Krisensitzung bei Barça - und Koeman zeigt auf die Mediziner

Krisensitzung nach neuerlichem Bayern-Debakel: Joan Laporta (re.), Mateu Alemany (Mi.) und Rafael Yuste trafen sich gestern nach dem Spiel
Krisensitzung nach neuerlichem Bayern-Debakel: Joan Laporta (re.), Mateu Alemany (Mi.) und Rafael Yuste trafen sich gestern nach dem Spiel / Quality Sport Images/Getty Images
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Wenn sich der Präsident eines Fußballklubs nach einer Niederlage mit seinem Vize und seinem Direktor Fußball zu einer improvisierten Besprechung trifft, bedeutet das in der Regel nichts Gutes für den Trainer. Genau dies ist gestern Nacht im Nou Camp zu Barcelona passiert.


Es war kurz vor elf Uhr abends, als der FC Barcelona und seine Führungsriege sich eingestehen mussten, aktuell nur noch biederen Durchschnitt in Europa darzustellen. Zu offensichtlich war die Dominanz des FC Bayern München im gestrigen Aufgalopp der Königsklasse.

Ohne mit den anwesenden Medienvertretern auch nur ein Wort zu wechseln, verließ Klub-Boss Joan Laporta einige Minuten später seinen Platz in der Präsidentenloge und verschwand im Inneren des Stadions.

Dreistündiges Treffen der Führungsriege

Wo er sich laut Sport-Angaben bis zwei Uhr morgens, also insgesamt drei Stunden, mit seinen engsten Vertrauten (Vize Rafa Yuste und Direktor Fußball Mateu Alemany) über die aktuelle Lage des tief gefallenen Klubs besprach.

Einzelheiten des Meetings sind bislang noch keine durchgesickert - doch über ihren nächsten Winterurlaub werden sich die Herren sicherlich nicht ausgetauscht haben.

Vielmehr steht Trainer Ronald Koeman angezählter denn je da. Auch durchaus selbst verschuldet, denn für die gestrige Abkehr vom traditionellen 4-3-3-System (hin zu einem 3-5-2, mit dem sich die Mannschaft ganz offensichtlich schwer tut) hat der Holländer bislang noch keine schlüssige Erklärung geben können.

Wenn der Plan hinter der taktischen Ausrichtung war, eine höhere defensive Stabilität zu erlangen, muss man diesen angesichts der Performance gegen den deutschen Meister als gescheitert ansehen. Einzig und allein Marc-André ter Stegen war es nämlich zu verdanken, dass die Niederlage nicht die Züge des Lissaboner Desasters vor etwas mehr als Jahresfrist annahm.

Koeman seit Längerem unzufrieden mit der medizinischen Abteilung

Parallel zu der beunruhigenden sportlichen Dynamik wird der Trainer wiederum nicht müde, die medizinische Abteilung des Klubs zumindest als Teilschuldigen in die Verantwortung zu nehmen. Und tatsächlich lässt sich ein gewisses Mitverschulden der Mediziner und Therapeuten kaum noch von der Hand weisen.

Letztes Beispiel: Martin Braithwaite. Der Däne trainierte am Samstag noch normal mit seinen Kollegen - um nur 24 Stunden von den Ärzten als ein Fall für den OP-Tisch erklärt zu werden. Ohne große Einblicke in die konkreten Arbeitsabläufe des Klubs oder auf medizinischer Ebene zu haben - etwas merkwürdig mutet so etwas schon an.

Martin Braithwaite
Am Samstag noch im Training, am Sonntag unterm Messer: Martin Braithwaite / Quality Sport Images/Getty Images

Wenn jemand solcherart verletzt ist, um operativ behandelt werden zu müssen, ist es kaum zu erklären, warum er noch wenige Stunden zuvor körperlich belastet wird.

Doch der Fall Braithwaite ist nur das vorläufige Ende einer seit Längerem zu beobachtenden Dynamik beim FC Barcelona. Beispiele? Ansu Fati und Philippe Coutinho.

Beiden wurde von der medizinischen Abteilung zunächst eine Genesungszeit von etwa vier Monaten prognostiziert - es wurden am Ende deren zehn!

Als einer der Hauptverantwortlichen für die offensichtlichen Probleme des Klubs bezüglich seiner medizinisch-therapeutischen Betreuung wurde intern der Chef-Physio Juanjo Brau ausgemacht.

Der bestimmt über ein Team von insgesamt sieben Physiotherapeuten, soll sich aber, einem Bericht der as zufolge, schwer damit tun, Verantwortungen innerhalb der Gruppe zu delegieren.

Barça wollte Physio der Guardiola-Zeit zurückholen

Tatsächlich ist sich die Führungsriege bei Barça, nicht zuletzt aufgrund der ständigen Mahnungen von Ronald Koeman, des Problems auch durchaus bewusst - und soll in diesem Sommer bereits versucht haben, David Álvarez zurückzuholen.

Der aktuelle Chef-Physio von Betis Sevilla stand bereits einmal in Diensten der Azulgrana. Und zwar just in der erfolgreichsten Epoche des Vereins. Als nämlich unter Cheftrainer Pep Guardiola das Sextuple geholt werden konnte.

Um Alvarez von einer Rückkehr ins Nou Camp zu überzeugen, soll sogar eigens der Chef der medizinischen Abteilung, Ramón Canal, in die andalusische Hauptstadt gereist sein. Ohne Erfolg.

David Alvarez knetet weiterhin die Beine der Betis-Spieler, während beim FC Barcelona sowohl die Alarmglockenschläge als auch die Forderungen des Trainers nach einer kompetenten medizinischen Abteilung immer lauter werden.

Das Jahr eins nach Messi beginnt für den spanischen Traditionsklub, nicht ganz unerwartet, schwierig. Ob es noch viel schlimmer endet, werden die kommenden Monate zeigen.