Der HSV und die ungeklärte(n) T-Frage(n)!

Hat sich auf der Torwartposition immer noch nicht festgelegt: HSV-Coach Daniel Thioune
Hat sich auf der Torwartposition immer noch nicht festgelegt: HSV-Coach Daniel Thioune / DeFodi Images/Getty Images
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Wenn es nach einem großen Teil der Fans gegangen wäre, würden wir jetzt über Julian Pollersbeck als neuer Nummer 1 beim HSV reden. Doch die Entscheidungen im Klub treffen natürlich immer noch die sportlich Verantwortlichen. Allen voran Chefcoach Daniel Thioune. Und der hat jetzt ein Machtwort gesprochen - und Pollersbeck zum dritten Torwart degradiert.

Nicht mal zur Nummer 2 also hat es gereicht. Vielmehr ist Pollersbeck durchgereicht worden. Aber das kennt er ja schon. Nach dem verpassten Aufstieg im Sommer 2019 schien sich vor allem an seiner Person die Kritik über das verfehlte Ziel zu entzünden. Mangelnde Professionalität, gepaart mit einem Hang zur Bequemlichkeit, wurde dem Schlussmann da unterschwellig (und bisweilen auch recht deutlich) vorgeworfen.

"Ich habe festgestellt, dass er vielleicht ein wenig HSV-müde ist."

Thioune über Pollersbeck, via NDR

Also verlor er seinen Stammplatz und ging als Nummer 3 in die abgelaufene Saison. In der er am Ende sogar wieder zum Helden hätte werden können. Denn der über die komplette letzte Spielzeit ebenfalls nicht außerhalb jeglicher Kritik stehende Konkurrent Daniel Heuer Fernandes wurde nach dem 28. Spieltag (und einer völlig unnötigen 2:3-Niederlage in Stuttgart) von Thiounes Vorgänger Dieter Hecking quasi zum Sündenbock gemacht - und musste danach wieder Pollersbeck den Vortritt lassen. Doch auch mit dem zwischenzeitlich in die Regionalliga-Mannschaft Verbannten fand die Mannschaft nicht mehr zurück in die Spur.

Gegenüber dem Hamburger Radiosender NDR 90,3 nannte Thioune nun die Gründe für seine Maßnahme. "Wir brauchen einen Spieler, der mit 100 Prozent beim HSV ist und sich dieser Aufgabe verschreibt. Aber ich habe festgestellt, dass er vielleicht ein wenig HSV-müde ist." Mit diesem Satz wollte Thioune wohl durch die Blume zu verstehen geben, dass sich Pollersbeck, entgegen eigener Aussagen, wohl doch mit einem Weggang aus Hamburg beschäftigt hat. Zumindest so intensiv, um in Augen seines Chefs als nicht voll der Aufgabe verschrieben zu gelten.

Thiounes Aussagen lassen die Fans weiterhin rätseln

Wer aber gedacht hat, dass es das nun gewesen sei und mit Daniel Heuer Fernandes eben wieder derselbe Stammtorhüter wie in knapp Dreivierteln der Vorsaison im Kasten der Hamburger stehen wird, hat sich vielleicht getäuscht. Denn ein zweiter Satz Thiounes lässt aufhorchen: "Es war die Entscheidung eher gegen Julian und noch nicht für einen der beiden."

Dies kann man auf zweierlei Arten interpretieren: dass sich, Möglichkeit 1, der Übungsleiter nur noch nicht final festgelegt hat, ob nun Daniel Heuer Fernandes oder Tom Mickel als Stammtorwart in die Saison gehen wird, sondern erstmal bezüglich des dritten Torwarts für Klarheit gesorgt hat. Oder aber, Möglichkeit 2, dass weder Heuer Fernandes noch Mickel in den langfristigen Plänen Thiounes eine Rolle spielen. Im Umkehrschluss würde das aber wiederum bedeuten, dass der HSV nochmal auf dem Transfermarkt aktiv wird - um sich die gewünschte Nummer 1 von außerhalb zu holen. In diesem Licht betrachtet, kommen einem die vor einigen Wochen aufgeploppten Gerüchte um Stefanos Kapino (Werder Bremen) und Kamil Grabara (FC Liverpool) wieder in den Sinn.

Die Strategie könnte dabei sein, Pollersbeck quasi zu einem Weggang zu "zwingen" (wer bleibt schon gerne in einem Klub, der ihm keine Perspektiven mehr bietet?), mit dem Erlös (um die eine Million Euro) plus dem für Transfers vorhandenen (und bislang nicht angetasteten) Budget eine neue Nummer 1 zu holen - und diese dann Heuer Fernandes und Mickel vor die Nase zu setzen. Dagegen spricht aber die bis zum Pflichtspielauftakt (für den HSV der kommende Montag) sehr knapp bemessene Zeit. Denn auch ein Torwart muss sich erstmal einleben und sich auf seine neuen Vorderleute einstellen.

Wahrscheinlichstes Szenario: Heuer Fernandes kehrt als Nummer 1 zurück in den Kasten

Ich persönlich glaube daran nicht, und denke, dass Daniel Heuer Fernandes die neue, alte Nr. 1 im HSV-Tor sein wird. Die ihm vorgeworfenen Schwächen in der Strafraumbeherrschung (und mit dem Ball am Fuß) könnten durch eine neue Besetzung in der Defensive wenn schon nicht kompensiert so doch zumindest minimiert werden. Zudem lag es sicherlich nicht hauptsächlich an Heuer Fernandes' fehlenden Zentimetern in der Körpergröße, dass der HSV nach dem Re-Start im März Woche für Woche entscheidende Punkte im Aufstiegsrennen verlor. Andererseits wäre der HSV nicht der HSV, wenn er nicht ab und zu auch mal unerwartete Dinge täte.