Finanzexperte über Werders Schieflage: Ohne Kredit steht der SVW vor der Insolvenz

Werder droht der Ernstfall
Werder droht der Ernstfall / Martin Rose/Getty Images
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Seit Jahren kämpft Werder Bremen um den Anschluss zu den finanzstarken Klubs in der Bundesliga. Auf dem Weg der Besserung stürzte die Coronapandemie die Norddeutschen aber in eine neue Finanzkrise. Ein Experte geht im Ernstfall vom Schlimmsten aus.

Nur wenige Branchen kommen in Deutschland ohne herbe Verluste durch die Coronakrise. Zu den Verlierern zählt auch der Profifußball, der unter anderem auf Zuschauereinnahmen oder Sponsorengelder verzichten muss. Den SV Werder Bremen traf es in den vergangenen Monaten besonders schwer.

Finanzexperte und Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel analysiert die Pandemie sehr genau. Dazu ist der Dozent der Bremen Universität zudem Werder-Fan und gab im Interview mit der Bild Aufschluss über die derzeitige Lage bei den Grün-Weißen. "Die Lage für Werder ist absolut ernst", so der 78-Jährige.

Werder ist dringend auf Unterstützung angewiesen

Unter dem Strich ist klar, dass Werder die Krise alleine nicht bewältigen kann. "Bereits der BWS drohte zum Jahresende Zahlungsunfähigkeit, hätte es keine finanzielle Hilfe für die Stadiongesellschaft gegeben. Wenn es darüber hinaus keinen Kredit gibt oder kein image-besessener Investor einspringt, wonach es nicht aussieht, ist Werder bei anhaltender Pandemie am Ende zahlungsunfähig und steht vor der Insolvenz.“

Die Verantwortlichen müssen also auf einen schlagartige Besserung der Situation, oder eben auf einem Geldgeber hoffen. Neben dem Fußball könnte auch die Region um Bremen einen herben Verlust erleiden. "Nach einer Schätzung von 'Nielsen Sports' würden pro Saison ungefähr 300 Millionen Euro direkt und indirekt an Wertschöpfung, bisher durch den SVW erzeugt, verloren gehen."

Die ganze Stadt steht unter dem Einfluss der Grün-Weißen
Die ganze Stadt steht unter dem Einfluss der Grün-Weißen / Martin Rose/Getty Images

Vor allem durch die Gastronomie und Hotelbranche ist die Stadt enorm abhängig von der Existenz der Werderaner. "Hinzu kommt der Ausfall des weltweiten Imageträgers SVW für Bremen. Die Stadt hat bisher immer massiv von Werder profitiert. Es wäre ein sehr großer Verlust.“

Die KfW-Bank sicherte dem SVW einen Kredit zu. Auf die Zahlung wartet der Klub aber schon länger; unverständlich für Hickel. "Werder hat sich geschäftsmäßig nach schwierigen Jahren gut entwickelt. In der letzten Bilanz 2018/19 gab es sogar einen Gewinn von 3,5 Mio. Euro. Deshalb muss der Klub behandelt werden wie jedes andere Unternehmen auch. Werder ist unverschuldet in die Krise gerutscht. Wenn die Lufthansa zu Recht 9 Milliarden Euro Staatshilfe bekommt, dann kann man nicht sagen, der durch Corona infizierte Profifußball in Bremen bekommt nichts.“

Muss Werder auf einen Investor zurückgreifen?

In den vergangenen Jahren spielten Großinvestoren bei Fußballklubs eine immer größere Rolle. Die Vereinsphilosophie und die Vergangenheit bei den Bremern zeigt allerdings, dass eine solche Lösung kaum vorstellbar ist. Hickel erwägt aber auch diese Option. "Eine Bremer Investorengruppe für Werder, möglicherweise ergänzt durch Crowdfunding im Sinne der Schwarmfinanzierung durch viele kleine 'Spender'."

Frank Baumann muss entscheiden, wie sinnvoll ein Investor wäre
Frank Baumann muss entscheiden, wie sinnvoll ein Investor wäre / Martin Rose/Getty Images

Eine Gruppe, die stark vom sportlichen Geschehen abgetrennt ist, müsste zumindest in Erwägung gezogen werden. Vor allem die lokalen Unternehmen könnten nun in die Verantwortung treten. Genau dieses Konzept ist allerdings unwahrscheinlich.

Ohne die erhofften Zuschauereinnahmen und den "hochsensiblen" Bereich der Transferplanung, wird Werder weiterhin Probleme bekommen. Einen Kredit müsste Werder vermutlich über die nächsten 30 Jahre abbezahlen. Dennoch muss es weitergehen und auch an die Zukunft gedacht werden, was zum Beispiel den Ausbau der Nachwuchsabteilung betrifft. "Jetzt alles abzubrechen und nur zu schauen, dass man einigermaßen überlebt, wäre ganz schlecht für die Zukunft. Die Nachwuchsförderung wieder voranzubringen, ist genau richtig", wie Hickel abschließend feststellt.