Die Abschaffung der B-Juniorinnen-Bundesliga: Ersatzprogramm, Gründe und Reaktionen

Die bis dato bestehende dreigleisige B-Juniorinnen-Bundesliga wird abgeschafft. Nach einer Reform sollen die Nachwuchsfußballerinnen ab der Saison 2024/25 in regionalen Ligen mit Jungs spielen.

Die Schale zur Meisterschaft der B-Juniorinnen Bundesliga wird so in Zukunft nicht mehr vergeben werden.
Die Schale zur Meisterschaft der B-Juniorinnen Bundesliga wird so in Zukunft nicht mehr vergeben werden. / Christof Koepsel/GettyImages
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Ab der kommenden Saison ist für die Spielerinnen der B-Juniorinnen-Bundesliga nichts so wie es mal war: Ihre Liga wird umstrukturiert beziehungsweise in der bisher bestehenden Form abgeschafft und durch neue Wettbewerbe und Systeme abgelöst.

Ein "gemischtgeschlechtlich regionaler Spielbetrieb"

Unter dem "Projekt Zukunft" des DFB wird der neue Spielbetrieb für die jugendlichen Talente wie folgt aussehen: Die Teams können an einem "gemischtgeschlechtlichen regionalen Spielbetrieb" teilnehmen. Das bedeutet konkret, dass die B-Juniorinnen ab sofort in einer Jungs-Liga spielen werden, die dem Leistungsniveau der Mädchen entspreche - wie beispielsweise in der U15-Landesliga. Die regionalen Ligen der Juniorinnen (Regionalliga West, Regionalliga Südwest, Oberliga BaWü, Hessenliga und Bayernliga) lösen die Bundesliga als höchste Juniorinnen-Spielklasse ab. Vereine können entschieden, ob sie in den Junioren- oder Seniorenspielbetrieb wechseln wollen.

Ulrike Ballweg, Sportliche Leiterin Talentförderung Frauen & Mädchen, sieht darin klare Vorteile: "Die Spielerinnen werden sich dadurch besser und schneller entwickeln, auch wenn der Wettbewerbsgedanke dann in gewisser Art weg ist". Doch im Juniorinnen-Fußball sollen laut Ballweg Ergebnisse nicht die "oberste Priorität" haben. Es sei viel wichtiger, die "Ausbildung und Entwicklung der talentierten Spielerinnen" zu fördern. Der FC Bayern München kündigte bereits an, dass ihre U17 in einer Juniorenliga antreten wird.

Einführung eines DFB Pokals der B-Juniorinnen

Um den Spielerinnen dennoch einen überregionalen Vergleich auf höchstem Niveau zu bieten, führt der DFB den Pokalwettbewerb für die B-Juniorinnen ein. Teilnahmeberechtigt sind dabei die 30 Vereine der B-Juniorinnen-Bundesliga 2023/24, 21 von den Landesverbänden gemeldete Teams (wobei jeder Landesverband nur eine Mannschaft melden darf) sowie die Regionalliga-Meister 2023/24. Das System sieht fünf Pokalrunden (ohne Rückspiele) mit einem Finale vor. Die besten U17-Bundesliga-Teams aus der aktuellen Saison überspringen die 1. Runde und steigen ab der 2. Runde dann in den Wettbewerb ein. Die jeweiligen Runden werden wie gewohnt ausgelost, einzige Besonderheit ergibt sich hierbei in den ersten zwei Runden: "Um in den ersten beiden Runden regionale Paarungen zu gewährleisten, werden die Teilnehmer für die Auslosung dieser Runden in zwei regionale Gruppen eingeteilt".

Bayern München - VfL Wolfsburg - Women's DFB Cup Semi Final
Die B-Juniorinnen spielen zukünftig auch um eine DFB-Pokal. / Sebastian Widmann/GettyImages

DIE FLZWs - Förder- und Leistungszentren weiblich

Ein weiterer Teil der Umstrukturierung ist der Aufbau sogenannter "Förder-und Leistungszentren weiblich". Ziel ist es, die Qualitätsstandards der Talentförderung zu optimieren, um Talente bestmöglich auf den Leistungssport vorzubereiten. Der DFB startete die erste Pilotphase der FLZWs. Hierfür wurden Ende 2023 die TSG Hoffenheim, FC Carl Zeiss Jena, SGS Essen, SpVgg Greuther Fürth und Eimsbütteler TV als Pilotclubs ausgewählt. Der DFB wolle die Vereine begleiten und "Entwicklungspotentiale herausarbeiten". Zudem sollen Talente individuell gefördert werden. Die Leistungszentren könnten dann im Laufe der Saison 2024/25 im finalen Schritt zertifiziert werden.

DFB Vizepräsidentin Sabine Mammitzsch hat das Ziel klar im Blick: "Für uns steht die Entwicklung der Spielerinnen im Vordergrund. Durch die Einführung der Förder- und Leistungszentren weiblich werden wir den nächsten Schritt gehen und so die Umfeldbedingungen für die Spielerinnen professionalisieren".

Sabine Mammitzsch
Sabine Mammitzsch ist sich den positiven Auswirkungen sicher. / Christian Kaspar-Bartke/GettyImages

DFB nennt Gründe für die Umstrukturierung

Anlass für die Abschaffung der Juniorinnen-Bundesliga war eine im Jahr 2019 vom DFB-Ausschuss Frauen- und Mädchenfußball in Auftrag gegebene Evaluation. Ziel davon war es zu ermitteln, wie gut die Liga Spitzentalente entwickeln kann oder ob eine Reform von Nöten ist. Das Ergebnis dieser Untersuchung fiel ernüchternd aus: Die Liga sei "nicht optimal für die Ausbildung von Spitzentalenten", wie auf der Website des DFB nachzulesen ist. Spielerinnen würden Attribute erwerben, die sie "nur bedingt" auf das Spiel in einer Frauen-Liga vorbereiten. Besonders kleine Vereine würden ihre Talente zu wenig individuell ausbilden. Außerdem stünden "Aufwand und Ertrag oftmals nicht im gesunden Verhältnis", da Spielerinnen weite Anfahrten haben, obwohl sie dort nur "bedingt gefördert und gefordert werden".

Der damalige sportliche Leiter der Nationalmannschaften Joti Chatzialexiou äußert sich dazu wie folgt: "Unser Eindruck, dass Talente in der Juniorinnen-Bundesliga überwiegend Attribute erwerben, die sie nur bedingt für die höchste Frauen-Liga vorbereiten, deckt sich mit den Ergebnissen der Evaluation. Daher haben wir den Entschluss gefasst, zukünftig einen anderen Weg einzuschlagen". Auch für Ulrike Ballweg war dieser Schritt "absolut notwendig".

"90 bis 95 Prozent sehen die Abschaffung kritisch"

Doch längst nicht alle zeigen sich von der Umstrukturierung so überzeugt wie die Verantwortlichen des Deutschen Fußball-Bundes - so auch die SpvG Aurich. Der kleine Verein aus Ostfriesland spielt in der B-Juniorinnen-Bundesliga mit den ganz großen Namen mit, wurde vergangene Saison Vizemeister und hat auch dieses Jahr wieder die Chance auf den Gewinn der deutschen Meisterschaft. Für den Trainer der Nachwuchstalente aus Aurich, Stefan Wilts, ist die neue Reform eine "Katastrophe" und damit sei er nicht alleine: "Ich habe natürlich mit Trainerkollegen aus den Staffeln gesprochen und da ist die Meinung schon 90 bis 95 Prozent so, dass die Abschaffung sehr kritisch gesehen wird", erklärt der Trainer gegenüber der ARD.

Sophia Marie Schalke
Die Spvg Aurich greift in diesem Jahr ein letztes Mal an, um die Deutsche Meisterschaft zu gewinnen. / Christof Koepsel/GettyImages

Die Spielerinnen, die das Ganze am meisten betrifft, sehen die Reform kritisch: "Für uns war es immer etwas Besonderes, gegen so große Namen zu spielen. Jetzt ist es schade, dass wir gegen Teams spielen müssen, die man nicht kennt", sagt Lucy Minne, Torjägerin der SpvG Aurich.
Der DFB beschwichtigt diesen Unmut damit, dass die Landesverbände weiterhin Talentförderung und Sichtungen veranstalten werden, um einen Weg in die Leistungsspitze zu ermöglichen.

Gründung von U19-Ligen als Lösung?

Um den Mädchen den Übergang in den Frauenbereich zu erleichtern, rief der Westdeutsche Fußballverband (WDFV) für die kommende Saison eine U19-Juniorinnen-Liga ins Leben. Die NRW-Vereine wie Gütersloh, Bayer 04 Leverkusen, Köln, Mönchengladbach oder die SGS Essen schicken dabei jeweils ein Team für die Jahrgänge 2006 bis 2009 ins Rennen. "Wir waren uns alle schnell einig, dass die Schaffung einer U19-Liga unter dem Dach des WDFV die große Lücke zwischen dem Juniorinnenbereich und dem Frauenbereich schließen wird. Die U19-Liga wird jungen Talenten helfen, ihren Weg in den Frauenbereich erfolgreich zu meistern", ist sich Michael Horstkötter, Geschäftsführer des FSV Gütersloh, sicher. Es bleibt abzuwarten, ob andere Verbände diesem Beispiel folgen und eine U19-Liga einrichten.

Der DFB will in jedem Fall laut Ulrike Ballweg die getroffenen Maßnahmen "fortlaufend evaluieren und kontinuierlich Anpassungen vornehmen".