Finnland bei der EM 2020: Island 2.0 oder dankbarer Gegner?

Die Finnen wollen ihre Chance nutzen
Die Finnen wollen ihre Chance nutzen / JONATHAN NACKSTRAND/Getty Images
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Am 11. Juni 2021 beginnt mit einem Jahr Verspätung die Euro 2020. Im Vorfeld des Turniers werfen wir einen Blick auf die teilnehmenden Nationen und stellen Schlüsselspieler vor. Zudem findet ihr bei uns die Termine und möglichen Aufstellungen aller 24 Mannschaften.

Die finnische Mannschaft konnte sich erstmals für ein Großturnier qualifizieren, dem Modus mit 24 Mannschaften sei Dank. Können die Männer um Torjäger Teemu Pukki es dem Team von Island gleich tun und als skandinavischer Außenseiter die EM 2020 rocken?


Die Vergleiche sind nicht von der Hand zu weisen, für viele könnte Finnland die Rolle der Isländer, welche sich nicht für die Euro 2020 qualifizierten, übernehmen und als chancenlose Einheit den großen Mannschaften ein oder zwei Beine stellen.

Stilistisch unterscheiden sich die Finnen dennoch ein wenig vom biederen Fußball der Huh-Rufer. Mit aktivem Spiel wird man seine eigentlich nicht vorhandene Chance nutzen wollen und wenn man schon nicht gewinnt, sieht man dabei wenigstens gut aus.


In der Gruppe B wird man auf Dänemark, Russland und Belgien treffen - der vierte Platz scheint vorprogrammiert. Doch eventuell hat der Fußballgott die Finnen als liebenswerten Underdog ins Auge gefasst und überrascht uns alle mit einer kleinen Sensation.

Qualitativ reißt der Kader zwar keine Bäume aus, doch werden die Finnen ihr Herz in die Hand nehmen. Zudem steht das Team in gewisser Weise für das Thema dieser EM - Vielfalt ist Trumpf!


Der Kader

Ohne Witz: Die Spieler der finnischen Auswahl sind nicht über halb Europa verstreut - sondern über den halben Globus. Deutschland, England, Dänemark, Belgien, Kanada, Norwegen, Zypern, Schweden, die USA, Griechenland, Schottland, Ungarn, Polen, Italien, Holland - der reine Wahnsinn, wo die 26 Akteure mittlerweile untergekommen sind.

Mit Verteidiger Daniel O'Shaughnessy spielt sogar einer in Finnland, obwohl der Name des 26-Jährigen so gar nicht danach klingt. Anhand dieser Tatsache lässt sich vermutlich auch herleiten, warum es signifikante Unterschiede zu den Isländern gibt.

Denn die verschiedenen Einflüsse lassen sich auf dem Platz erkennen, im Gegensatz zum altbackenen Stil Islands, der stark von der englischen Premier League von vor 20 Jahren geprägt schien.

Mit Lukas Hradecky (Bayer Leverkusen), Joel Pohjanpalo (Union Berlin), Fredrik Jensen (FC Augsburg) und dem Ex-Schalker Teemu Pukki bringen einige Akteure den sachlichen deutschen Stil in das Team. Defensiv-Anker Glen Kamara (Glasgow Rangers) hat seine Wurzeln in Sierra Leone und wurde unter anderem beim FC Arsenal ausgebildet, um nun in Schottland gegen die Eisenbieger anzutreten.

Spielmacher Onni Valakari (Pafos), Kapitän Tim Sparv (Larisa) und Abwehrmann Arajuuri (Pafos) tragen die Sonne Zyperns und Griechenlands in die Mannschaft, während Lassi Lappalainen (Montréal) und das Duo Robin Lod und Jukka Raitala (beide Minnesota) die Überzeugung der Nordamerikaner verinnerlichten.

Vor Hradecky wird man wohl mit einer Dreierkette aus O'Shaughnessy, Robert Ivanov (Posen) und Sauli Väisänen (Chievo) planen. Auch Bruder Leo Väisänen (Elfsborg), Arajuuri oder Joona Toivio (Häcken) stehen bereit - qualitativ ist man in der Abwehr gleichmäßig, jedoch auch am schwächsten besetzt.

Im Mittelfeld werden die Hoffnungen auf Abräumer Kamara, Spielgestalter Valakari und Tim Sparv ruhen. Auf den Außenbahnen bewarben sich zuletzt Jere Uronen (Genk) und Nikolai Alho um um die Plätze.

Erste Alternativen für das variable Mittelfeld der Finnen sind Robert Taylor (SK Brann) und Joni Kauko (Esbjerg). Im Angriff werden Pukki und Pohjanpalo gesetzt sein - Marcus Forss (Brentford) lauert jedoch. Will Trainer Markku Kanerva nur mit einer Spitze spielen, dann könnten auch die Außen Lappalainen oder Pyry Soiri (Esbjerg) eine Chance erhalten.

Generell wird den Finnen entgegenkommen, dass Belgien und Dänemark auf eigenen Ballbesitz setzen werden. Gegen Russland könnte ein unansehnliches 0:0 reichen - auch wenn die Chancen auf ein Weiterkommen gering sind.

Die mögliche Aufstellung der Finnen:


Der Schlüsselspieler - Teemu Pukki

Teemu Pukki
Teemu Pukki hat beinahe Kult-Status / MB Media/Getty Images

Nach seiner Zeit auf Schalke landete der Torjäger über Bröndby und Celtic bei Norwich City, wo er mit mittlerweile 31 Jahren ordentlich abliefert. In der abgelaufenen Saison der Championship erzielte der einstig als Chancentod bezeichnete Stürmer 26 Buden in 41 Partien - stark!

Für sein Land sammelte Pukki in 90 Spielen 30 Tore - mehr hat kein Finne auf dem Konto. Mit unbändigem Einsatz und eiskaltem Riecher spielte er sich auch in die Herzen der Norwich-Fans, bei der Euro 2020 wird er der Antreiber und emotionale Anker der finnischen Underdogs sein.


Der Aufstrebende - Onni Valakari

Onni Valakari
Onni Valakari hat Gefühl im Fuß / JONATHAN NACKSTRAND/Getty Images

Der 21-Jährige wil die Euro 2020 nutzen, um sich bei größeren Klubs zu empfehlen. Über das norwegische Tromsö landete er im Januar 2020 auf Zypern, wo er bis heute beim Pafos FC unter Vertrag steht. Der in Schottland geborene Valakari gab sein Debüt für die finnische Nationalmannschaft erst im November 2020, nachdem er in der U21 auf sich aufmerksam machte.

Bislang kommt er erst auf fünf Länderspiele, doch alle waren gut anzusehen. Bekommt der Spielgestalter mit dem feinen Füßchen das Vertrauen von Coach Kanerva, dann wird er nach der Euro 2020 nicht mehr auf Zypern die Sonne genießen.


Die Termine der Finnen in der Vorrunde:

Samstag, 12.06.2021, 18:00 Uhr: Dänemark - Finnland (Kopenhagen)

Mittwoch, 16.06.2021, 15:00 Uhr: Finnland - Russland (St. Petersburg)

Montag. 21.06.2021, 21:00 Uhr: Finnland - Belgien (St. Petersburg)