Vorhang auf! Die schwarz-gelben Erkenntnisse zum BVB-Spektakel gegen Leverkusen

Der BVB gewinnt sensationell in Leverkusen
Der BVB gewinnt sensationell in Leverkusen / Joosep Martinson/Getty Images
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Der BVB gewinnt ein unglaubliches Bundesliga-Spiel gegen Bayer 04 Leverkusen mit 4:3. Drei Mal lag die Borussia in Rückstand, kämpfte sich jedoch immer wieder zurück. Meine schwarz-gelben Erkenntnisse zu diesem wundervollen Bundesliga-Spiel.

1. Der VAR ist ein grausamer Geliebter

Bayer 04 Leverkusen v Borussia Dortmund - Bundesliga
Der VAR stand in Leverkusen im Fokus / Joosep Martinson/Getty Images

Über den Video-Schiedsrichter wurde viel gesprochen. In dieser Saison hat das System eine bessere, klarere Linie in Form einer längeren Leine gefunden. Und doch bleibt der VAR ein grausamer Geliebter.

Innerhalb zweier Wimpernschläge hatte der BVB das Spiel in der ersten Halbzeit gedreht. Der zweite Treffer wurde jedoch aufgrund eines vorangegangenen Foulspiels zurückgenommen. Was für eine grausame und doch korrekte Entscheidung! Die Energie, das Adrenalin, in wenigen Sekunden entstanden, verpufft in einem bitteren Augenblick komplett.

Auf der anderen Seite ließ der Unparteiische einen zweifelhaften Zweikampf von Marin Pongracic gegen Patrik Schick laufen - keine klare Fehlentscheidung und somit kein Thema für den VAR. Da hat der BVB Glück gehabt. Und wer weiß? Ohne die Absicherung des Video-Schiedsrichters wäre dieser Zweikampf vielleicht gepfiffen worden.

Und dann schloss sich der Video-Kreis doch noch. Ein zunächst unscheinbar wirkender Zweikampf zwischen Kossouno und Reus wurde geprüft und tatsächlich: der Leverkusener Verteidiger schlug in Richtung Reus' Gesicht aus. Es gab zurecht Elfmeter, der dem BVB den Sieg bescherte.

Es bleibt eine grausame Liebe, die der Fan zum VAR hat.

2. Wie teuer sollte Erling Haaland nochmal sein?

Erling Haaland
Erling Haaland erzielte zwei Tore / Joosep Martinson/Getty Images

Der BVB entschied sich in diesem Transfer-Sommer gegen einen Verkauf von Erling Haaland. Rund 100 Millionen Euro ließ sich der Verein damit wohl entgehen, vielleicht sind es auch "nur" 80. Im kommenden Sommer darf Haaland immerhin per Ausstiegsklausel für eine schmalere Mark gehen.

'Wie kann man nur?', fragten Viele vorwurfsvoll, als der BVB auf Haalands Verbleib pochte. Wenige Wochen sind seither vergangen und Zweifler gibt es nicht mehr. Haaland ist in Geld nicht aufzuwiegen und der Spieler, der am Ende des Tages über Sieg und Niederlage entscheiden kann - immer und jederzeit. Erling Haaland ist das Puzzleteil, das Mannschaften Titel beschert. Bislang galt das für den exklusiven Kreis von Cristiano Ronaldo und Lionel Messi.

3. Leverkusen ist der Maßstab

Jonathan Tah, Erling Haaland
Leverkusen und der BVB: Zwei heiße Konkurrenten / Joosep Martinson/Getty Images

Bayer 04 Leverkusen ist herausragend in die Saison gestartet. Und jetzt weiß auch der BVB: das kommt nicht von irgendwoher! Die Werkself ist aktuell eine großartige Mannschaft, mit unheimlich viel Tempo und einem neuen Trainer, der bislang ganz viel richtig macht.

Und Bayer 04 wird eine der Mannschaften sein, an denen sich der BVB in dieser Saison messen muss. Nicht der FC Bayern, das ist zu hoch gegriffen. Leverkusen und Leipzig sind die beiden Mannschaften, gegen die sich Borussia Dortmund in dieser Saison behaupten muss. Dieses Spiel hat gezeigt, dass die Messlatte in Leverkusen deutlich höher liegt, als noch in den vergangenen zwei, drei Jahren.

4. Zu viele Fehler im Spielaufbau - die Automatismen greifen noch nicht

Jeremie Frimpong, Mahmoud Dahoud
Im Spielaufbau leistete sich der BVB zu viele Fehler / Joosep Martinson/Getty Images

In der Defensive drückt der Schuh beim BVB. Das liegt auf der einen Seite am Verletzungspech: Mats Hummels und Dan-Axel Zagadou fielen in der jüngeren Vergangenheit oftmals aus. Marin Pongracic machte seine Sache beim Pflichtspiel-Debüt gut, hat aber noch nicht einmal seine Umzugskartons in Dortmund ausgepackt. Dass es da hapert, ist klar.

Das Genick brachen dem BVB gegen Leverkusen aber primär die Ballverluste im Spielaufbau. Individuelle Fehler sind ein langwieriges Problem bei der Borussia, das steht außer Frage. Und doch muss um Geduld gebeten werden: der Trainer ist neu, Automatismen möchten eingeübt werden. Das braucht Zeit und es wird in der Hinrunde weiterhin Spiele geben, in denen der BVB genau diese Fehler machen wird. Eine Umstellung kostet Zeit; es braucht Geduld, keine übermäßige Kritik.

5. An Ergebnissen darf der BVB (noch) nicht gemessen werden

FBL-GER-BUNDESLIGA-LEVERKUSEN-DORTMUND
Marco Rose: Vieles schon gut beim BVB / ROBERTO PFEIL/Getty Images

Dieses Spiel war bis zum Schluss offen wie atemberaubend. Sieg, Unentschieden oder Niederlage - hier war alles drin. Und das ist bislang auch eine bemerkenswerte BVB-Geschichte dieser Saison. Bemerkenswert deshalb, da Borussia Dortmund sich grundsätzlich an Ergebnissen messen muss, unter den aktuellen Voraussetzungen (neuer Trainer, schwierige Vorbereitung und Personalprobleme) aber nicht gemessen werden darf. Das Spiel gegen Hoffenheim hätte Unentschieden ausgehen können, genauso wie die Partie gegen Freiburg und im Supercup gegen den FC Bayern.

Es muss also ein schwarz-gelbes Maßband angelegt werden, das ganz ähnlich dem in einer Vorbereitung ist: das Ergebnis ist zweitrangig, die Art uns Weise wie ist entscheidend. Und in diesem Punkt muss sich der BVB unter Marco Rose bislang wenig gefallen lassen. Die Mentalität der Mannschaft ist unglaublich, die Qualität des eigenen Spiels sowieso. An den Automatismen mangelt es noch, doch abseits der Ergebnisse ist der BVB auf einem fantastischen Weg.

6. Thomas Delaney und Emre Can fehlen

Emre Can, Giovanni Reyna
Der Ausfall von Emre Can schmerzt beim BVB / Martin Rose/Getty Images

An Spielstärke mangelte es dem BVB-Mittelfeld gegen Leverkusen nicht. Mit Axel Witsel, Mo Dahoud, Julian Brandt und Marco Reus standen gleich vier Spieler in Schwarz und Gelb auf dem Platz, die die Regie für sich beanspruchen möchten.

Was fehlte, war der Bodyguard im Hintergrund. Der Abgang von Thomas Delaney schmerzt da natürlich ungemein. Mit Emre Can hat der BVB dieses Kaliber nichtsdestotrotz zur Verfügung, der Nationalspieler fällt aktuell aber verletzt aus. Wenn Can wieder auskuriert ist, dürfte er eine zentrale Rolle unter Marco Rose spielen - diese Stabilität braucht es einfach, obgleich die Mentalität der aktuell fitten BVB-Spieler nicht angezweifelt werden kann.

7. Vorhang auf für die Bundesliga

Erling Haaland, Thomas Meunier, Jude Bellingham
Der BVB und Leverkusen liefern sich ein sensationelles Spiel / Joosep Martinson/Getty Images

Dieses Spiel ist Werbung für den deutschen Fußball, die Bundesliga, den Fußball generell. Was Bayer 04 Leverkusen und der BVB am Samstagnachmittag abgeliefert haben, ist unfassbar gut.

Ob es das überragende Tor von Brandt war, das von Guerreiro, das von Diaby. Die fehlende Mittelfeld-Geplänkelei, das immense Tempo auf beiden Seiten. Ein Jude Bellingham, ein Florian Wirtz, ein Erling Haaland, die einfach Spaß machen.

Vorhang auf für die Bundesliga, kann man nach diesem Spiel nur sagen.