Die Wahrheit liegt in der Luft: Das Surinam-Gate um FIFA-Präsident Infantino

ISAAC KASAMANI/Getty Images
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FIFA-Präsident Gianni Infantino sieht sich neuen Vorwürfen ausgesetzt, sein Amt für persönliche Vorteile missbraucht zu haben. Im Jahr 2017 soll Infantino einen teuren Privat-Jet-Flug mit einem wichtigen Treffen gerechtfertigt haben, das jedoch nie stattfand.

Das Treffen, um das es sich handelt, soll damals mit UEFA-Boss Aleksander Ceferin stattgefunden haben. Wie die Süddeutsche Zeitung erfuhr, kam ein solches Treffen wohl nie zustande. Sollte dies tatsächlich der Fall gewesen sein, würde es sich beim erneuten Skandal um den Präsidenten nicht nur um eine Verkettung unglücklicher Zufälle handeln, sondern um glatten Betrug.

Gianni Infantino: Privat-Jet für persönliche Annehmlichkeiten?

Aber der Reihe nach. Im April 2017, als sich eine Reise Infantinos durch Lateinamerika allmählich dem Ende entgegen neigte, schlug der Nachfolger des ebenfalls über etwaige Korruptionsfälle gestolperten Sepp Blatter schließlich auch noch in Surinam, dem kleinsten Land Südamerikas, seine Zelte auf. Termine in der Hauptstadt Paramaribo standen auf der Tagesordnung.

In Erklärungsnot: Gianni Infantino sieht sich mit Vorwürfen des Amtsmissbrauchs konfrontiert
In Erklärungsnot: Gianni Infantino sieht sich mit Vorwürfen des Amtsmissbrauchs konfrontiert / ATTILA KISBENEDEK/Getty Images

Bis dahin war noch alles planmäßig verlaufen, deckte sich mit den Richtlinien der FIFA, die es bei einer solchen Reise zu beachten gilt. Doch nachdem der obligatorische Besuch des Staatschef Desi Bouterse beendet, und man auch beim Verband SVB vorstellig geworden war, durfte sich Infantinos Chef-Assistent Matthias Grafström mit der Frage beschäftigen, wie man den bescheiden daherkommenden, und nicht wirklich in das zumindest nach Außen transportierte Bild des glanzvollen FIFA-Weltfußballverbandes passen wollenden Atlantikstaat, so schnell und so angenehm wieder verlassen könnte.

Die Antwort auf die Frage war der Rückflug in einem Privat-Jet, dessen Kosten sich auf eine Summe im sechstelligen Bereich belaufen. Das beweist ein der SZ vorliegender interner E-Mail-Verkehr. Die bereits gebuchten Linienflüge wurden mit der Begründung, diese seien um 24 Stunden verschoben worden, sausen gelassen, um den Termin mit UEFA-Chef Ceferin am folgenden Tag noch einhalten zu können. Hier wird es brenzlig.

Termin mit Uefa-Boss hat nie stattgefunden

Denn den beim Chef der Audit & Compliance-Chef Tomaz Vesel, der für die Kontrolle und Bestätigung solcher Vorfälle zuständig ist, angegeben Termin mit Ceferin hat es nie gegeben. Vesel schien dennoch überzeugt zu sein und winkte den Privat-Jet durch. Kurios: Sollten Infantino und seine Bagage bewusst gelogen haben, taten sie dies nicht einmal gründlich. Denn: Aleksander Ceferin war zur Zeit des angegebenen Treffens, das für Nyon in der Schweiz angesetzt gewesen sein soll, nicht einmal vor Ort. Der Slowene weilte längst in Armenien, mit ähnlichen Terminen wie die, denen Infantino Tags zuvor noch selbst in Surinam nachgegangen war: Treffen mit dem Staatschef und dem geistlichen Oberhaupt des Landes inklusive.

Fraglich ist derzeit noch, welches Motiv hinter der offensichtlichen Täuschung steckt und inwieweit Compliance-Chef Tomaz Vesel mit in die Machenschaften involviert (gewesen) ist. Dieser will sich zu den Vorwürfen jedoch nicht konkret äußern und hält daran fest, alle Vorgänge wären rechtmäßig gewesen.

Klar ist allerdings bereits jetzt: Der FIFA droht eine neue Welle von Untersuchungen. Sollten sich die Vermutungen bestätigen, müsste wohl auch über ein Enthebungsverfahren für Infantino nachgedacht werden, um einen noch größeren Schaden für die Institution FIFA zu verhindern.