Ex-Barça-Präsident Joan Gaspart: Der Ultra in Nadelstreifen prophezeit Triple-Sieg unter Xavi
Von Guido Müller
Joan Gaspart (77), früherer Spitzenfunktionär des FC Barcelona (als Vize und als Präsident), hat mal wieder seine Fan-Seele raushängen lassen und gegenüber El Confidencial prognostiziert, dass der designierte Cheftrainer der Azulgrana, Xavi Hernández, noch in dieser Saison Liga, Pokal und Champions League gewinnen wird.
Die jüngeren Leser werden jetzt wohl einen Lachanfall bekommen. Ihnen sei aber gesagt: der Mann meint es ernst.
Tatsächlich zieht sich Gasparts bisweilen überbordender Optimismus wie ein roter Faden durch seine Funktionärszeit beim katalanischen Giganten. Der Hotelunternehmer (führt die Kette HUSA) wurde im Jahr 1978 Vize-Präsident des Klubs - und blieb in dieser Funktion (unter dem Präsidenten Josep Lluís Núñez ) 22 Jahre (!) lang.
Doch der anschließende Sprung auf den Chefsessel, den Núñez im Sommer 2000 freigemacht hatte, war dann wohl etwas zu groß für ihn. Er sollte nur drei Jahre im Amt weilen. Bis heute hält sich rund um den Klub das geflügelte Wort, Gaspart sei der beste Vize-Präsident von Barça gewesen, aber auch der schlechteste Präsident.
"Der schlechteste Präsident des Klubs aller Zeiten bin ich!"
Letzteres "bestätigte" Gaspart sogar höchstselbst, als er in einem im November letzten Jahres gegenüber der Tageszeit El Mundo gewährten Interview dem angeschlagenen Josep Bartomeu zur Seite sprang und sagte: "Der schlechteste Präsident des Klubs aller Zeiten bin ich."
Gemünzt ist diese selbstzerstörerisch anmutende Einschätzung vor allem auf den aufsehenerregenden Verkauf Luis Figos an Real Madrid im Sommer 2000. Unter der Präsidentschaft von Joan Gaspart.
Zwar vergisst Gaspart auch nicht, jedes Mal, wenn dieser Transfer angesprochen wird, Figo einen "Verräter" zu nennen - nimmt aber dennoch die Verantwortung für diesen Transfer-Coup des Erzrivalen auf seine Kappe.
Gaspart sah sich selbst als Ultra - und handelte auch so
Gaspart lebte Barça in einer Form wie nur wenige vor und noch weniger nach ihm. Einem Journalisten sagte er einmal, er sehe sich als einen echten Fan, als "boig noi".
Um die Tragweite dieser Selbstbeschreibung zu verstehen, muss man wissen, dass die Fangruppe der "boixos nois" (etwa: "verrückte Jungs") zu den radikalsten des Klubs zählt und als eine der gefährlichsten Ultra-Gruppierungen in ganz Spanien gilt. Gewalt und Randale sind in ihrem Umfeld keine Seltenheit.
Solchen Worten ließ Gaspart auch regelmäßig Taten folgen. Zwar verbaler und nicht physischer Art - aber dies in einem so extremen Maße, dass sich mitunter selbst die eigenen Fans von ihm distanzierten.
Ziel seiner periodischen Invektiven war natürlich meist der weiße Erzrivale aus Madrid. Immerhin müssen in Barcelona und Madrid je zwei Sportzeitschriften gefüllt werden. Und zwar täglich. Von Gaspart jedenfalls bekam die schreibende Zunft immer genau das an Polemik, was sie brauchte.
Hinter den Kulissen pflegte Gaspart Freundschaft zu Real-Boss Mendoza
Dass dies hinter den Kulissen durchaus auch mit freundschaftlichen Banden zu den Amtskollegen von der Avenida de Concha Espina vereinbar war, bestätigt seine langjährige Freundschaft mit dem früheren Real-Präsidenten Ramón Mendoza.
Gemeinsam fuhren die beiden sogar in den Urlaub. Gaspart erinnert sich mit einem Augenzwinkern: "Ich hasste Real, er hasste Barça. Aber in den Ferien fuhren wir manchmal gemeinsam nach Sardinien, und er lud mich zu sich auf seine Yacht ein. Einmal sagte ich bei einer dieser Gelegenheiten zu ihm: 'Ramón, hast du noch nicht die Zeitung gelesen? Da habe ich ganz schön gegen dich ausgekeilt.' So war der Fußball damals." (via sport.es)
Doch auch heute lebt der Fußball, abseits der weiterhin auf dem Platz liegenden Wahrheiten dieses Sports, von Emotionen. Und von knackigen Aussagen. So wie die jüngsten von Gaspart bezüglich der wohl demnächst anbrechenden Ära des Cheftrainers Xavi Hernández. Gegenüber El Confidencial bedauerte Gaspart zunächst jedoch die Entlassung von Ronald Koeman.
"Ob es uns gefällt oder nicht - so funktioniert der Fußball nun mal. Es ist einfacher, den Trainer zu feuern als die gesamte Mannschaft. Ronald ist ein großer Barça-Fan, und es tut mir im Herzen weh, weil ich sein Freund bin und ihn sehr schätze. Wenn man ihm mehr Zeit gegeben hätte, hätte er hier einen guten Job gemacht." (via as.com)
Doch dazu wird es nicht mehr kommen. Seit Donnerstag befehligt einer von Gasparts Ex-Spielern, Sergi Barjuán, die Mannschaft interimsweise. Als Platzhalter für Xavi Hernández, der so bald wie möglich als neuer Cheftrainer präsentiert werden soll.
Und für Gaspart ist Xavi ganz offensichtlich so etwas wie ein Heilsbringer für den Klub, dem alles zuzutrauen ist. "Barcelona wird die Champions League gewinnen, die Liga, weil noch viel Saison vor uns liegt, und den Pokal, der ja noch gar nicht begonnen hat."
Optimismus vor Realitätssinn. Das ist im Fußball ja auch nichts Neues. Seine vorherigen Worte etwas einschränkend, fügte Gaspart noch hinzu: "Man kann sich natürlich auch täuschen. Aber ohne Optimismus wäre das Leben unglückselig. Abgesehen davon, habe ich im Fußball schon schwierigere Dinge gesehen."
Der eingefleischteste boi noi hätte nicht optimistischer klingen können.