Das Schalke-Drama in Augsburg: Die Erkenntnisse rund ums Spiel
Von Yannik Möller

Dass Schalke auch gegen Augsburg nicht über ein 2:2-Remis hinausgekommen ist, war im Spiel von verschiedenen Ereignissen und Erkenntnissen überlagert. Vor dem Spiel konterte Jochen Schneider die Fan-Kritik, nach der Partie meldete sich Mark Uth mit positiven Worten aus dem Krankenhaus. Währenddessen: Standard-Schwäche reloaded, Spielkontrolle und verdiente Treffer aus dem Spiel heraus.
1. Glück im Unglück: Uth meldet sich nach Gehirnerschütterung aus dem Krankenhaus
Nach einem verunglückten Luftzweikampf sank Mark Uth, von Felix Uduokhai getroffen, bereits bewusstlos zu Boden. Rund zehn Minuten lang musste er bereits auf dem Platz behandelt werden, einige Zeit weiter noch im Stadion selbst, ehe er ins Krankenhaus gefahren wurde.
Wie sich später herausstellte, hat der Stürmer offenbar "nur" eine Gehirnerschütterung erlitten. Manuel Baum erklärte nach der Partie, dass Uth die Schlussszenen noch mitverfolgen konnte und sich entsprechend des späten Ausgleichstreffers sehr geärgert habe.
Der 29-Jährige meldete sich anschließend via Instagram selbst aus dem Krankenhaus, wo er aus dem Bett mitteilte, er werde am Montag vermutlich bereits entlassen. Wie lange er nun pausieren muss oder auch will, wann er wieder einsatzbereit ist - alles unbekannt. An erster Stelle steht ohnehin die vollständige Genesung nach diesen schlimmen Szenen.
2. Jochen Schneider reagiert auf Fankritik: "Sollten nicht so viel drumherum quatschen"
Eine Art offener Brief seitens des S04-Vorstands, in dem zum Zusammenhalt aufgerufen und vom Suchen einzelner Sündenböcke abgeraten wird. Daraufhin erneute Kritik an diesen Worten, die dem Anschein nach von abgelenkten Schuldfragen und falschen Vorwürfen dominiert wurden.
Sportvorstand Jochen Schneider äußerte sich vor dem Spiel zu dieser Thematik. Dabei erklärte er, dass um dieses Thema nun gar nicht so viel geredet werden sollte (via Sport1): "Wir müssen anfangen zu punkten und sollten nicht so viel drumherum quatschen. Das Wesentliche sind die Punkte, die wir für den Klassenerhalt brauchen. Da sind die Jungs gefordert."
Bezüglich seiner eigenen Person sagte Schneider weiter: "Es ist die Aufgabe des Aufsichtsrates, über meine Ablösung zu befinden. Wir hatten am Donnerstag eine gute Sitzung. Einzelne Posten oder Personen sind nicht entscheidend." Viel eher gehe es nun um die sehr wichtigen Spiele.
Am Wochenende hatte er gegenüber der Bild bereits betont, dass er - im Falle seiner Freistellung, sollte diese vor Vertragsende irgendwann kommen - auf Geld verzichten würde. "So bin ich gestrickt. Aufgeben ist für mich keine Option", so Schneider.
3. Anfälligkeit bei gegnerischen Standards: Eine erneute Episode
Schalke ist die schwächste Mannschaft, was das Verteidigen von gegnerischen Standards betrifft - und zwar mit großem Abstand. Nach zehn Spieltagen waren es bereits satte 14 Gegentreffer nach ruhenden Bällen, gegen Augsburg kam ein weiterer hinzu.
Der Freistoß, natürlich von Daniel Caligiuri getreten, war die erste richtige Chance des FCA. In der 32. Minute flog der Ball scharf und mit perfekter Flugkurve auf die lange Ecke des S04-Kastens in den Strafraum, wo Suat Serdar ihn beim Versuch, den Freistoß zu verteidigen, noch ganz leicht berührte. Ralf Fährmann war ohne Chance, erneut musste Schalke einem Rückstand hinterherrennen, erneut nach einer Standardsituation.
Es war eine neue Episode einer ganzen Reihe von Fehlern und von schlechtem Verteidigen von Ecken und Freistößen. Auf der einen Seite zwar sehr wichtig, aber am Ende umso ärgerlicher: Die anderen Standards der Gastgeber sorgten kaum für Gefahr. Dank der überraschenden Rückkehr von Salif Sané hatten die Knappen an Strafraum-Präsenz dazugewonnen.
Er gewann beide seiner zwei Zweikämpfe in der Luft, konnte zudem die ein oder andere hohe Hereingabe schon mit dem Kopf klären, bevor überhaupt eine gefährliche Situation entstand. Dennoch: Es ist und bleibt eine Schwäche, die Schalke dringend abstellen muss, will man Siege holen.
4. Verdiente Tore aus dem Spiel heraus: Ein kleiner, aber wichtiger Schritt
Die beiden Treffer von Königsblau wurden aus dem Spiel heraus erzielt. Den 1:1-Ausgleichstreffer erzielte Benito Raman, der von einem durch Druck provozierten Fehlpass ausnutzen konnte. Die 1:2-Führung bekommt Nassim Boujellab angerechnet, der nach dem Rückraum-Zuspiel von Suat Serdar, der sich wiederum zuvor mit Alessandro Schöpf an den Strafraum kombinierte, in die kurze Ecke traf.
Nicht nur sehr wichtige zwei Tore, auch wenn es am Ende nicht für den Sieg gereicht hat. Treffer sieben und acht, so wenig hat Schalke erst auf dem Konto, dürften etwas mehr Schwung, Selbstvertrauen und Überzeugung in die eigenen Fähigkeiten zurückbringen - zumal sie nicht aus Standards fielen, sondern erspielt wurden.
Was bei so gut wie allen anderen Mannschaften das tägliche Brot ist, war für den S04 über die letzten Wochen ganz, ganz schwere und nahezu nie erfolgreiche Arbeit. Dass es nun gleich doppelt funktioniert hat, gibt hoffentlich etwas Auftrieb und lässt im Hinblick auf die nächsten Spiele den schweren Schlag kurz vor Schluss etwas vergessen.
5. Zwischen dem vorentscheidenden 1:3 und dem schlechten Verteidigen eines 1:2
Ein später Ausgleichstreffer ist nie einfach zu verdauen, in der Situation, in der sich Schalke befindet, noch einmal deutlich schwerer - sowohl für die Spieler, als auch für die Fans. Nach dem Spiel wurde diskutiert: Muss vorher schon das dritte Tor zum 1:3 fallen, der das Spiel dann entschieden hätte? Oder muss eine vergleichsweise ungefährliche Situation einfach besser verteidigt werden?
Für welche Seite man sich auch entscheidet, beides ist selbstredend richtig. Raman vergab noch vor dem 1:1 eine riesige Chance, Boujellab hatte nach der Hereingabe des Belgiers etwas Pech, lenkte den Ball knapp über die Latte. Auch Can Bozdogan, für Uth ins Spiel gekommen, hatte eine gute Schussposition, hätte aber wohl besser auf Schöpf aufgelegt.
— Bendix (@Bendix1904) December 13, 2020
Es hätte also durchaus 1:3 stehen können, bevor die Augsburger in Unterzahl nochmal alles nach vorne warfen, um verunsicherte Schalker nochmal wackelige Knie zu bereiten. Am Ende traf Marco Richter, 1.76 Meter groß, per Kopfball, während die Gelsenkirchener vier Innenverteidiger auf dem Platz hatten.
Andererseits kann man nicht unerwähnt lassen, dass es unter solchen Umständen alles andere als unnormal ist, dass solche Situationen nicht gut verteidigt werden. Man steht kurz vor einem so wichtigen Erfolg, die Beine werden schwer, der Ausfall von Uth hat alle mitgenommen. So ärgerlich das 2:2 auch war, so unverdient es anhand des Spielverlaufs auch ausfällt - so wenig überraschend war es am Ende, wenn man ehrlich ist. Eine Mischung aus nicht genutzten Chancen und einer fehlgeschlagenen Verteidigung, die mit einem Zweikampf im Mittelfeld beginnt.