Analyse: Krisenstimmung in Gladbach! - Das sind die Probleme der Fohlenelf

  • Gladbach enttäuscht gegen Darmstadt
  • Borussia kriegt die eigenen Schwächen nicht in den Griff
  • Der Trend zeigt nach unten

Enttäuschte Gladbacher nach dem Remis gegen Darmstadt
Enttäuschte Gladbacher nach dem Remis gegen Darmstadt / Christof Koepsel/GettyImages
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Das 0:0-Unentschieden gegen Darmstadt 98 markierte für Borussia Mönchengladbach eine weitere Enttäuschung in dieser Saison. Diese häufen sich derzeit aber aufgrund verschiedener Schwachstellen so häufig, dass der Blick nach unten ernstgenommen werden muss. Eine Analyse.

Umbruch-, Übergangs- oder Aufbausaison hin oder her, wie auch immer man es nennen mag: Borussia Mönchengladbach muss ein Heimspiel gegen Darmstadt 98 gewinnen. Punkt.

Pflichtsiege sorgen regelmäßig für Enttäuschungen: Der Sicherheitspuffer ist sehr klein

Dass das am Samstagnachmittag nicht gelungen ist, kann auch nicht mehr als einmaliger und damit sehr seltener Ausrutscher bezeichnet werden. Es war bereits das fünfte Mal in dieser Saison, dass die Fohlenelf ein Duell gegen einen Tabellenletzten nicht gewinnen konnte. Gesunkene Ansprüche und damit ein Fokus auf eine möglichst ruhige Saison hin oder her: Das sind mindestens zwölf Punkte, die eigentlich fest eingeplant werden sollten - wenn nicht gar die vollen 15 Zähler.

Es sind schlussendlich genau die Punkte, die fehlen, um eine wirklich geräuschlose Saison zu spielen, die dann einen guten Nährboden für weitere Entwicklungen zur Verfügung stellt. Es sind beispielhafte Resultate wie die beiden 1:3-Niederlagen bei Union Berlin und beim 1. FC Köln, sowie das 2:2-Remis gegen Mainz 05, die es bedeutend schwerer machen, die Punktverluste gegen die wirklich großen Teams verzeihen zu können.

Punktverlust nach Führungen: Eine seit Saisonbeginn große Schwachstelle

Ein dahingehend ebenfalls sehr großes Problem, das dringend angesprochen werden muss: Die zahlreichen Punktverluste nach eigenen Führungen. Diese kamen auch oft, aber längst nicht nur gegen die Abstiegskandidaten der laufenden Saison zustande.

Aus 14 eigenen Führungen hat die Mannschaft von Gerardo Seoane gerade einmal fünf Siege geholt. Viermal erreichte der Gegner noch eine Punkteteilung, ganze fünfmal wurden die Partien sogar noch verloren. Das macht satte 23 Punkte, die nach eigener Führung nicht geholt wurden. Theoretisch wären so 42 Zähler möglich gewesen, von denen allerdings nur 19 auch eingetütet wurden. Natürlich mündet nicht jeder Führungstreffer auch in einem Sieg. Trotzdem ist die schiere Menge an vergebenen Punkten eine eklatante Schwäche, die sich durch die gesamte Spielzeit zieht.

Die Defensive als große Hürde für die Fohlen: Zweitmeiste Gegentore und große Auswärts-Probleme

Doch warum gibt die Borussia so viele Punkte ab oder erreicht sie oftmals erst gar nicht? Ein definitiv nicht zu unterschlagener Aspekt: Die schwache Defensive. Mit 41 Gegentoren nach 21 Spieltagen stellt die Fohlenelf die zweitschlechteste Abwehr. Lediglich Darmstadt - ausgerechnet - hat bereits mehr Gegentreffer (49) hinnehmen müssen.

Natürlich wird es enorm schwer, ein Spiel zu gewinnen, wenn im Schnitt fast zwei Gegentore pro Spiel ausgeglichen werden müssen. Schaut man auf den sogenannten 'xGA'-Wert, also die rechnerisch erwartbaren Gegentore, so steht Gladbach auf dem fünftletzten Rang (via Understat). Diesem Wert zufolge hätte man abgerundet 40 Gegentore hinnehmen müssen, was also ziemlich genau der Realität entspricht.

Besonders eklatant wird dieser ohnehin schon schlechte Wert, wenn man auf die Auswärts-Daten schaut. Auf zehn Auswärtsspiele kommt ein xGA-Wert von aufgerundet 25 - also 2,5 Gegentore pro Spiel in der Ferne. Und wer sich ein bisschen mit diesen Statistiken auskennt, der weiß: Aus einem Wert von 1,0 xGA (oder auch xG in die andere Richtung) erfolgt zumeist eher mehr und nicht weniger als ein Tor. Auswärts lässt die Seoane-Mannschaft also Torchancen zu, die eher sogar für drei Gegner-Tore reichen sollten. Zusammengefasst: Es wird den gegnerischen Teams viel zu einfach gemacht, möglichst viele Gegentore zu schießen. Auswärts ist es nochmal schlimmer als ohnehin schon. So lassen sich natürlich wenige Punkte holen, auch nach eigenen Führungen.

Virkus sieht Gladbach als Ballbesitzmannschaft - dazu fehlt aber noch einiges

Dementsprechend stellt sich natürlich auch die Frage nach dem Spielstil der Borussia, nach der Philosophie. Als Roland Virkus im Sommer 2022, nach der Aufarbeitung einer vergleichsweise enttäuschenden Saison (mit Tabellenplatz zehn) erklärte, wofür der Klub auf dem Platz stehen soll, sagte er: "Technisch gute Fußballer, viel Ballbesitz, eine hohe Spielintelligenz – das ist Borussia Mönchengladbach."

Insbesondere der Aspekt des "viel Ballbesitz", also dem Stile einer Ballbesitzmannschaft, muss dieser Tage genau betrachtet werden. Auf das einzelne Spiel heruntergerechnet, hat Gladbach einen durchschnittlichen Ballbesitz von 46 Prozent - lediglich vier Mannschaften haben im Durchschnitt noch weniger den Ball.

Natürlich liegt das auch an der Herangehensweise in einzelnen Spielen. Dabei dient vor allem das Duell mit Bayer Leverkusen vor wenigen Wochen als Beispiel. So war es sicherlich nicht die falsche Entscheidung von Seoane, der Werkself mehr den Ball zu überlassen, um selbst auf Umschaltaktionen zu setzen. Der Ballbesitz-Anteil entsprach mickrigen 25 Prozent, der durch das 0:0 gewonnen Punkt war wichtig.

Trotzdem muss die Borussia zu einem größeren Anteil an Ballbesitz kommen - und diesen dann auch noch besser umsetzen. Nicht einmal primär im Hinblick auf die eigenen Torchancen, denn der xG-Wert von 31 ist nicht wirklich schlecht (Platz neun der Liga), zumal durch eine gute Effizienz sogar noch fünf Tore mehr erzielt als rechnerisch herausgespielt wurden. Für das Team viel wichtiger: Eine gut sortierte und geordnete Ballbesitzmannschaft lässt meistens auch in der Anzahl weniger und in der Größenordnung kleinere Torchancen zu - Stichwort zahlreiche Gegentore.

Gladbach vor entscheidenden Wochen: Größerer Abstand zum Abstiegskampf oder ein Hineinrutschen

Nun kommen also all diese genannten Faktoren in der aktuellen Ausgangslage zusammen. Und die sollte keineswegs schöngeredet werden.

Gladbach hat aus den letzten acht Pflichtspielen nur einen einzigen Sieg geholt. Sollte der 1. FC Köln am heutigen Sonntag gegen die TSG Hoffenheim gewinnen, beträgt der Vorsprung auf den Relegationsplatz nur noch vier Punkte. Und wer wissen möchte, wie schnell ein solcher Vorsprung schmelzen kann, braucht nur auf die letzten Wochen zu schauen: In die Rückrunde startete die Fohlenelf noch mit acht Zählern vor dem Relegationsplatz.

Umso wichtiger ist es, dass die Seoane-Truppe in den nächsten Wochen die vergleichsweise großen Gelegenheiten für Befreiungsschläge nutzt. Nach dem Auswärtsspiel bei RB Leipzig geht es zunächst gegen den VfL Bochum, ehe mit Mainz 05 und dem 1. FC Köln zwei weitere Mannschaften folgen, gegen die dringend gewonnen und somit auch ein Ausrufezeichen setzt werden muss. Ansonsten könnte die Saison doch noch äußerst unruhig werden.


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