Quo Vadis, Kai Havertz? - Wenn die Wahl zur Qual wird

Kai Havertz muss im Sommer die Weichen für seine Zukunft stellen
Kai Havertz muss im Sommer die Weichen für seine Zukunft stellen / Stuart Franklin/Getty Images
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Kai Havertz ist im Sommer eines der begehrtesten Transferprospekte. Der deutsche Nationalspieler kann sich die Farben, die er in der kommenden Saison tragen wird, quasi aussuchen. Diese Wahlfreiheit kann allerdings auch zur Qual werden.

Zuletzt brachte sich der FC Chelsea bei Havertz in Stellung. Die Blues reihen sich in die lange Liste der Interessenten ein, zu denen vor allem Real Madrid, der FC Barcelona und der FC Bayern zählen; auch der BVB wird immer wieder als mögliche Adresse genannt. Durch die Coronakrise und die erschwerten Marktbedingungen ist mittlerweile auch ein Verbleib bei Bayer Leverkusen nicht mehr kategorisch ausgeschlossen.

Bei der Werkself reifte der 20-Jährige in dieser Saison zum absoluten Leitwolf. In 38 Pflichtspielen verbuchte Havertz bereits 15 Tore und acht Vorlagen und stand zudem fünf Mal als Kapitän der Rheinländer auf dem Rasen. Der offensive Mittelfeldspieler hat seinen Status als goldenes Talent mühelos abgestreift und gezeigt, dass er bereits bei den ganz Großen mitspielen kann. Vergessen darf man allerdings auch nicht, dass der Nationalspieler nunmal erst 20 Jahre alt ist und noch nie außerhalb vom überschaubaren Leverkusen gekickt hat.

Kai Havertz' Optionen: Weiterwachsen in der Bundesliga?

Ein Wechsel innerhalb Deutschlands, möglicherweise auch als Zwischenschritt, wäre finanziell zwar nicht das Maß aller Dinge, zumindest aber ein Verbleib in der Komfortzone Bundesliga. Dass das deutsche Oberhaus fantastischer Nährboden für Havertz' Entwicklung ist, steht außer Frage. Beim FC Bayern oder dem BVB könnte Havertz auf höherem Niveau das Selbstverständnis für die Weltspitze entwickeln und weiterhin unter überschaubaren Erwartungen auflaufen. Dass junge Spieler in München und Dortmund derzeit gut aufgehoben sind, ist belegt.

Ein Wechsel ins Ausland, dem Havertz gegenüber nicht abgeneigt sein soll, respektive in die Weltspitze, hat sich in der jüngeren Geschichte schon für manches Ausnahmetalent als Karriereknick erwiesen; nachzufragen bei Ousmane Dembele oder Martin Ödegaard, die beide bei den spanischen Branchenprimen zu kämpfen hatten und haben. Die Erwartungshaltung in Madrid oder Barcelona ist nicht mit der in der Bundesliga, geschweige denn in Leverkusen zu vergleichen.

Es gibt allerdings auch Gegenbeispiele. Leroy Sane hat sich bei Manchester City prächtig entwickelt, auch Antonio Rüdiger, der über die AS Rom beim FC Chelsea landete, zählt auf seiner Position mittlerweile zur Weltspitze. Oder anders ausgedrückt: bei einem Wechsel ins oberste Regal muss vieles passen. Auch ein Wechsel innerhalb der Liga kann sich als Stolperfalle erweisen; Stichwort Mario Götze. Sicherheiten gibt es im Fußball nicht - schon gar nicht im Alter von 20 Jahren.

Durch die von der Corona-Krise herbeigeführte finanzielle Knappheit ist auch ein Verbleib in Leverkusen wieder ein Thema. Dort könnte Kai Havertz sich im gewohnten Umfeld weitere Sicherheit aneignen; die Werkself ist zudem auf dem Weg nach Oben, steht neben dem Einzug ins DFB-Pokalfinale auch vor dem erneuten Einzug in die Champions League. Nichtsdestotrotz dürfte Havertz Leverkusen in diesem Sommer verlassen; seine aktuelle Saison belegt, dass er für diesen Schritt auch definitiv bereit ist.

Kai Havertz stehen alle Möglichkeiten offen
Kai Havertz stehen alle Möglichkeiten offen / Matthias Hangst/Getty Images

Bleibt die Qual der Wahl. Beim BVB könnte Havertz mit Kumpel Julian Brandt spielen und die Schwarz-Gelben möglicherweise auf ein Level mit dem FC Bayern heben. Beim Rekordmeister indes würde Havertz auf viele Kollegen aus der Nationalmannschaft treffen und mit Hansi Flick einen Trainer vorfinden, der junge Spieler einzusetzen weiß. Beide Adressen könnten sich für Havertz sportlichen Werdegang als profitabel erweisen. Favorit in der Bundesliga ist aber dezidiert der FC Bayern.

Ist Kai Havertz bereit für die ganz großen Kaliber?

Im Ausland sollen Havertz vor allem der FC Barcelona und Real Madrid reizen. Dort würde der 20-Jährige auf der größtmöglichsten Bühne spielen, wäre allerdings auch einer deutlich höheren Fallhöhe ausgesetzt. Mit dem FC Chelsea bringt sich nun ein weiterer Top-Club in Stellung; bei den Blues würde Havertz von Mittelfeld-Legende Frank Lampard angelernt werden und - im Vergleich zu den nationalen Optionen - wohl ein exorbitantes Gehalt einstreichen. Der monetäre Aspekt - und die Aussicht, in der Weltmetropole London zu leben -, ist schlichtweg nicht von der Hand zu weisen.

So oder so: Kai Havertz kann viel falsch machen. Ungeachtet seiner fußballerischen Qualität entscheidet sein nächster Schritt maßgeblich über den Verlauf seiner weiteren Karriere. Die Reife, die der Nationalspieler bereits an den Tag legt, ist bemerkenswert. Nichtsdestotrotz kann die Wahlfreiheit, über die Havertz verfügt, auch zur Qual werden.