Schalker Offensivspiel und Amine Harit - Eine Symbiose im Negativtrend
Von Yannik Möller
Blickt man auf die letzten rund zehn Liga-Partien von Schalke 04, erkennt man (ergebnisunabhängig) einen Abwärtstrend im spielerischen Auftreten. Auffällig unauffällig blieb auch Amine Harit in der bisherigen Rückrunde - dabei besteht eine Art Symbiose zwischen ihm und dem S04-Offensivspiel: Beides ist abhängig voneinander.
Schalke hat in den letzten Wochen spürbar abgebaut, was das eigene Spiel betrifft. Die mutigen, leidenschaftlichen und vor allem schnellen Auftritte und Spielzüge aus weiten Teilen der Hinrunde sind in der bisherigen Rückrunde nicht zu erkennen - Ausnahme: der Auftakt gegen Gladbach. Zu häufig spielt man zu behäbig, in der Offensive viel zu zäh und unkreativ. Das Resultat: Die Siege fehlen.
Großen Anteil an den nicht wenigen erfolgreichen Spielen hatte ein Amine Harit in Topform. Viele wunderten sich über den kurzfristigen Werdegang des 22-Jährigen: Nachdem er unter Domenico Tedesco im letzten Jahr als Transferkandidat galt, machte David Wagner ihn zu einem der wichtigsten Stammspieler. Mit sechs Toren und sechs Assists konnte er bis zum Winter auch statistisch seinen Wert unter Beweis stellen. Nach dem 2:0-Erfolg gegen Borussia Mönchengladbach erreicht er seine Topform jedoch nicht mehr - und das hängt maßgeblich mit dem abhanden gekommenen Offensivspiel der Königsblauen zusammen. Man könnte es auch als eine Art Symbiose bezeichnen.
Harit funktioniert ohne Offensive nicht - Enge Räume und Zweikämpfe als Achillesferse in der Rückrunde
"Der Begriff Symbiose stammt ursprünglich aus der Biologie und beschreibt hier evolutionär entstandene Formen des funktionalen Zusammenlebens artfremder Individuen zu wechselseitigem Nutzen" - so lautet die Definition seitens Wikipedia. Grob zusammengefasst und auf den beschriebenen Fall gemünzt: Amine Harit ist ebenso von der ursprünglichen mutigen und offensiven Spielidee abhängig, wie diese von ihm. Beide sind ohne den jeweils anderen weniger wichtig, weniger erfolgreich.
In den Hinrunden-Spielen agierte man deutlich offener, man suchte das eigene Heil im Angriff nach vorne, in Verbindung mit einer souveränen Defensive. Dadurch ergaben sich - auch durch das hohe Pressing - mehr Räume für Harit, der zeitgleich mehrere Mitspieler als Anspielstationen zur Verfügung hatte. Zwei wichtige Voraussetzungen, um den Marokkaner richtig einsetzen zu können. In den letzten Spielen zog man sich teilweise zurück, verteidigte lieber ein Remis, als einen Sieg einzufordern. Das Resultat: Kaum Räume, kein intensives Nachrücken. Harit wurde in enge Zweikämpfe und Dribbel-Aktionen gezwungen, die er immer häufiger verlor - anschließend lief man oft in gefährliche Konter. Ohne Harit kein Offensivspiel, ohne Offensivspiel kein Harit.
Auch Omar Mascarell sieht das so, wie die Sportbild ihn zitiert: "Die Gegner haben sich auf Amine eingestellt, gehen gegen ihn härter zur Sache als noch in der Hinrunde, somit lassen sie ihm viel weniger Raum."
Des Weiteren wird berichtet, dass man intern mehr auf Pässe und rechtzeitiges Abspielen setzen will, als auf seine Dribblings. Den "nächsten Schritt machen und erwachsener spielen", heißt es. Zudem liefert die Sportbild wichtige Zahlen: Harit gewann zuletzt nur noch 22 Prozent seiner Eins-Gegen-Eins-Duelle, zuvor waren es noch ganze 51 Prozent. Außerdem muss er deutlich mehr Zweikämpfe bestreiten: In der Hinrunde durchschnittlich 21 pro Partie, in der bisherigen Rückrunde satte 29 je Spiel. Auch hier macht sich der thematisierte enge Raum bemerkbar.
Der S04-Schlüssel liegt in der Offensive: Für den Erfolg, für Harit und auch für die Fans
Natürlich leidet der 22-Jährige auch unter dem derzeitigen Ausfall von Suat Serdar. Dieser war in zahlreichen Spielen ein enorm wichtiger Mitspieler und Spielpartner von Harit. Beide gelten als die (einzigen) kreativen Kräfte im S04-Spiel, sodass sie gut harmonieren konnten. Ein weiterer Umstand, der in den letzten Wochen zu deutlich weniger Einfluss auf dem Platz führte.
Für Schalke wäre es dementsprechend wichtig, wieder deutlich mutiger zu agieren und mehr in die Offensive zu investieren. Das hohe Anlaufen und das schnelle Kombinieren sind zwei wichtige Aspekte, die Königsblau bislang so erfolgreich und gefährlich machten. Davon könnte auch Amine Harit profitieren, der dann seinen Soll ebenfalls erfüllen kann und soll. Diese Marschrichtung hätte man bereits in den Begegnungen gegen Hertha BSC, sowie den SC Paderborn und Mainz 05 wieder etablieren müssen. Gegen RB Leipzig am Samstagabend wird das ein kompliziertes Unterfangen.