Nuri Şahin bei Werder nicht mehr gefragt - Abschied im Sommer?
Von Christian Gaul
Obwohl bei Werder Bremen vieles auf einen bitteren Gang in die Zweite Liga hindeutet, hält der Verein an Trainer Florian Kohfeldt fest. Dessen Umgang mit verdienten Spielern wie Michael Lang scheint ein Indiz für die hoch angespannte Lage an der Weser zu sein, sieht doch Zusammenhalt im Abstiegskampf anders aus. Auch den 31-jährigen Nuri Şahin scheint die Missgunst des Trainers getroffen zu haben, die letzten drei Spiele saß der Türke die vollen 90 Minuten auf der Bank. Sein Vertrag läuft im Sommer aus, unabhängig von der Ligazugehörigkeit wird Şahin wohl unter Kohfeldt in Bremen nicht mehr glücklich werden.
Während Nuri Şahin zu Beginn der laufenden Saison noch als unumstrittener Stammspieler galt und mit drei Torvorlagen in den ersten vier Spielen glänzte, nahmen seine Einsatzzeiten nach einer Serie von fünf Bundesliga-Unentschieden rapide ab. Als Knackpunkt kann seine aus taktischen Gründen erfolgte Auswechslung in der 27. Minute beim Stand von 0:3 im Heimspiel gegen Mainz 05 am 16. Spieltag ausgemacht werden - angeblich widersetzte sich Şahin den Anweisungen des Trainers.
Danach stand er nur noch einmal über die komplette Distanz auf dem Platz und schaute in den letzten drei Begegnungen von der Seitenlinie zu, wie seine Kollegen gegen Borussia Dortmund im DFB-Pokal gewannen (3:2) und in der Liga gegen Union Berlin (0:2) und bei RB Leipzig (0:3) verloren.
Şahin kein Sündenbock - aber wenig hilfreich
In Şahin jetzt den Alleinschuldigen für den Bremer Niedergang erkannt zu haben, wird dem 52-fachen türkischen Nationalspieler nicht gerecht. Zu viele der erhofften Führungsspieler präsentierten sich völlig unter ihrem Niveau - und die Kaderplanung gerade im Hinblick auf den Abgang von Max Kruse und die von den Verantwortlichen nicht geschlossene Lücke im Bremer Angriff ist auch stark zu hinterfragen; Şahins Qualitäten sind einfach momentan nicht gefragt bei Kohfeldt.
Der Blick nach oben fällt ihm momentan schwer
Kohfeldt beschrieb Şahin kürzlich laut der Bild folgendermaßen: "Wenn die Räume eng sind, ist Nuri einer der besten Zweikämpfer der Liga" und nennt damit durch Blume ein altbekanntes Defizit des Mittelfeldspielers - Şahin ist einfach zu langsam. Hinzu kommt, dass der Linksfuß in seiner bisherigen Karriere beim FC Liverpool oder Real Madrid nicht mit dem harten Abstiegskampf konfrontiert wurde. Zwar war er Teil der Mannschaft in der Seuchensaison 2014/15 von Borussia Dortmund, doch fehlte er damals aufgrund von Verletzungen in 27 von 34 Spielen.
Kohfeldt setzt zudem eher auf lauf- und kampfstarke Akteure wie Davy Klaassen und Maximilian Eggestein in der Zentrale und kann vor der Dreierkette keinen hüftsteifen Regisseur riskieren - die letzten Liga-Resultate stützen Kohfeldts Ansatz jedoch nur bedingt.
Dortmund als letzte Chance für Şahin?
Nuri Şahin bestritt 274 Pflichtspiele für Borussia Dortmund und ironischerweise könnte sich das kommende Ligaspiel gegen den BVB als letzte Chance für eine Vertragsverlängerung herausstellen. Durch die Gelb-Sperre von Eggestein und den Verletzungen von Philipp Bargfrede und Neuzugang Kevin Vogt wird Kohfeldt nahezu gezwungen sein, Şahin von Beginn an auf den Platz zu stellen.
Ob der ehemalige Dortmunder im Spiel gegen seinen offensivstarken Ex-Klub Punkte sammeln kann, wird abzuwarten sein. Sollte Kohfeldt selbst bei der aktuellen Personalsituation auf Şahin verzichten, kann das Kapitel für die restliche Rückrunde als nahezu geschlossen betrachtet werden.
Şahin 2018 noch im Trikot seines langjährigen Vereins Borussia Dortmund
Über eine Vertragsverlängerung zum jetzigen Zeitpunkt macht man sich in Bremen verständlicherweise zu Recht wenig Gedanken. Erstens kann man noch nicht wissen, in welcher Liga man im nächsten Jahr spielt und zweitens ist der von Manager Frank Baumann beständig bekräftigte Kredit für Trainer Florian Kohfeldt eventuell doch bald aufgebraucht.