Der blau-weiße Elefant im Raum: Schalke im Abstiegskampf?

Bastian Oczipka mit verschlossenen Augen - so wie Schalke zum Abstiegskampf?
Bastian Oczipka mit verschlossenen Augen - so wie Schalke zum Abstiegskampf? / Frederic Scheidemann/Getty Images
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In Verbindung mit Schalke steht die aktuelle Sieglosserie immer wieder im Fokus, mittlerweile ist sie auf 20 Spiele angewachsen. Eine weitere Frage scheint indes nahezu totgeschwiegen zu werden: Befindet sich Königsblau (schon jetzt) im Abstiegskampf? So richtig scheint dieses Wort noch nicht Fuß zu fassen in Gelsenkirchen. Ein Kommentar.

Nach dem vierten Spieltag steht Schalke 04 mit einem einzigen Pünktchen auf dem 17. Tabellenplatz, dazu kommt die grausige Tordifferenz von -14. Diese aktuelle Situation ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs: Dahinter warten 20 Spiele ohne jeden Sieg, ohne jedes Erfolgserlebnis. Tore sind Mangelware, regelmäßig bricht die Mannschaft ein. Der Trainerwechsel nach dem zweiten (!) Spieltag war eine Offenbarung, wie falsch das zwanghafte Setzen auf Kontinuität auch sein kann.

Jetzt ist die Lage aber nun einmal so, wie sie ist. Königsblau steckt im Tabellenkeller fest und bräuchte, um sich noch halbwegs frühzeitig daraus zu befreien, eine kleine Siegesserie - ein nahezu törichter Gedanke, wenn man bedenkt, dass der letzte Erfolg im Januar eingefahren wurde. Eine Zeit, die schon so weit zurückliegt, dass man vom Coronavirus noch so gut wie nie etwas gehört hatte und die Buschbrände in Australien die Katastrophe des Jahres zu werden schienen.

In einem Land vor unserer Zeit: Schalke bejubelt den Sieg gegen Mönchengladbach
In einem Land vor unserer Zeit: Schalke bejubelt den Sieg gegen Mönchengladbach / Soccrates Images/Getty Images

Steckt Schalke im Abstiegskampf? Eine klare Ausgangslage mit unklarer Einschätzung

Angesichts dieser Umstände und beim gleichzeitigen Blick auf die Tabelle muss man sich fragen: Steckt Schalke im Abstiegskampf? Eigentlich eine sehr naive Frage. Was sonst sollte der 17. Platz bedeuten, auf dem man mit einem Punkt liegt und - nüchtern betrachtet - es wenig Hoffnung auf eine deutliche Besserung gibt? Und dennoch ist dieser Abstiegskampf ein Wort, ein Begriff, eine Realität, die beim S04 noch nicht wirklich Einzug gehalten hat. Weder bei vielen Fans in den sozialen Netzwerken, noch auf den letzten Pressekonferenzen, noch vom Verein selbst.

Das hat aber, so scheint es derzeit zumindest, (noch) nichts mit Realitätsverweigerung zu tun. Schließlich ist es definitiv nicht der Fall, dass im ganzen Umfeld der Kampf um den Klassenerhalt ausgerufen wurde, während sich Sportvorstand, Trainer und Spieler wie so häufig im Geschäft gegen den Terminus wehren. Es wird einfach nicht danach gefragt, Kampfbegriffe gehören bislang nicht zum Repertoire rund um die Mannschaft. Der Ernst der Lage, in der man sich zweifelsfrei befindet, ist momentan der blau-weiße Elefant im Raum, der noch ignoriert wird.

Sportvorstand Jochen Schneider und Teamkoordinator Sascha Riether - beide mit noch kühlem Kopf?
Sportvorstand Jochen Schneider und Teamkoordinator Sascha Riether - beide mit noch kühlem Kopf? / Christof Koepsel/Getty Images

Ist das nun ein fataler Fehler seitens des Vereins? Handelt es sich doch um ein gewisses Level an Realitätsverweigerung? Müssen die Knappen schon jetzt das Minimalziel Klassenerhalt und Überlebenskampf ausrufen? Schwierige Fragen, die derzeit nicht einfach zu beantworten sind. Keine Frage, die Lage ist ernst. Sehr ernst sogar. Wer sich die Partien seit Januar ansieht, der sieht einen beispiellosen Einbruch eines Teams. Nicht nur, was die Resultate betrifft, sondern auch das generelle Auftreten auf dem Platz.

Hält man sich diesen Aspekt im Hinterkopf, schaut gleichzeitig auf den Spielplan und die schon jetzt sehr verzwickte Tabellensituation, so ist das Fazit klar: Selbstverständlich spielen die Gelsenkirchener aktuell gegen den Abstieg, die Mannschaft befindet sich dementsprechend im Abstiegskampf - 'momentan!', wirft der optimistische Schalker ein, zu dessen Art auch ich mich zählen würde. Vielleicht auch eher der Schalker, für den ein etwaiger Abstieg in die 2. Bundesliga ein einfach viel zu weit entferntes Szenario zu sein scheint. Immerhin sprechen wir hier vom großen Schalke 04, oder?

Viele Enttäuschungen auf Schalke: Natürlich ist auch der Abstieg möglich
Viele Enttäuschungen auf Schalke: Natürlich ist auch der Abstieg möglich / DeFodi Images/Getty Images

Schalke auf der Suche nach Erfolgen - und trotzdem wäre Panik fatal

Irgendwie ist es eine komische, eine unübersichtliche Ausgangslage. Dass es aus den Reihen der Spieler und des Trainerteams, sowie aus dem Vorstand, noch nicht zum Ausrufen des sportlichen Existenzkampfes gekommen ist, ist richtig und hat nichts mit einem potenziellen Verkennen der Gefahren zu tun. Was würde es bringen, gewisse Begriffe oder Parolen nun in den Raum zu werfen? Die Mannschaft hat schon genug Druck auf den Schultern, Manuel Baum eine riesige Aufgabe vor sich.

Wofür also die Köpfe weiter füllen, den Rucksack auf dem Rücken noch schwerer machen, um nach vier von 34 Spieltagen den Abstiegskampf auszurufen? Erfolgserlebnisse müssen her, Siege und Punkte sowieso - daran ändert eine Umschreibung der Situation derzeit nichts. Vielleicht ist es an der Zeit, mal nüchtern und in Ruhe auf dem Platz arbeiten, lernen und spielen zu lassen. Spätestens im zweiten Teil der Hinrunde kommen die Fragen nach der kurzfristigen Zukunft ohnehin auf, ob man will oder nicht. Dann rückt der Elefant im Raum sowieso in den Blickwinkel.