Bremer Kaufpflichten als Bremsklotz - freie Rashica-Woche ebenfalls fragwürdig

Milot Rashica bekommt eine Woche frei - um einen geplatzten Wechsel zu verdauen
Milot Rashica bekommt eine Woche frei - um einen geplatzten Wechsel zu verdauen / DeFodi Images/Getty Images
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In diesem Transfersommer hat Werder Bremen ein insgesamt ziemlich schlechtes Bild abgegeben. Neben der fragwürdigen Kommunikation wirken auch die von Sport-Geschäftsführer Frank Baumann ausgehandelten Kaufpflichten nach gewissen Leihen wie ein großer Bremsklotz. In den Fehlschlägen reiht sich nun auch noch Milot Rashica ein, der - aus sehr kuriosen Gründen - eine Woche zum Durchatmen bekommt.

Eine elendig lange Transferphase liegt inzwischen hinter der Bundesliga und den anderen großen Ligen im europäischen Fußball. Jeder Verein ist wie gewohnt mit eigenen Zielen, Wünschen und Plänen in diese Phase gegangen, oftmals gedämpft durch die Auswirkungen der Coronakrise.

Bei Werder Bremen gab es zwei große Themen, die den Transfersommer dominierten: Zum einen sollte unbedingt mindestens ein neuer Mann für das defensive Mittelfeld gefunden werden, der das Team direkt und unmittelbar unterstützen kann. Zum anderen drehte sich gefühlt alles um den immer wieder thematisierten Abschied von Milot Rashica, von dem eigentlich schon im Endspurt der vergangenen Saison auszugehen war. Zwei Themen, in denen der Klub alles andere als eine gute Figur gemacht hat.

Davy Klaassen hat Werder Bremen am Montag noch verlassen
Davy Klaassen hat Werder Bremen am Montag noch verlassen / DeFodi Images/Getty Images

Schlussendlich, wie sollte es im Fußballgeschäft auch anders sein, ist die Suche nach einem neuen beziehungsweise weiteren Sechser vor allem aufgrund des fehlenden finanziellen Spielraums gescheitert. Dass mit Davy Klaassen noch ein Spieler verkauft wurde, immerhin für elf Millionen Euro, der diese Rolle zum Teil regelmäßig übernommen hatte, war zwar vorherzusehen - wirkt allerdings wie ein zusätzlicher Schlag, wenn man sich die Pläne und übergeordneten Baustellen dieser Transferphase erneut vor Augen führt.

Bremer Kaufpflichten als Loch im Geldbeutel: Frank Baumann erneut im Fokus

Dass das Geld fehlt, um deutlich flexibler, gelassener und auch frühzeitiger zu agieren, ist erneut unter Beweis gestellt worden. Gleichzeitig rückt der Fokus dadurch auf die mittlerweile berühmten Kaufpflichten, die Sport-Geschäftsführer Frank Baumann bereits das ein ums andere Mal ausgehandelt hat. Die festen Verpflichtungen, die dahinter stehen, sind zwar nicht ausnahmslos falsch oder schlecht - aber mindestens der ausgehandelte Preis ist alles andere als optimal für den Klub.

Leonardo Bittencourt wurde im vergangenen Sommer für eine Saison von der TSG Hoffenheim ausgeliehen. Eine gute Entscheidung an sich, immerhin gehört der 26-Jährige zu den wichtigen Stammspielern unter Florian Kohfeldt (33 Einsätze in 2019/20). Durch den erreichten Klassenerhalt mussten allerdings ganze sieben Millionen Euro an Hoffenheim gezahlt werden. Keine Kaufoption, kein Verhandeln, sondern per Kaufpflicht. Sicherlich wäre der Mittelfeldspieler gerne in Bremen geblieben, die TSG hätte sich trennen wollen - und Bremen, je nach eigenem Bedarf, etwas weniger zahlen müssen.

Leonardo Bittencourt ist wichtig für Bremen - aber auch so viel Wert?
Leonardo Bittencourt ist wichtig für Bremen - aber auch so viel Wert? / Martin Rose/Getty Images

Ein zweiter Fall ist Ömer Toprak. Ebenfalls im letzten Sommer ausgeliehen, musste Werder direkt eine Million Euro an Leihgebühr an Borussia Dortmund überweisen. Mehrmals verletzte sich der Innenverteidiger, der mit seinen 31 Jahren auch nicht mehr als Perspektivspieler gelten kann. Auch hier: Bremen muss vier Millionen Euro auf den Tisch legen. Das Gehalt, nicht zu vergessen, kommt natürlich auch noch dazu - dabei wird Toprak, wenn er wieder fit ist, wohl nur ein Ersatzspieler sein.

Am bekanntesten ist dieses Vorgehen wohl bei Davie Selke: Die Leihgabe von Hertha BSC wurde zuletzt automatisch bis zum Sommer 2021 verlängert. Auch bei ihm das gleiche Spiel: Hält das Team die Klasse, werden ganze 15 Millionen Euro fällig. Geld, über das Bremen eigentlich gar nicht verfügt, das aber umso mehr berücksichtigt werden muss und somit nicht mehr einzuplanen ist. Dabei spielt der 25-Jährige kaum eine Rolle nach seiner Rückkehr: In der Vorsaison lief er lediglich 15 Mal in der Startelf auf - was durch die teils sehr großen Verletzungssorgen sogar noch begünstigt war. Er wird sich hinter Niclas Füllkrug, Josh Sargent und Co. anstellen müssen.

Frank Baumann im Fokus: Fehlendes Geld wegen großzügiger Kaufpflichten
Frank Baumann im Fokus: Fehlendes Geld wegen großzügiger Kaufpflichten / DeFodi Images/Getty Images

Baumann nimmt so leichtfertig Verpflichtungen in Kauf, die, was den Spieler als solchen betrifft zwar richtig sein mögen (wie bei Bittencourt), am Ende aber viel zu viel kosten. Die Berliner werden sich bei Selke schon jetzt die Hände reiben. Hier gibt Baumann kein gutes Bild ab. Auch wegen ihm ist es dem Klub nicht gelungen, die erhoffte Verstärkung für das (defensive) Mittelfeld zu holen, und das, obwohl Klaassen noch elf Millionen Euro eingebracht hat. Dass die geplante Ausleihe von Marko Grujic auf der Zielgeraden scheiterte, passt ins Bild.

Apropos Einnahmen: Diese waren eigentlich auch durch Milot Rashica angedacht. So gut wie jeder ging schon zum Saisonende vor einigen Monaten davon aus, dass der Stürmer gehen und dementsprechend eine willkommene Summe einbringen wird. Erst war RB Leipzig ein großes Thema, später Aston Villa und am Deadline Day plötzlich Bayer Leverkusen. Für einen Wechsel war es dann aber zu spät, denn der 5. Oktober - schon großzügig als Ende der Transferphase ausgemacht - kam dann doch urplötzlich.

Rashica vor schwieriger Werder-Zukunft - freie Woche als fragwürdiges Sinnbild

Verpasste Transfers hin, kuriose Gründe oder fehlende Übereinkunft her. Der 24-Jährige bekommt nun ein paar Tage frei, so Kohfeldt auf der Vereinshomepage: "Die letzten Tage waren für Milot nicht einfach, es ging viel hin und her. Daher haben wir uns dazu entschieden, ihm die Woche frei zu geben, um auf andere Gedanken zu kommen und dann den Fokus wieder voll auf Werder legen zu können."

Nun mag eine freie Woche an sich nicht wirklich schlimm sein, immerhin steht eine Länderspielpause auf dem Plan und kein Bundesliga-Spiel am Wochenende. Andererseits muss man sich fragen, welchen Eindruck die Personalpolitik in diesem Transfersommer hinterlassen hat. Eine freie Woche für einen Spieler, weil dieser nun noch zwei Monate, im schlimmsten Fall noch sieben Monate für einen Klub spielen muss, dem er viel zu verdanken hat, passt dann doch sinnbildlich.

Noch offen, ob sich Milot Rashica wieder in die Bremer Startelf kämpfen kann
Noch offen, ob sich Milot Rashica wieder in die Bremer Startelf kämpfen kann / DeFodi Images/Getty Images

Ein Profi seines Kalibers, der immerhin zurecht mit namhaften Interessenten in Verbindung gebracht wurde, sollte sich und seine Pläne auch einmal unterordnen können. Es ist kein Trauerfall, dass er nicht wechseln konnte. Es ist doch kein Drama, das er erstmal verarbeiten muss. Ein völlig gewöhnlicher Vorgang im Fußballgeschäft, dass ein Wechsel ebenso platzen wie funktionieren kann. Würde es jedem Spieler so ergehen, müsste es nach jeder Transferphase eine Ruhephase geben.

Rashica, so wie ganz Werder Bremen, könnte eine komplizierte Saison erleben. Während der Stürmer womöglich gar nicht erst wieder in die Startelf findet, weil der Coach seinen Fokus auf die ohnehin bleibenden und fokussierten Spieler legt, muss der Verein hoffen, zumindest bis zur Winterpause gut durch die Spielzeit zu kommen, obwohl es offene Problemstellen im Kader gibt.