BVB überrollt Fortuna Düsseldorf: Unorthodoxes Oberwasser

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Der BVB ist zurück in der Spur! Das lässt sich an der Art und Weise des ​Triumphzuges über Fortuna Düsseldorf ablesen. Cheftrainer Lucien Favre musste für das dringend notwendige Oberwasser allerdings unorthodoxe Praxis bedienen - und nun auch daran festhalten.

Man musste sich schon die Augen reiben, am Samstagnachmittag in Dortmund. ​Ein ganz in schwarz gerüsteter BVB überrollte Fortuna Düsseldorf mit 5:0 und erinnerte an ein Borussia Dortmund, das in dieser Saison bislang hoffnungslos vermisst wurde: Spiel- und lauffreudig, kombinierend, jubilierend. Den Triumphzug über die Fortuna, die sich vor gut einem Jahr noch als Stolperstein im Dortmunder Meisterrennen erwies, als starke Leistung zu überschreiben, wäre zu einfach. Es war - endlich wieder! - eine BVB-esque Leistung der Schwarz-Gelben. 

BVB geht "Schritte in die richtige Richtung"

Seit den Tagen von Jürgen Klopp prägt dieses jugendhafte, ekstatische, völlig entwaffnende Überrollkommando den BVB; und Lucien Favre wusste diesen Fußball in der vergangenen Saison auch noch zu liefern. In der aktuellen Spielzeit, seit Menschengedenken die erste, in der sich die Borussia dezidiert als Meisteraspirant präsentiert, wich die Ekstase eher Fliegenfischen. Dementsprechend brustlösend fühlt sich das Feuerwerk gegen die Fortuna an. Kapitän Marco Reus sprach von "Schritten in die richtige Richtung" - und Gott, fühlt sich das gut an!

Ebenjener ​Marco Reus stand am Samstagnachmittag auch von den Toten auf. Zwei Tore, eine Torvorlage (zwei, wenn man das zurecht nicht gegebene Abseitstor von Jadon Sancho inkludiert) und eine nette Erinnerung daran, dass der Dortmunder Kapitän der beste deutsche Fußballer des jungen Jahrtausends ist. Das ist der Marco Reus, den man in Dortmund sehen will - und den es offenkundig auch braucht. In seinem Licht strahlte die gesamte Offensive um Sancho und Thorgan Hazard. Einen Löwenanteil der Last schulterte allerdings auch Julian Brandt, der an der Seite von Axel Witsel eine überragende Partie spielte und sein Füßchen an jedem Ball hatte, der annähernd Gefahr ausstrahlte.

Favre bricht seine Muster auf

Tatsächlicher Initiator - zumindest Architekt - des Fortuna-Erfolgs war allerdings Lucien Favre. Ja, genau der Lucien Favre, der in Dortmund auf gepackten Koffern sitzt. Der Schweizer, der (nur für's Protokoll) den BVB in der vergangenen Saison beinahe zur ersten Meisterschaft seit 2012 geführt hatte, bediente sich am Samstagnachmittag unorthodoxer Praxen. Schon in der Vorwoche in Berlin begann Favre, seine Muster aufzubrechen. Gegen Düsseldorf bot der Trainerfuchs dann seine gesamte Palette an Variabilität: Dreierkette, keine zusätzliche defensive Absicherung im zentralen Mittelfeld, kein Nico Schulz und Dan-Axel Zagadou und (im weiteren Spielverlauf) Leonardo Balerdi in der schwarz-gelben Abwehr. Hui! 

Besonders die Dreierkette scheint den BVB-Spielern die Fesseln zu nehmen. Über die schnellen, offensivdenkenden Außen - in persona: Achraf Hakimi und Raphael Guerreiro - verschafft sich der BVB Luft und Breite. Im Zentrum darf Julian Brandt erstmals in Dortmund orchestrieren und blüht in dieser Rolle auf. Ohne zusätzliche defensive Absicherung im Mittelfeld neben Axel Witsel denkt die Borussia plötzlich gierig nach vorne und lässt die Wirbelwinde Jadon Sancho und Thorgan Hazard von der Leine. Auch "Papa" Marco Reus fühlt sich in seinem Wohnzimmer plötzlich wieder wohl und glänzt im Mittelpunkt der Familie. Wenn jetzt noch ein Paco Alcacer zurück auf den Platz kehrt... Gute Nacht! 

Den Sieg zu relativieren, weil der Gegner aus Düsseldorf nunmal auch nicht seinen besten Nachmittag erwischt hatte, wäre vermessen. Das, was der BVB am Samstag ablieferte, war eines Meisterschaftsaspiranten würdig. Lucien Favre sieht sich nun aber gewissermassen einer Zwickmühle gegenüber: Die Aufbrechung seiner taktischen Sturheit brachte zwar kurzfristig den Erfolg, steht allerdings konträr zu seiner eigentlichen Idee vom Spiel mit dem runden Leder. Diese Ambivalenz muss der Schweizer nun moderieren - und sich für den Moment der Unorthodoxie hingeben. Denn die sorgt momentan für das lebensnotwendige Oberwasser beim BVB.