Watzke über das BVB-Erfolgsmodell - und warum man bei Haaland nicht All-in geht
Von Simon Zimmermann
Europas Talente-Powerhouse: Hans-Joachim Watzke spricht über das BVB-Modell und dessen Limitierungen. Bei Erling Haaland könne man deshalb auch nicht All-in gehen. Größere Investitionen aus der deutschen Wirtschaft sollen Abhilfe schaffen - aber bitte im Rahmen von 50+1.
"Wir haben da fast ein Alleinstellungsmerkmal", erklärte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke stolz im OMR Podcast. Was der 62-Jährige meinte ist klar. Schwarz-Gelb ist DAS Powerhouse Europas, wenn es darum geht, Talente zu entdecken und in die internationale Spitze heranzuführen.
Beispiele dafür gab es in der Vergangenheit zuhauf. Und auch im aktuellen BVB-Kader. Jude Bellingham und Erling Haaland stechen derzeit heraus und werden bereits mit den größten Klubs der Welt in Verbindung gebracht.
"Die Leute merken, dass Hochbegabte bei uns am schnellsten den Durchbruch schaffen. "Das ist für die Spieler, die Eltern der Spieler und die Berater ein durchschlagendes Argument", führte Watzke weiter aus. Sportdirektor Michael Zorc habe die Scouting-Abteilung vor drei Jahren umstrukturiert. In Dortmund gibt es seither die Sparte 'Top-Talente'.
BVB-Modell als Gegenentwurf der Superreichen
Der BVB hat sich auf ein Erfolgsmodell spezialisiert, das einen Gegenentwurf der Manchester Citys und PSGs dieser Welt darstellt. Diese Klubs, die sich auf europäischer Bühne in direkter Konkurrenz mit der Borussia befinden, verfügen über beinahe unlimitierte Mittel.
Watzke setzt mit seinem BVB "die große Ausstrahlungskraft" der Bundesliga und ein besonderes Merkmal seines Klubs entgegen: "Dass wir die Spieler alleine entdecken, ist schon lange vorbei. Aber wir kriegen sie. Wir haben keine Hemmungen, 17-Jährige spielen zu lassen", so der BVB-Boss.
Verdeutlicht werde das am Transfer von Erling Haaland. Der Norweger kam im Januar 2020 nach Dortmund. Schon da waren viele internationale Topklubs am Angreifer dran. "Unser Angebot war nicht das beste. Das Angebot von Manchester United war besser. Berater Mino Raiola hat aber erkannt, dass Erling bei uns besser aufgehoben ist", erzählte Watzke.
Wie lange die norwegische Tormaschine noch in Schwarz-Gelb aufläuft, ist aber fraglich. Haaland kann im Sommer 2022 per Ausstiegsklausel gehen. Es ist die Kehrseite der Medaille des BVB-Modells. Denn, schafft es ein Spieler in Dortmund vom Juwel zum Top-Spieler, ist er meist bald weg. So wie zuletzt Jadon Sancho.
Warum Watzke bei Haaland nicht All-in gehen will
Dennoch will man beim BVB vieles dafür tun, um Haaland noch mindestens eine weitere Saison zu halten. Alles aber nicht - wie Watzke ausführte: "Du brauchst auch eine Hygiene in der Kabine. Das heißt: Zu glauben, dass du für Haaland All-in gehst und alle anderen Spieler so bleiben, wie sie sind, dann liegt man über die charakterlichen Beschaffenheiten der Spieler daneben."
Was Watzke meint: Haaland soll aktuell rund acht Millionen Euro im Jahr verdienen. Für einen Wechsel soll Berater Raiola ein Jahressalär nördlich der 20 Millionen Euro fordern. In Dortmund will und kann man da nicht mitgehen.
"Der Erneuerungsprozess ist bei uns permanent. Irgendwann werden beste Spieler weggekauft und du fängst wieder von vorne an. Dauerhaft eine europäische Spitzenmannschaft zu entwickeln ist schwer, wenn du es nicht schaffst, über drei, vier Jahre deine Spieler zu halten. Auf diesem Niveau sind wir noch nicht", gab Watzke realistisch zu.
Watzke fordert: Mehr Investitionen aus der Wirtschaft - mit 50+1
Ob man dieses in Zukunft erreichen kann, ist fraglich. Ohne Investoren in der Größenordnung der Premier League werde es in Zukunft "auch für Bayern München eng", so Watzke. "Wir haben die größte Volkswirtschaft Europas. Die 40 größten Unternehmen müssten sich mal zusammenschließen und sagen: Wir halten der Premier League mal dagegen."
Ausdrücklich solle das aber nicht über eine Aufweichung der 50+1-Reagel geschehen. "Eine Übernahmeschlacht über Borussia Dortmund wird es nicht geben. Ich werde bis zur letzten Patrone um 50+1 kämpfen. Es geht nicht um Gelüste von irgendwelchen Investoren. Es geht um die Menschen, die den Fußball lieben. Was passiert, wenn wir das zulassen? Deutschland würde von Investoren überschwemmt. Die Liga würde den Gesamtpreis zahlen, so wie in England. Die Ticketpreise würden sich verdreifachen, wie in England. Es kann nicht sein, dass der Durchschnittsverdiener nicht mehr ins Stadion gehen kann. Ich möchte, dass der Fußball in Deutschland bezahlbar bleibt und allen Bevölkerungsschichten offensteht."