Leipzig stiehlt dem BVB die Show bei der Rückkehr der Fans: Nur ein Funke schwarz-gelben Feuers

Marco Reus kann es nicht fassen
Marco Reus kann es nicht fassen / INA FASSBENDER/GettyImages
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Der BVB hat das Topspiel gegen RB Leipzig in den Sand gesetzt. Bei der Rückkehr der Fans in voller Auslastung, heißt: Hexenkessel in schwarz und gelb, brannte das lang vermisste Dortmunder Feuer nur einen Funken lang. Dann zerfiel die Mannschaft wieder in Einzelkünstler.


Wo genau drückt der Schuh eigentlich beim BVB? Hat sich Marco Rose in seiner ersten Saison als Cheftrainer vercoacht? Lässt sich die erfolglose Spielzeit auf das Verletzungspech schieben? Oder ist es der Kader, der einfach nicht zusammenwachsen will?

Fakt ist: in dieser Saison sah man selten Dortmunder Feuer. Das ist man in schwarz und gelb aber gewöhnt, ja, es gehört sogar zur Grundphilosophie des Vereins. Und bei allen berechtigten Ausreden ist fehlendes Feuer beim BVB schlichtweg ein Worst-case-Szenario.

Rückkehr der Zuschauer: 81.000 zünden kurz die Flamme an

Am Samstagabend kehrte die Flamme für einen Augenblick ins Westfalenstadion zurück. Endlich wieder Vollauslastung, endlich wieder 81.000 im Signal-Iduna-Park! Der medizinische Wahnsinn dahinter ausgeblendet, konnte man nicht anders, als zu staunen: so beeindruckend war die Kulisse an diesem Samstagabend in Dortmund.

Cheftrainer Marco Rose hat viel auf die Rückkehr der Fans gesetzt, er erwartete sich einen deutlichen Ruck durch die Mannschaft. Und den gab es, ungefähr 20 süße Minuten lang.

Der BVB begann gegen Leipzig top motiviert und ausgesprochen vielversprechend. Die Mannschaft arbeitete als Einheit nach vorne, verteidigte im Kollektiv und ging die schlicht nötigen Extrameter, die in dieser Saison so oft gefehlt hatten. Die Mannschaft schien bereit: wieder zu brennen, wieder zu begeistern, sich nicht mit dem Durchschnitt zufrieden gebend.

Es war ein kurzer Ausblick darauf, was mit dieser Mannschaft möglich sein könnte. Doch nach 20 Minuten wurde der Stecker gezogen, der Vorhang ging zu und der kurze Dortmunder Glanzauftritt ging in die Hose.

Der zuletzt deutlich formverbesserte Emre Can ließ sich die Atmosphäre etwas zu Kopf steigen und ging blind in ein vollkommen unnötiges Dribbling. Was er nicht ahnte, was er wissen hätte müssen: hinter ihm stand mit Konrad Laimer einer der ekligsten Zweikämpfer der Bundesliga bereit. Der Österreicher stahl Can die Kurve, leitete den Gegenschlag ein und vergoldete wenige Sekunden später per Lupfer zur Führung. Puff.

Und schon gingen die Dortmunder Schultern nach unten, das gerade aufgestellte Kartenhaus begann wieder zu wackeln. Auf die plötzliche Unsicherheit reagierte das bis zur Führung passive Leipzig eiskalt: Konrad Laimer nahm sich aus 20 Metern ein Herz. Sein Schuss wurde von Emre Can unhaltbar für Gregor Kobel in die Maschen abgelenkt. Erster Doppelpack für Laimer in der Bundesliga. Und das Zischen einer ausgehenden Flamme in Dortmund.


BVB geht gegen Leipzig unter: So reagiert das Netz


Nach dem 2:0 ließ sich etwas absolut Phänomenales beobachten: aus einer Einheit wurden sofort elf Individualisten, die nur die gleiche Trikotfarbe gemein haben.

Da war sie wieder, diese Mannschaft, die ihre PS einfach nicht auf die Strecke bringt. Die immer wieder die gleichen Fehler macht und den Trainer, die Fans und sogar die Kritiker ratlos stimmt. Die jeden Spieler für sich genommen herausragend besetzt ist, aber schlichtweg nicht brennt. Vor allem nicht für den Nebenmann.

Und so verlor der BVB das Spitzenspiel gegen RB Leipzig und deutete für einen träumerischen Augenblick an, wie gut sie sein könnte, welche Geschichte diese Mannschaft schreiben könnte.

Die Niederlage gegen Leipzig ist ein Abschied: von dieser Saison, in der es nun um wirklich nichts mehr geht. Von einigen Individualisten, die den Verein am Saisonende durch die Hintertür verlassen werden. Und von einer Idee, die nicht in die Tat umgesetzt werden konnte.

Der Vollständigkeit halber: der BVB erwachte nicht mehr aus seiner Lethargie und ließ sich von Christopher Nkunku, der beide Tore von Laimer vorbereitete und damit seine außerordentliche Saison unterstrich, auch noch das dritte Tor einschenken.

Dass der Anschlusstreffer durch Donyell Malen nach 83 Minuten nicht für eine Initialzündung sorgte, sondern nur zu einem kurzen Wieder-Aufbäumen der Gäste, das Dani Olmo nur zwei Minuten später zum 4:1 führte, ist einfach in dieser Saison der BVB in a nutshell. Nur zur Erinnerung: das Malaga-Wunder ist erst neun Jahre alt. So lange ist es nicht her, dass der BVB auch bei Aussichtslosigkeit brennen konnte.

Der BVB kann die Saison abhaken

Tabellarisch ist die Messe für die Borussia damit quasi gelesen. Die Bayern sind weg, sofern das Spiel gegen den SC Freiburg nicht aufgrund des albernen Wechselfehlers gegen den Rekordmeister gewertet wird. Doch selbst dann ist der Meisterkampf nur noch hypothetisch. Nach unten ist die Champions League abgesichert. Einzig Bayer Leverkusen, bei noch sechs ausstehenden Spielen sechs Punkten distanziert, muss noch ein wenig mit dem Teleskopstock bearbeitet werden.

Im Sommer beginnt die Aufarbeitung - und die Herausforderung, für die neue Saison eine Mannschaft zusammenzustellen, die als Einheit brennt und wieder für schwarz-gelbes Feuerwerk sorgen kann.


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