Fingerspitzengefühl statt Hammer: Stadion-Konzepte ermöglichen trotz Corona Sicherheit

Der FC Bayern spielt seit dem Restart der Bundesliga 'zu Hause' ohne Publikum
Der FC Bayern spielt seit dem Restart der Bundesliga 'zu Hause' ohne Publikum / DeFodi Images/Getty Images
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Während die Fallzahlen in der Corona-Pandemie auch in Deutschland rasch zunehmen, werden gefühlt täglich neue Maßnahmen und Einschränkungen beschlossen. Davon sind natürlich auch die Fußballvereine betroffen, deren teilweise Fan-Zulassung in die Stadien immer mehr unter Druck zu geraten scheint. Dabei sollte aber mit viel mehr Fingerspitzengefühl agiert werden, als direkt mit dem Hammer. Ein Kommentar.

Immer mehr Menschen stecken sich mit dem Coronavirus an, immer mehr Menschen liegen in Krankenhäusern oder gar in Intensivbetten. Zum Glück, auch das muss man sich in diesen Krisen-Zeiten immer wieder vor Augen führen, führt diese Erkrankung für den bedeutenden Großteil der Infizierten zu keinen oder nur zu milden Beschwerden. Derzeit wird, den Entwicklungen entsprechend, um neue Maßnahmen und Einschränkungen gerungen.

Wenig verwunderlich ist es dementsprechend, dass sich die Bilder von Geisterspielen in der Bundesliga wieder mehren. 17 der Bundesliga-Klubs hatten das Glück, zumindest vor kleineren Mengen an Fans aufspielen zu können - die einen vor etwas mehr, die anderen vor weniger, während der FC Bayern nach wie vor keinen einzigen normalen Zuschauer in der Allianz-Arena begrüßen durfte. Die Zahlen an Zuschauern, die in den letzten Wochen in den Stadien waren, wird weiterhin abnehmen, so viel ist sicher. Und dennoch wäre es ratsam, mit einer guten Portion Fingerspitzengefühl und Vertrauen an die Pläne der stückweisen Zulassung zu gehen.

Um eines direkt vorweg klarzustellen: Das hier ist kein Plädoyer für Stadien, in denen immer und ausnahmslos mehrere Tausend Menschen sitzen müssen. Genauso wenig ist es eine der zurzeit doch häufig anzutreffenden moralisierenden Forderungen, sämtliche Fußball-Stadien gehörten für die Fans wieder geschlossen. Gerade in diesen Zeiten geht es doch darum, eine vernünftige Balance zu finden. Eine Balance, die sich zwischen Vorsicht und Respekt vor einem potenziell sehr gefährlichen Virus, aber auch zwischen mehr Mut, Vertrauen und Verantwortung bewegen sollte.

Geisterspiele in der Bundesliga nur in absoluten Ausnahmefällen: Hygienekonzepte gibt es nicht zum Spaß

Was heißt das also für die Zum-Teil-Geisterspiele? Es ist nicht sinnvoll und gut zu begründen, sollte es dazu kommen, dass rasante Schließungen und ein grundlegendes Ablehnen von erarbeiteten und abgenommenen Hygienekonzepten zur Tagesordnung werden. Von Maßnahmen, die nur um der neuen Maßnahmen willen verabschiedet werden, profitieren am Ende nur diejenigen, die die großen und absurd lächerlichen Verschwörungen wittern. Schließlich braucht es Verständnis und Akzeptanz für neue Einschränkungen, und das erreicht man mit logischen Schritten, nicht mit Aktionismus.

Das Beispiel Eintracht Frankfurt kann dieser Tage gut dafür herhalten. Am Samstag steht das Heimspiel gegen die Gäste Werder Bremen an, der Klub hoffte dementsprechend, wieder einige Fans zulassen zu können - wie es an den Spieltagen eins (6.500 Zuschauer) und drei (8.000) Zuschauer bereits der Fall war. Aufgrund der aktuellen Dynamik gebe es aus der Politik jedoch Signale, "dass das Spiel vor leeren Rängen wird stattfinden müssen", wie SGE-Vorstandsmitglied Axel Hellmann zuletzt erklärte.

Dieser machte auf der Homepage der Frankfurter seinem Unmut über diese rigorose Maßnahme Luft. Ein Ausnahmeantrag, der trotz der weiteren Einschränkungen innerhalb der Stadtpolitik durch ein akzeptiertes und bewährtes Hygienekonzept möglich wäre, steht sogar in der Schwebe.

Dank Konzept und Absprache mit dem Gesundheitsamt konnte Frankfurt bislang ein paar Fans ins Stadion lassen
Dank Konzept und Absprache mit dem Gesundheitsamt konnte Frankfurt bislang ein paar Fans ins Stadion lassen / TF-Images/Getty Images

Einen Grund dafür sah er nicht: "Politik und Verwaltung haben dies ausdrücklich bestätigt und insbesondere das Gesundheitsamt ist davon überzeugt, dass von dem Besuch eines Heimspiels von Eintracht Frankfurt aufgrund eben dieses Hygienekonzepts keine über das gewöhnliche Alltagsrisiko hinausgehende Infektionsgefahr ausgeht - vielmehr ist das Gegenteil der Fall." Zudem betonte er, dass eben solche Konzepte und Regeln doch speziell für die aktuelle Lage entwickelt worden sein, sie nun aber keinen Anklang mehr finden könnten.

Und tatsächlich bestätigt die Praxis ja bislang auch die vorherrschende Theorie, dass eine Ansteckungsgefahr im Stadion - anhand der gegebenen Maßnahmen - sehr gering ist. Sogar geringer, als es im gewöhnlichen und schon reduzierten Alltag der Fall ist, wie Hellmann zu betonen wusste. Bis dato ist nichts von Infektionen zu hören, die (sicher) auf den vermeintlichen Brandherd Fußballstadion zurückzuführen sind - das gleiche Bild in Frankfurt.

Bedeutung einer Aktivität nicht als wahrer Gradmesser: Wenige Zuschauer im Stadion sind kein Risiko

Sollte es aktuell nicht gezielt darum gehen, Veranstaltungen und Aktivitäten danach zu beurteilen, wie potenziell gefährdend sie (objektiv) sind und nicht danach, wie bedeutsam (subjektiv) sie in diesen Wochen sein mögen? Was ebenfalls oftmals vergessen wird: Nicht das Erlauben von gewöhnlicherweise völlig normalen Aktivitäten muss begründet werden, sondern das Einschränken dieser Dinge. Ist das in einem objektiven Rahmen wie der Beurteilung nach etwaiger Gefährdung nicht (in dem Maße) gegeben, so sollten die Verbote oder Maßnahmen auch nicht so hart und ohne Kompromisse angegangen werden.

Gleichzeitig, und auch das gilt es an dieser Stelle nochmal zu betonen, darf es selbstverständlich nicht dazu kommen, dass Stadien nur aus dem Grund geöffnet werden, weil man den eigenen Fans ein möglichst normales Erlebnis bieten will. Ein Vorgehen, das auf Teufel komm raus in derzeit schlicht nicht angemessenem Umfang ausgeführt werden soll, verkleinert nur das Ansehen derjenigen, die sich um eine sorgfältige Durchführung bemühen. Union Berlin beispielsweise hat mit dem einen oder anderen Vorpreschen für ein schlechtes Bild des Profifußballs gesorgt - auch so soll es nicht sein.

Union Berlin erntet Kritik: Für Pläne und das zu volle Stadion
Union Berlin erntet Kritik: Für Pläne und das zu volle Stadion / Maja Hitij/Getty Images

Das Ziel sollte also sein, einen Mittelweg zu gehen, der auf Vorsicht beruht, aber auch den erarbeiteten und abgenommenen Konzepten innerhalb der Arenen vertraut. Natürlich gibt es derzeit wichtigere Dinge, als das teilweise Befüllen von Fußballstadien. Wenn es alleine nach diesem Maßstab geht, sitzen wir alle aber nur noch auf Arbeit und zu Hause und auch das ist trotz Pandemie-Zeiten schlichtweg nicht möglich und nur als absoluter Ausnahmezustand zu begreifen.

An diesem, wie an anderen Aspekten sollte dementsprechend nicht nur die Bedeutung, sondern auch vermehrt die tatsächliche Gefahr ins Blickfeld rücken - und die ist in den Stadien so klein, dass es auch ganz aktuell möglich sein sollte, zumindest einen kleinen Teil an Fans vor Ort zusehen zu lassen.