Frauen-WM 2027: Wie stehen die Chancen für die Bewerbung von Deutschland, Belgien und Niederlanden?
- Europa-Trio muss sich gegen Bewerbungen aus Nord- und Südamerika durchsetzen
- Was spricht für und gegen die Vergabe nach Europa?
Von Helene Altgelt
Gemeinsam mit Belgien und den Niederlanden hat sich der DFB offiziell um die Ausrichtung der Frauen-WM 2027 beworben. Wer den Zuschlag erhält, wird im nächsten Mai bekanntgegeben. Konkurrenz gibt es durch eine gemeinsame Bewerbung von den USA und Mexiko, und durch Brasilien. Was spricht für und gegen die DFB-Bewerbung?
Das sind die drei Bewerbungen
Deutschland, Niederlande, Belgien
Deutschland hat sich gemeinsam mit den beiden Nachbarländern Belgien und Niederlande um die Ausrichtung der WM 2027 beworben. Besonders ist dabei: Die Spiele in Deutschland würden nur in Nordrhein-Westfalen stattfinden, sodass die Distanzen für die Fans kürzer wären. Gelsenkirchen, Dortmund, Düsseldorf und Köln wären die Austragungsorte.
Der DFB und die beiden Partnerverbände kündigten an, die Einnahmen im Vergleich zur WM 2023 um 50 Prozent steigern zu wollen. Bereits dieses Jahr wurde der bisherige Rekord pulverisiert, das Turnier in Australien und Neuseeland sorgte für Einnahmen von mehr als 500 Millionen Euro. "Breaking New Ground" heißt das Motto der Bewerbung.
USA und Mexiko
Die USA und Mexiko wollen ein Jahr nach der Männer-WM 2026, die sie zusammen mit Kanada austragen, ein weiteres Großturnier nach Nordamerika holen. US Soccer-Präsidentin Cindy Parlow Cone sagte, so könne die bestehende Infrastruktur ideal genutzt werden.
In den USA fanden bereits 1991 und 1999 Frauen-Weltmeisterschaften statt. Welche Stadien genutzt werden sollen, wurde noch nicht bekanntgegeben. US Soccer teilte aber bereits mit, dass die meisten Stadien für 65.000 Zuschauer oder mehr Platz bieten sollen.
Brasilien
Die einzige Einzel-Bewerbung für die WM 2027 kommt aus Brasilien. Südafrika hatte zuvor auch als harter Konkurrent gegolten. Sie zogen ihre Bewerbung zurück, um dann einen starken Plan für die WM 2031 zu präsentieren.
In Brasilien wären die zehn Stadien über das ganze Land verteilt: Von Sao Paulo und Rio de Janeiro im Südosten des Landes bis nach Manaus, tief im Landesinneren. Brasilien war bereits einer der Kandidaten für die WM 2023, musste dann aber die Bewerbung mangels Geldmitteln zurückziehen. Es wäre die erste Frauen-WM in Südamerika.
Pro Deutschland, Niederlande und Belgien: Die Distanzen
Das größte Plus für die gemeinsame Bewerbung von DFB, KNVB (niederländischer Verband) und RBFA (Belgien) sind sicherlich die kurzen Distanzen. Mit dem Zug sind alle Spielorte von Köln aus in unter vier Stunden zu erreichen - vorausgesetzt natürlich, die Deutsche Bahn macht mit.
Für Fans ist das praktisch, und vor allem auch günstig. Und auch aus Klimagründen wäre die Dreier-Bewerbung vorzuziehen. Bei den anderen beiden Bewerbungen müssten die Fans wohl sicher Langstreckenflüge nehmen, um alle Spiele ihres Teams zu sehen.
Contra: Zu viel Europa
Gegen das größte Problem der Dreier-Bewerbung hilft aber auch die schönste Verteilung der Spielorte nicht: In den letzten Jahren gab es sehr viel Europa. Deutschland richtete bereits die WM 2011 aus, Frankreich die WM 2019. Auch die Olympischen Spiele finden nächsten Sommer in Frankreich statt.
Die Niederlande durften mit der EM 2017 auch bereits in den letzten Jahren ein großes Turnier ausrichten. Daher liegt es nahe, dass jetzt mal jemand anderes dran sein soll. Das Argument spricht gegen die europäische Bewerbung, aber genauso gegen die USA: Bei einer Vergabe hätten die Vereinigten Staaten mit Männer-WM 2026, Frauen-WM 2027 und Olympia 2028 drei große Turniere hintereinander.
Brasilien könnte daher die besten Chancen bei der Suche nach Unterstützern haben. Bis Mai wird es ein intensives Werben um Stimmen geben: Bei der Abstimmung kann sich die Dreier-Bewerbung um den DFB sicher auf die Unterstützung der europäischen Länder verlassen. Genauso werden auch, wie bei diesen Vergaben üblich, die nordamerikanischen und südamerikanischen Länder für "ihre" Bewerbungen stimmen.
Dann kommt es auf den asiatischen und afrikanischen Block an. Und die könnten eher dazu tendieren, Brasilien zu unterstützen. Südafrika etwa mit dem Ambitionen für die WM 2031 könnte Brasilien unterstützen, um sich einen Verbündeten für die Bewerbung in vier Jahren zu sichern.
Pro: Die Einnahmen
Was die FIFA natürlich immer gerne hört, ist das Geräusch, wenn die Kasse klingelt. Und das wäre bei einer WM 2027 in Deutschland, den Niederlanden und Belgien garantiert. Das Ziel, die Einnahmen um 50 Prozent zu steigern, ist ambitioniert, aber nicht unmöglich.
In den Niederlanden gibt es seit der EM 2017 eine starke Unterstützung für die Oranje Leeuwinnen, fast alle Spiele des Nationalteams sind ausverkauft. In Deutschland ist angesichts der stetig steigenden Zahlen bei den "Highlight-Spielen" auch von hohen Zuschauerzahlen auszugehen. Eine voll gefüllte Arena in Gelsenkirchen sorgt für tolle Bilder, und gleichzeitig für viel Geld. In Brasilien wären die Zuschauerzahlen vielleicht nicht ganz so hoch - in den USA wäre es aber vermutlich ähnlich.
Contra: Frauenfußball-Boom soll ausgelöst werden
Die Ausrichtung der WM soll nach der FIFA immer mehr als nur ein Turnier sein: Gerne wird in blumigen Worten von dem Wandel durch den Sport gesprochen, von den Visionen und Werten. Diese hehren Ziele bleiben oft hinter der Realität zurück - aber bei der Austragung einer Frauen-WM ist die langfristige Entwicklung des Sports im Land sicher ein Kriterium.
Idealerweise soll ein "Boom" ausgelöst werden, wie dieses Jahr in Australien. Die "Matildas" gewannen Zehntausende Fans, die Quoten schossen in die Höhe, und auch die heimische W-League profitiert. Mit so einem Boom ist bei der Dreier-Bewerbung nicht unbedingt zu rechnen - schlicht und ergreifend, weil es ihn, mit der Ausnahme von Belgien, schon gab.
Das Potenzial für die Weiterentwicklung ist kleiner als in Brasilien: In dem fußballbegeisterten Land gibt es einen idealen Nährboden für WM-Euphorie, aber aktuell fehlt es der Frauen-Liga und auch dem Nationalteam noch an Unterstützung. Die WM könnte dort also mehr verändern - in Abstrichen gilt das auch für die Bewerbung aus Nordamerika, denn zumindest in Mexiko ist auch noch viel Luft nach oben.
Fazit: Bewerbung von Deutschland, Niederlanden und Belgien eher Außenseiter
Die Bewerbung von Deutschland, den Niederlanden und Belgien hat viele gute Argumente auf ihren Seiten: Kurze Distanzen, eine voraussichtlich gute Klima-Bilanz, angenehmes Reisen für die Fans, tolle Stadien, hohe Einnahmen, große Zuschauerzahlen. Trotzdem müssen die drei Verbände sich ordentlich anstrengen, wenn die WM im Mai nach Europa vergeben werden soll.
Der ausschlagende Punkt wird wohl das Übergewicht von Europa bei den letzten Turnieren sein. Für eine Frauen-WM in Südamerika ist die Zeit eigentlich überreif. Die Bewerbungen vom europäischen Trio und von den USA und Mexiko ähneln sich in einigen Punkten, daher wird es auf eine Grundsatzentscheidung hinauslaufen.
Die nationalen Verbände müssen sich wohl entscheiden, ob sie vor allem hohe Einnahmen und große Zuschauerzahlen wollen, oder eine große Chance für den südamerikanischen Frauenfußball und ein Wegkommen von der Dominanz von Europa und Nordamerika. Die afrikanischen und asiatischen Länder werden da das entscheidende Wort haben.
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