Die Zehn Gebote des Xavi Hernández!
Von Guido Müller
Am Montag wurde Xavi Hernández als neuer Cheftrainer des FC Barcelona vor einigen Tausend Fans im Nou Camp vorgestellt. Die Begeisterung, die dem 41-Jährigen Rückkehrer dabei entgegenschlug, nahm bisweilen schon fast religiöse Züge an. Dazu passt auch der zehnteilige Verhaltenskatalog, mit dem der neue sportliche Chef bei Barça gleich mal das Terrain absteckt.
Denn ähnlich wie einst Moses seinem jüdischen Volk die von Jahwe am Berg Sinai empfangenen Zehn Gebote vermittelte, hat auch Xavi nun seinen ganz persönlichen Dekalog aufgestellt, um mit seiner Gefolgschaft den Auszug aus dem sportlichen Exil zu schaffen.
Mit diesem Normengerüst will Xavi seinem Team wieder mehr Disziplin und leistungsorientiertes Denken und Handeln einhauchen. Konkret sehen die Forderungen Xavis folgendermaßen aus:
1. Rechtzeitiges Erscheinen zum Training
Hatte sich in den vergangenen Jahren eine Vorlaufzeit von gerade mal einer halben Stunde (bisweilen sogar darunter!) gegenüber dem Trainingsstart eingespielt, verlangt Xavi nun von seinen Spielern, bereits eineinhalb Stunden (90 Minuten) vorher am Trainingszentrum zu erscheinen.
2. Trainer-Team soll bereits zwei Stunden vor jeder Trainingseinheit vor Ort sein
Gilt für das kickende Personal nunmehr die Regel, eineinhalb Stunden vor dem Training zu erscheinen, erweitert sich diese Vorlaufzeit für das Team hinter dem Team um eine weitere halbe Stunde.
3. Gemeinsames Essen im Trainingszentrum
Bislang herrschte diesbezüglich eine gewisse Freizügigkeit, da es den Spielern überlassen blieb, gemeinsam mit den Team-Kollegen oder individuell zu speisen. Ab diesem Dienstag ist nun verbindlich festgelegt, dass alle Spieler des Profi-Kaders gemeinsam in der Ciutat Deportiva essen. Sowohl das zweite Frühstück als auch das eigentliche Mittagsmahl.
Abgesehen von der team-bildenden Komponente, will der Klub hiermit auch die Kontrolle darüber erlangen, was die Spieler zu sich nehmen. Dieser Aspekt (der richtigen oder falschen Ernährung) ist nämlich zu bedeutungsvoll, um ihn der Freiwilligkeit der Spieler zu überlassen. Nicht umsonst schreibt man viele Verletzungen der Stars (z.B. bei Ousmane Dembélé) ihren bisweilen eher unprofessionellen Ernährungsgewohnheiten zu.
4. Sanktionen
Jede Norm ist am Ende so stark, wie die sie begleitenden Sanktionen im Falle ihrer Nichtbefolgung. Dementsprechend kann es nicht verwundern, dass auch ein neuer Strafenkatalog aufgestellt wird. Bei einem von Xavis Vorgängern, Luis Enrique, war dieser Aspekt ein wenig in den Hintergrund getreten. Die Devise des aktuellen spanischen Nationaltrainers war, dass die Spieler professionell genug seien, um sich quasi selbst zu regulieren.
Aus eigener praktischer Erfahrung weiß Xavi jedoch, dass das mit der Selbstkontrolle zwar wünschenswert ist, in der Praxis jedoch schnell unterhöhlt wird. So hatte sich, zum Beispiel, unter Trainer Frank Rijkaard eine gewisse Laxheit diesbezüglich installiert, die erst durch die Ankunft von Pep Guardiola durchbrochen wurde. Mit durchschlagendem Erfolg, wie wir heute wissen.
5. Exponentielle Strafen
Konkret sieht der neue Strafenkatalog ein exponentielles Wachstum vor. In der Praxis bedeutet das: nach der ersten leichten Verfehlung (z.B. verspätetes Erscheinen zum Training) würde der betreffende Spieler mit 100 Euro Geldstrafe belegt.
Im Wiederholungsfall würde die Summe aber schon auf 200 Euro ansteigen. Und beim dritten Mal wären gar 400 Euro fällig.
6. Rechtzeitige Bettruhe 48 Stunden vor einem Spiel
Xavis Maßnahmen wirken auch über das Trainingszentrum hinaus - und bis in das Privatleben der Stars hinein. So gilt ab sofort, dass sich 48 Stunden vor einem jeden Pflichtspiel alle Spieler spätestens um zwölf Uhr nachts zur Bettruhe begeben.
7. Meritokratie
Auch sogenannte Erbhöfe wird es unter Xavi nicht mehr geben. Es spielen die Spieler, die sich in den jeweiligen Trainingseinheiten am meisten dafür angeboten haben. Große Namen oder Verdienste aus der Vergangenheit spielen für die Berücksichtigung seitens des Trainers keine Rolle.
8. Eingeschränkte Freiheit bezüglich der Freizeitgestaltung
Was die Spieler außerhalb ihrer Kondition als Profi-Fußballer unternehmen, ist ihnen grundsätzlich selbst überlassen. Wenn diese Aktivitäten aber in irgendeiner Weise (zeitlich oder qualitativ) direkt auf die Form oder Verfügbarkeit des Spielers einwirken, kann der Klub sie den Spielern verbieten. So dürfen die Kicker während der Saison keine längeren privaten Flugreisen ohne die Einwilligung oder Genehmigung des Klubs unternehmen.
9. Verbot des Betreibens sogenannter Risiko-Sportarten
Quasi als eine Art Unternorm der vorherigen, sind - wie eigentlich in jeder professionellen Fußball-Mannschaft - sämtliche sogenannten Risiko-Sportarten (wie z.B. Skifahren) den Spielern untersagt. Damit soll generell das Verletzungsrisiko, das im Fußball selbst ja schon hoch genug ist, verringert werden.
Zuwiderhandlungen würden als schwerer Vertragsbruch gewertet - und könnten mit weitaus ernsteren Strafen als einer bloßen Geldstrafe geahndet werden.
10. Repräsentation des Klubs
Die Spieler sind das Gesicht (oder Aushängeschild) eines jeden Fußball-Klubs. Dementsprechend wird auch von den Barça-Stars erwartet, dass sie sich im öffentlichen Raum entsprechend verhalten und ihrer Vorbildfunktion nachkommen. Dazu gehört sowohl ein empathisches Verhalten gegenüber den Fans (eigenen wie gegnerischen) als auch das absolute Verbot von moralisch (oder gar rechtlich) bedenklichen Aktivitäten.
Die meisten dieser Normen sind natürlich alles andere als überraschend - und herrschen, mit etwaigen Abweichungen im Detail, bei nahezu jedem Profifußball-Klub.