Falls Bayern ausscheidet: Nagelsmann muss ruhig weiterarbeiten können
Von Yannik Möller
Es ist durchaus möglich, dass der FC Bayern am Dienstagabend im Viertelfinale der Champions League ausscheidet. In diesem Fall bräuchte aber kein besonders kritischer Blick auf Julian Nagelsmann erfolgen. Ein Kommentar.
Mit der 0:1-Niederlage gegen Villarreal waren die Bayern im Viertelfinalhinspiel noch gut bedient. Julian Nagelsmann betonte nach der Partie, es sei "eine verdiente Niederlage" gewesen, bei der seine Mannschaft "nicht gut" aufgetreten sei. Joshua Kimmich versprach: "Wir werden im Rückspiel ein anderes Gesicht zeigen."
Das muss der FCB auch. Vor heimischem Publikum muss der Einzug ins Halbfinale der Champions League klargemacht werden - so wenig die Leistung der Spanier auch heruntergeredet werden darf.
Dennoch ist es natürlich möglich und durch das Hinspiel nicht allzu unwahrscheinlich, dass die Münchener am Dienstagabend rausfliegen.
Im Falle des Ausscheidens: Nagelsmann hätte keinen kritischeren Umgang verdient
Am Spieltag stellten sich manche Fans und Beobachter die Frage: Sollten die Bayern tatsächlich scheitern, muss dann auch das bisherige Wirken von Nagelsmann genauer - also kritischer - betrachtet werden? Die Antwort ist einfach: Nein, das ist nicht der Fall.
Der 34-Jährige ist nun etwa ein Dreivierteljahr an der Säbener Straße tätig. Während die Erwartungen hoch sind, gibt es in dieser Saison aber auch diverse Probleme und Komplikationen. Ob es verschiedene, teils langwierige Verletzungen von Leistungsträgern sind oder eine konstante Unruhe durch ein nach außen hin nahezu dilettantisch anmutendes Verhalten bei den anvisierten Vertragsverlängerungen.
Zwei Beispiele, die die Arbeitsumstände Nagelsmanns gut erfassen, zugleich aber nur ein kleiner Ausschnitt aus einer bis dato recht stressigen Auftaktsaison für den Coach sind. Manche dieser Probleme sind inzwischen zwar gelöst, doch ziehen sie sich mit ihren Folgen auch noch anschließend weiter.
Zurückgekehrte Spieler etwa sind nicht sofort wieder auf ihrem normalen Leistungsniveau. Alphonso Davies hat das zuletzt gezeigt.
Und selbst wenn die Spielzeit ruhiger, einfacher und entspannter verlaufen würde: Ein Trainer, der noch nicht einmal ein ganzes Jahr bei einem so großen Klub mit so riesigen Erwartungen ist, kann nicht unbedingt sofort kontinuierlich abliefern. Es wird verlorene Spiele geben, schlechte Leistungen, falsche Entscheidungen.
Natürlich, das CL-Aus im Viertelfinale wäre schmerzhaft. Zumal Villarreal, bei allem Respekt, kein Gegner ist, gegen den ein solcher Ausrutscher noch zu verstehen wäre. Eine ähnliche Ausgangslage gab es auch schon nach dem Salzburg-Hinspiel. Wie das Rückspiel verlief, ist noch bekannt.
Auf Nagelsmann braucht also kein kritischerer Blick geworfen werden, sollte sein erster Königsklassen-Run mit dem deutschen Rekordmeister ein vergleichsweise frühes Ende finden. Ein gewagter Vergleich, dennoch: Niemand würde die herausragende Arbeit oder die Expertise von Pep Guardiola in Frage stellen, "nur" weil er mit den Bayern nie das Finale erreichen konnte.
So wie ein einzelnes Spiel niemals über das sportliche Überleben eines Trainers entscheiden sollte, ist es genauso ungeeignet dafür, einen plötzlichen Richtungswechsel in der Wahrnehmung eben jenes Trainers zu vollziehen. Das gilt natürlich auch für zwei Partien, wie in diesem Fall das Hin- und Rückspiel.
Nochmals: Selbstredend wäre das Ausscheiden ein Misserfolg. Die Enttäuschung wäre groß - und das völlig zurecht.
Doch wäre Nagelsmann dadurch in seiner bisherigen Arbeit nicht wesentlich schlechter unterwegs, sodass man schonmal vorsichtig anfangen kann, seine Eignung für den großen FCB zu hinterfragen. Das würde ihm nicht gerecht werden.