Gladbach-Fans planen Proteste gegen RB Leipzig - Sinn und Unsinn in der Fankurve

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 Borussia Mönchengladbach hat in der 1. Bundesliga noch kein einziges Spiel gegen RB Leipzig gewonnen, ebenso wurde in jeder Begegnung seitens der Fans der Fohlen gegen das Projekt aus dem deutschen Osten protestiert. Auch im kommenden Spitzenspiel wird es wieder eine angekündigte Aktion geben. Es wird langsam Zeit umzudenken - ein Kommentar.

Nach Informationen des Fachmagazins kicker wird es im Topspiel von RB Leipzig gegen die  Borussia ​(voraussichtliche Aufstellung hier) zu Beginn ein 19-minütiges Pfeifkonzert seitens der Gladbacher Fans geben. Laut der Ultra-Gruppierung "Sottocultura" wolle man damit "ein Zeichen gegen das Produkt und die allgemeine Kommerzialisierung des Fußballs setzen". 

Zudem werde man auch "optisch" präsentieren, dass man sich vom "Werbeprodukt" RB Leipzig distanziert. Vor allem über die zweite Ankündigung darf spekuliert werden. Wird es bei Transparenten bleiben oder setzt man auf Pyrotechnik? 

Form des Protestes

Persönlich kann ich die ablehnende Haltung gegenüber ​Rasenballsport verstehen, dennoch muss ich sie nicht unterstützen. Es ist nachvollziehbar, dass man als Anhänger eines Vereins wie der Borussia einem auf dem "Reissbrett" entworfenen Emporkömmling kritisch gegenübersteht. Gerne kann man auch im stillen Protest auf die Kommerzialisierung des Fussballs hinweisen und mit Bannern die eigene Wertschätzung für den Mönchengladbacher Weg äußern. Jedoch sollte man meiner Meinung nach über die Umsetzung dieser Anliegen diskutieren. 

Abgesehen davon, dass Pyrotechnik im Stadion nichts zu suchen hat, sollte es dazu kommen, ist ein minutenlanges Pfeifkonzert in der Fankurve einfach nicht zu ertragen. Ja, ich stand auch in der letzten Saison im Auswärtsblock in Leipzig und musste mir das Spiel von stumpfem Gepfeife über längere Zeit kaputt machen lassen. Ähnlich ging es anderen Fans, die ihre teilweise stundenlange Anreise bereuten. Zudem scheint diese Art der "Meinungsäußerung" der eigenen Mannschaft nicht gerade zu helfen, wenn man die Ergebnisse der Spiele betrachtet.

Energieverschwendung

Ähnlich wie man sich am Niederrhein über den Sinneswandel freut, Spiele jetzt gewinnen statt sie nicht verlieren zu wollen, sollte man meines Erachtens auch eher auf die Unterstützung der Borussia in einem schweren wie spannenden Spitzenspiel beim momentanen Tabellenführer setzen und seine von der Mannschaft gerne angenommene positive Energie nicht in Form von wenig kreativer Monotonbeschallung verschwenden.

Mönchengladbach hat die Chance, mit einem Sieg RB Leipzig in der Tabelle zu überholen, eventuell sogar wieder selbst Tabellenführer zu werden. Der Ausgang des Spiels wird auch davon beeinflusst werden, wie die Mannschaft in die Partie findet. Gerade in der Anfangsphase benötigt sie dann die positive Resonanz der eigenen Fans und nicht noch mehr Stressfaktoren. Man stelle sich einen 0:3-Rückstand nach genau 19 Minuten vor, es will dann wohl keiner dafür verantwortlich gewesen sein.

Die Fans sollten lieber das eigene Team supporten

Den Spielern, Fans und der Führungsetage von RB wird das Gepfeife wenig bis gar nichts anhaben. Der Verein wird seine Strategie nicht neu ausrichten, Fans und Spieler sind die Unmutsbekundungen gewohnt und streifen sie gerade in der heimischen RedBull-Arena lässig vom Ärmel. Die Mannschaft Borussias auf der anderen Seite wird dadurch auch nicht schneller laufen oder mehr Tore erzielen. Insofern hilft dieses Gehabe nur der Bestätigung der Leute und Gruppierungen, welche sich für die Initiierung solcher Aktionen verantwortlich rühmen. 

Konsequenz im Handeln

Letztlich fehlt mir persönlich auch eine gewisse Konsequenz in der Auswahl der zu "verachtenden" Vereine. Wo bleiben die Pfiffe, wenn es gegen ​Bayer Leverkusen oder ​Wolfsburg geht, deren Mutterkonzerne im anscheinend ausschlaggebenden Anti-Kommerzialisierungs-Kontext fragwürdigen Geschäften nachgehen? Warum wurden beispielsweise der ​HSV​Hannover 96 und der ​VfB Stuttgart nie für ihr offen zur Schau gestelltes Missmanagement und die obszöne Verschwendung von Geldern angeklagt, weil sie sportlich seit langem keine Konkurrenz darstellen? Warum zeigt man der börsennotierten eitlen Schwester aus ​Dortmund nicht Transparente mit der Aufschrift "Traditionsverein"? Ist die neureiche ​Hertha aus Berlin jetzt auch zu zu dämonisieren? 

Der europäische Spitzenfussball war schon zu Netzers Zeiten ein Geschäft, nur die Dimensionen haben sich in einer unvernünftigen Art und Weise aufgebläht. Auch Borussia Mönchengladbach zahlt Millionen an Spielergehältern und Ablösesummen. Marco Rose war Trainer von RB Salzburg und Stefan Lainer spielte lange Zeit dort, hält man diesen beiden trillerpfeifend ein Banner vor die Nase, weil sie sich nicht abwertend über ihren ehemaligen Arbeitgeber äußern? Wollen wir zurück zu den Wurzeln und uns neben anderen Urgesteinen wie Karlsruhe, Kaiserslautern oder Wattenscheid einreihen?

Als Fan kann man gerne irgendwann im Jahr 2020 ankommen und die Verhältnisse akzeptieren, anstatt die Vorzüge dieser riesigen Maschinerie für den eigenen Verein zu beanspruchen und die Nachteile auf andere Vereine abzuwälzen. RB Leipzig stellt hier wohl die größte gemeinsame Zielscheibe für alle dar, welche sich nicht mit den Gegebenheiten anfreunden wollen oder den Sport und die Sportinteressierten für das Durchsetzen ihrer persönlichen Agenda missbrauchen.