Für den Klassenerhalt: Schalke braucht Europa-League-Platz in der Rückrunden-Tabelle
Von Yannik Möller

Der Abstieg rückt immer näher, nach jedem Spiel glauben weniger sonst naturgemäß optimistische Schalke-Fans an die theoretisch noch mögliche Rettung. Klar ist: Für den Klassenerhalt braucht der Klub eine sehr gute Rückrunde - aber woher soll er die nehmen? Ein Blick auf die nächsten Monate.
Viel schlimmer als die 0:4-Niederlage gegen einen eher durchwachsenen FC Bayern war die 1:2-Pleite gegen den 1. FC Köln am letzten Mittwoch. Für Schalke 04 war es ein Kellerduell, ein sogenanntes Sechs-Punkte-Spiel. Selbst hätte man sich nah an den Relegationsplatz schieben und gleichzeitig einen direkten Konkurrenten ganz tief in den Abstiegskampf-Sumpf ziehen können. Stattdessen Ernüchterung auf der einen, etwas Erleichterung auf der aus blau-weißer Sicht falschen Seite.
16 Spiele sind in der Rückrunde noch zu spielen, damit ganze 48 Punkte zu holen. Somit ist der Klassenerhalt für Königsblau noch möglich, auch wenn man mit eigentlich lächerlichen sieben Punkten (nach 18 Spieltagen!) bereits jetzt acht Punkte Rückstand auf den 16. Tabellenplatz hat. Aufgrund der Entwicklung der letzten Jahre und der bisher sehr schlechten Saison, was die letzten drei, vier Teams im Tabellen-Keller betrifft, wird man wohl von etwa 30 Punkten ausgehen können, die einen am Ende in die Relegation bringen. Aus S04-Sicht wohl das Maximum, das überhaupt noch zu erreichen wäre. Die große Frage jedoch: Wie realistisch ist das überhaupt?
Schalke braucht eine Europa-League-Rückrunde für den Klassenerhalt
Schalke hat sieben Punkte, bräuchte für diese Marke von 30 Zählern also noch 23 Punkte. Bestenfalls natürlich noch den ein oder anderen mehr, je nachdem, wie sich die Punkte-Situation am Ende der Saison tatsächlich darstellen sollte. Umgerechnet sind das beispielsweise sieben Siege und zwei Remis oder sechs Siege und fünf Remis. Man merkt schnell: bei noch 16 übrigen Spieltagen müssten die Knappen schon weitestgehend ungeschlagen bleiben, bei den beiden eben genannten Möglichkeiten entweder in neun Partien, oder eben in ganzen elf. Zum Vergleich: Aus den ersten 18 Spielen verlor man ganze 14, blieb somit weniger als ein Viertel dieser unbesiegt. In der Rückrunde müsste es ein ganzes Stück über der Hälfte sein.
Die direkten Konkurrenten für den S04 sind, so traurig das nach den letzten Jahren auch klingen mag, Mainz 05, der 1. FC Köln, sowie Arminia Bielefeld und Hertha BSC. Diese vier Klubs sind zurzeit direkt im Abstiegskampf involviert - je nachdem, wie die nächsten zwei, drei Wochen laufen, könnten auch Werder Bremen oder der FC Augsburg noch ein eine ähnliche Lage rutschen. Das sind, im erweiterten Umfeld, sechs Mannschaften, gegen die man durchaus noch eine realistische Chance haben kann, zu gewinnen. Das Problem: Selbst wenn man gegen sie alle (!) siegt, wird es nicht allein für den Verbleib in der Bundesliga reichen. Ein bereits nahezu unmöglicher Schritt müsste der erste sein.
Es zeigt sich das Problem, das seit Wochen existiert: Schalke muss längst auch gegen Favoriten punkten. Die Mainzer haben es unlängst vorgemacht: Ein Sieg gegen RB Leipzig, ein Remis gegen den BVB. Punkterfolge, mit denen niemand gerechnet hätte, die aber notwendig sind, weil kein Verein gegen sämtliche direkte Konkurrenten gewinnen kann. Es sind die Teil-Erfolge, die den Knappen fehlen, die den derzeitigen Abstand zu den ebenfalls stark vom Abstieg bedrohten Nullfünfern ausmachen.
Ein ebenfalls größeres Problem werden die nächsten Wochen. Abgesehen von Bremen, gegen die man am Samstagnachmittag antreten muss, kommen anschließend Gegner wie Leipzig, Union Berlin und Dortmund. Drei Teams, gegen die man der absolute Underdog sein wird, in Form und Qualität ohnehin. Bleibt man beim Beispiel Mainz, so haben auch sie mit dem VfB Stuttgart, den Unionern und Bayer Leverkusen alles andere als leichte Gegner vor der Brust - doch traut man ihnen längst zu, auch dort vielleicht den ein oder anderen Punkt mitzunehmen.
Punkte hier, Glaube dort - Schalke kämpft primär um den Anschluss, nicht um den Klassenerhalt
Das vergrößert nicht nur den Abstand; für den S04 bedeutet jede weitere Niederlage einen Rückschlag, den man mental mit in die nächste Begegnung nehmen wird. Da die Duelle gegen die Konkurrenten eher im letzten Saisondrittel stattfinden, könnte es zu diesem Zeitpunkt entweder längst zu spät, oder auch rein vom Kopf aus zu schwer sein, die absolut notwendigen Zähler mitzunehmen.
Abgesehen davon, dass es gegen die Bremer also dringend einen Sieg braucht, um alleine schon den Glauben an die Rettung zu wahren, braucht es Überraschungen - und davon gleich mehrere. Realistisch gesehen ist es also schon fast müßig, die übrigen Partien in Kategorien wie machbar oder eben nicht machbar zu packen. Immerhin waren die allermeisten Leistungen dermaßen ungenügend und der bisherige Saisonverlauf so desaströs, dass ein jeder Erfolg eine Überraschung ist. Egal ob es ein Sieg gegen Bielefeld, oder ein Unentschieden im Revierderby wäre.
Schalke kann sich nur noch retten, wenn die Mannschaft über sich hinaus wächst. Erneut auf die Rückrunde bezogen, bräuchte es in der zweiten Saisonhälfte nun einen Lauf, der einen - isoliert betrachtet - zumindest in die Europa League bringen würde. Anders formuliert: Wenn sich der S04 in der Rückrundentabelle auf einen internationalen Platz spielt, ist der rechnerisch selbstverständlich noch vermeidbare Abstieg ein ernstes Thema. Über die nächsten Wochen, vor allem im Februar, geht es für den Klub also primär darum, möglichst nicht ganz den Anschluss an den 16. Tabellenplatz zu verlieren - auch wenn man ihn schon jetzt leicht aus den Augen verloren zu haben scheint. Nur dann gibt es überhaupt noch die Chance, sich durch die Keller-Duelle näher heranzuspielen.