Gladbach und die fehlende Überzeugung - Rose ist genervt
Von Christian Gaul

Beim 1:1 gegen den FC Augsburg gab die Borussia erneut in den Schlussminuten zwei wichtige Zähler aus der Hand, der Fluch der späten Gegentore setzte sich fort. Dass die Gladbacher schon am kommenden Mittwoch in der Champions League auf Shakhtar Donetsk treffen, könnte im Bezug auf die sich breit machende Nachdenklichkeit von Vorteil sein.
Keine Zeit, lange zu grübeln - bereits am Mittwoch geht es für Borussia Mönchengladbach in der Königsklasse weiter. Dennoch zeigt der späte Ausgleich der zehn Augsburger am Samstag, dass die Mannschaft immer noch auf der Suche nach der letzten Entschlossenheit und Überzeugung ist.
Nach den Spielen gegen Union, Wolfsburg, Mailand und Real musste man zum fünften Mal in dieser Saison am Ende feststellen, dass ein Spiel 90 Minuten oder länger dauert. Dabei ist es in der Analyse wichtig zu betonen, dass die Borussia diese Spiele nicht verlor - die späten Unentschieden fühlten sich dennoch wiederholt wie eine Niederlage an.
Angst vor der eigenen Courage - Rose ist genervt
Wie schon von uns geschildert, befindet sich die Borussia weiter in der Entwicklung. Trainer Marco Rose versucht in dieser Spielzeit, der Mannschaft eine größere Selbstverständlichkeit zu implementieren. Statt euphorisierten Power-Fußball zu zelebrieren, soll das Team über Effizienz und intelligente Tempo-Variationen durch die harten Wochen der Saison agieren und dennoch Ergebnisse einfahren.
Dabei fiel auf, dass die Mannschaft in den entscheidenden Situationen einer Partie oft den Anschein erweckte, nicht vollends von der eigenen Qualität überzeugt zu sein. Die späten Gegentore gegen Real und Inter konnte man durchaus noch auf die immens aufwendige Spielweise der Borussia in den Partien gegen die europäischen Top-Teams schieben, da man jeweils über 90 Minuten hochgradig in der Defensive gefordert war.
Doch gegen Union, Wolfsburg und Augsburg zählt dieser Aspekt nicht unbedingt, hatte man diese Partien doch mehr oder weniger im Griff. Dabei sind jedoch nicht die Unkonzentriertheit der Defensive oder der zuvor veranstaltete Chancen-Wucher als Ursachen der Problematik anzuführen, es sind lediglich Symptome der beschriebenen fehlenden Konsequenz der Mannschaft.
Rose bestätigte diese Analyse auf der Pressekonferenz nach dem Spiel gegen Augsburg. "Wir haben souverän gespielt, wenig zugelassen und selber große Chancen gehabt, das zweite Tor zu machen - aber wir machen es nicht. Dann ist es im Fußball so, dass solange das Spiel läuft, alles passieren kann", stellte er fest.
Doch nicht nur die eher ominösen Gesetze des Fußballs wollte Rose geltend machen, selbstredend bezog er sich auch auf reale spieltaktische Fehler. "Es ist jetzt ein Muster zu erkennen. Wir werden in bestimmten Situationen - gerade auf den Flügeln - zu passiv, lassen Flanken zu. Aber auch wenn der Gegner flankt, kannst du das in der Box noch sauber verteidigen. Du musst die Laufwege des Gegners aufnehmen und auch in der 89. Minute als Zehner oder Flügelstürmer hinten mit rein und die Dinge klarer verteidigen", teilte er seine Erkenntnisse mit.
Als er direkt danach erneut nach den späten Gegentoren gefragt wurde, reagierte der Trainer verständlicherweise gereizt. "Ich habe die Frage doch eben beantwortet. Vorher ein weiteres Tor machen, hinten raus an die eigene Qualität glauben und vor allen Dingen jeden Meter machen, der dazu gehört, um ein Spiel zu Ende zu bringen und nicht passiv werden", bestätigte er auch die bereits erwähnte fehlende Überzeugung.
Besonders beim Thema Chancenverwertung machte sich diese wohl unbewusste Angst vor der eigenen Courage auch gegen Augsburg wieder bemerkbar, als Breel Embolo oder Patrick Herrmann beste Chancen nicht konsequent genug im gegnerischen Tor unterbrachten - wie schon Hannes Wolf in Leverkusen oder Alassane Plea gegen Madrid oder Jonas Hofmann gegen Wolfsburg.
Donetsk als nächste Hürde in der Entwicklung
Doch muss man den Spielern eine gewisse Zeit zugestehen, die eigene Qualität anzunehmen und daraus die nötige Überzeugung zu gewinnen. Ebenso muss man Roses genervte Attitüde nach dem Augsburg-Spiel verstehen, immerhin ist er immer mit Leib und Seele dabei und wegen der späten Gegentore vermutlich angefressener, als die meisten Fans.
Am kommenden Mittwoch steht ohnehin das Spiel in der Königsklasse gegen Donetsk an, es bleibt schlicht zu wenig Zeit, sich zu lange über das Remis gegen Augsburg zu ärgern.
Dabei wäre ein Erfolg gegen die Ukrainer von enormer Bedeutung, könnte sich die Borussia doch in ihrer Gruppe eine exzellente Ausgangslage vor den Spielen gegen Inter und Real verschaffen. Das 6:0 aus dem Hinspiel wird sicherlich kein Maßstab für die kommende Partie sein, Donetsk wird auf Wiedergutmachung aus sein.
Auch wenn mit Hofmann, Plea und Bensebaini vermutlich gleich drei Stützen fehlen werden, verfügt die Borussia über genügend gute Spieler, um einen großen Schritt in Richtung Achtelfinale zu machen. "Es sind wichtige Spieler für uns. Aber wenn sie nicht da sind, sind sie nicht da. Wir haben genug gute Jungs, die in die Bresche springen und alles für das Team geben", wird Rose gegen Donetsk seinen "Jungs" vertrauen.
Denn auch der Trainer weiß: Die Qualität ist zweifelsohne vorhanden, die Mannschaft muss nur davon überzeugt sein, um den nächsten Schritt zu machen.