt des ersten Kontakts bekam auch Aufmerksamkeit seitens einiger S04-Anhänger in den sozialen Netzwerken. Dass Baum - dessen Freistellung ohnehin für eine gewisse Unverständnis sorgte - offenbar schon zu ersetzt werden drohte, als er beinahe den so wichtigen ersten Sieg eingefahren hatte, wurde somit schnell zur weiteren Kritik an Schneider. Dieser hat in etwa eindreiviertel Jahren Amtszeit nun seine sechste Trainer-Entscheidung getroffen. Vier in dieser Saison, kurz nach seinem Amtsantritt arbeitete noch Domenico Tedesco unter ihm und erstmals Stevens.