Kutucu in die Startelf oder nicht? Warum die Meinungen auf Schalke auseinander gehen

Ahmed Kutucu wartet noch weiter auf einen Startelf-Einsatz für Schalke in der Liga
Ahmed Kutucu wartet noch weiter auf einen Startelf-Einsatz für Schalke in der Liga / DeFodi Images/Getty Images
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Vor dem 31. Spieltag wartet Ahmed Kutucu in dieser Saison noch immer auf einen Startelfeinsatz. Viele Anhänger von Schalke fordern die Aufstellung des Eigengewächses permanent und laut, andere wiederum belächeln dies und verweisen auf Kutucus Schwächen.

Der Versuch einer Erklärung, warum die Forderung verständlich ist, aber auch die Kritik daran nicht vergessen werden darf.

Die ganze Saison über - so deutlich muss es wohl festgehalten werden - leidet der Sturm von Schalke 04. Er leidet an viel zu wenig kreierten Torchancen, die ein torhungriger Angreifer eigentlich nur noch verwandeln muss. Davon gibt es beim S04 viel zu wenig, und das nicht erst seit der mittlerweile miserablen Rückrunde. Auch in der Hinrunde, in der die Mannschaft durch Leidenschaft und einen großen Einsatz stark überperformt hat, gab es dieses große Problem.

Regelmäßig auf der Schalker Bank, aber als Joker gefragt: Ahmed Kutucu
Regelmäßig auf der Schalker Bank, aber als Joker gefragt: Ahmed Kutucu / TF-Images/Getty Images

Manch einer wird sich an die Debatten erinnern, warum es auf Schalke die Mittelfeldspieler (wie Amine Harit oder Suat Serdar) waren, die die Tore geschossen haben. Guido Burgstaller ist seit über einem Jahr in der Bundesliga ohne Tor, Michael Gregoritsch kann - bis auf sein Einstand-Spiel - keineswegs überzeugen. Benito Raman und Rabbi Matondo leiden seit nun einem Dutzend Spielen an der Defensiv- und Mutlos-Variante von Trainer David Wagner. Sie alle sind nicht mehr gefährlich, manch einer nicht erst seit der Rückrunde. Und Ahmed Kutucu? Der sitzt weiter auf der Bank.

Populäre Forderung: Kutucu in die Schalke-Startelf

Woche für Woche wartet Kutucu zusammen mit zahlreichen S04-Anhängern auf seinen ersten Startelfeinsatz in der aktuellen Bundesligasaison. Überraschend, dass er dennoch zu ganzen 21 Einsätzen kommt - alle durch Einwechslungen, manchmal früher, manchmal später. Durchschnittlich steht er pro Einsatz etwa 22 Minuten auf dem Feld. Viel zu wenig, meinen diese zahlreichen Fans, die sich bei Facebook, Twitter und Co. ihren Frust darüber von der Seele reden. Frust auch darüber, dass stattdessen Spieler wie Burgstaller oder Gregoritsch auflaufen, die über weite Strecken nur ganz wenig Gefahr ausstrahlen.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch Fans, die dieses Fordern nach Kutucu nur müde belächeln. Das tun sie nicht, weil sie den gebürtigen Gelsenkirchener nicht leiden mögen, oder dessen Konkurrenten persönlich kennen. Es gibt logische wie taktische Argumente, die gegen die Startelf und/oder gleichzeitig eher für eine Einwechslung des 20-Jährigen sprechen. Das hatte auch schon Trainer David Wagner in der Hinrunde angesprochen.

Kutucu im DFB-Pokal gegen Hertha BSC
Kutucu im DFB-Pokal gegen Hertha BSC / DeFodi Images/Getty Images

Was ist denn nun richtig? Muss Kutucu in die Startelf, ist das Fordern dessen verständlich? Oder braucht er noch seine Zeit, wäre es somit müßig, ihm den Vorzug zu geben - ist die Kritik also angebracht? Ja und ja. Fans, die den bodenständigen Kutucu von Beginn an sehen möchten, haben gute Gründe. Fans, die dagegen argumentieren, haben diese ebenso. Warum also gegeneinander ausspielen, anstatt das große Bild zu betrachten?

Der türkische Nationalspieler belebt das Schalker Spiel, das ist nach jeder Einwechslung deutlich spürbar. Oft sind mehr Tempo, mehr Leidenschaft und mehr Wille vonnöten. Etwas, das die S04-Mannschaft im jeweiligen Spiel mehr verkörpern muss - besonders aktuell, nach zwölf sieglosen Partien in Folge.

Verbesserungspotenzial ist offensichtlich wie logisch - Konkurrenten spielen aber nicht besser auf

Andererseits hat der Youngster auch noch Verbesserungspotenzial. Das ist schlicht normal, alles andere wäre in seinem Alter seltsam. Wagner erklärte, Kutucu habe vor allem in taktischer Sicht "noch extremst viel zu lernen". Damit bezog er sich primär auf das Pressing-Verhalten seiner Mannschaft, während er Burgstaller als den "besten Pressing-Stürmer" (und "Mentalitätsmonster") bezeichnete.

Und genau an dieser Stelle kommt der wichtige Cut, der beide Seiten miteinander verbindet. Ja, Kutucu hat noch Raum für Verbesserungen, vor allem im Anlaufen, in taktischer Sicht auf das Verteidigen im Sturm. Allerdings kommt es vor allem in der Rückrunde gar nicht mehr wirklich auf diesen Aspekt an, da S04 das mutige und in der Regel hohe Pressing der Hinrunde augenscheinlich ad acta gelegt hat. Dazu kommt, dass er einen gradlinigen Zug zum Tor hat und er schnell versucht, gefährlich abzuschließen.

Ein Aspekt, der vor allem Sturmkollegen wie Gregoritsch und Burgstaller vermissen lassen. Sie mögen durch Wagners ganzheitlichen Blick insgesamt einen größeren Mehrwert für das Team darstellen, doch spricht mittlerweile nichts mehr dagegen, Kutucu in die lang ersehnte Startelf zu setzen. Schließlich soll das Eigengewächs ja auch noch einige Jahre für Königsblau spielen und ein provozierter Abschied wäre wohl mehr als ungünstig - auch für die Stimmungslage.

"Kutucu-Debatte": Verständnis für beide Ansichten - am Ende verhungern die Schalke-Stürmer ohnehin

Somit kann man gut festhalten, dass beide Seiten in der "Kutucu in die Startelf!"-Diskussion ihre berechtigten Argumente und Ansichten haben. Der Junge hat es sich redlich verdient, schlechter auftreten als seine Konkurrenten kann er ohnehin nicht mehr. Andererseits hat es ebenfalls keinen Mehrwert, die Augen vor den notwendigen Verbesserungen zu verschließen. Der 20-Jährige ist noch kein voll ausgebildeter Stürmer, das ist logisch. So ist es mehr als verständlich, ihn endlich in der Startelf sehen zu wollen, aber auch verständlich, dass es am vehementen Fordern Kritik gibt.

Am Ende eint alle S04-Stürmer und die beiden Seiten dieser sachlichen Debatte doch eins: Egal wer im Sturm aufläuft, momentan würden sie alle schlecht aussehen, momentan würden sie alle verhungern. Schließlich werden keine Torchancen erspielt. Das Positive im Negativen sehen, oder so ähnlich.