Matthäus erkennt kein System beim BVB
Von Guido Müller
Lothar Matthäus hat in seiner Kolumne "So sehe ich das" bei Sky harsche Kritik am BVB und dessen Trainer Lucien Favre geübt.
Dabei nutzt der deutsche Rekordnationalspieler (150 Einsätze) einen beträchtlichen Teil seiner Einleitung dafür, sich andererseits darüber zu beschweren, dass "nach fast jedem Spiel des FC Bayern oder des BVB" deren Trainer kritisiert würden, und "dass das langsam ein Ende haben" müsse.
Aber gut - für Widersprüche war der Herzogenauracher ja schon immer gern zu haben. Im Kern analysiert Matthäus, dass es keine sogenannten kleinen Mannschaften mehr gebe und die Ausgeglichenheit der Bundesliga kein Alleinstellungsmerkmal für die heimische Liga sei.
Ein optimistischer Ausblick bezüglich der Erfolgsaussichten der deutschen Europacup-Starter rundet Matthäus' allgemeines Panorama auf den europäischen Fußball ab.
Matthäus vermisst Philosophie beim BVB
Im weiteren Verlauf knüpft er sich dann den BVB und dessen Übungsleiter vor. Dort stimme weder die Einstellung noch die Ergebnisse, was dazu führe, dass die Atmosphäre leidet. Im wesentlichen vermisst Matthäus beim BVB eine erkennbare Spiel-Philosophie, einen Stil. Ob der BVB nun Ballbesitz-Fußball spielen wolle oder auf Konter setzen. Dies sei für den Weltmeister von 1990 nicht erkennbar.
In dieser Gemengelage regt den früheren Kapitän des FC Bayern vor allem die mangelnde Selbstkritik des Vereins auf. Beim BVB, so Matthäus, rede man sich alles schön, was beim FC Bayern anders sei, weil da wenigstens Torwart Manuel Neuer die Dinge beim Namen benennen würde.
In dieser Sparte kann man Matthäus durchaus zustimmen, nicht jedoch ohne den Verweis auf andere Vereine, wie z.B. Bayer Leverkusen, die auch immer sehr eifrig darum bemüht sind, ein besseres Bild von der Leistung des Teams zu verkaufen, als es die gezeigten Leistungen und am Ende erreichten Ergebnisse hergeben.
So fand ich persönlich am vergangenen Wochenende etwas verwunderlich, in welcher Weise die Bayer-Verantwortlichen sich das 2:2-Heimunentschieden gegen Werder Bremen in rosa Tönen gemalt haben.
Es ist generell in Deutschland eine Tendenz dahingehend zu erkennen, Dinge beschönigend zu kommentieren. Da nimmt der Fußball nicht einmal eine Sonderstellung ein. Einen wichtigen Satz bringt Matthäus dann auch noch unter: Nämlich dass es ein Problem zwischen Favre und Mannschaft zu geben scheine. Diese Vermutung würden die BVB-Verantwortlichen um Hans-Joachim Watzke und Michael Zorc natürlich umgehend und vehement protestierend von sich weisen - allein: Man nimmt es ihnen schon seit längerem nicht mehr ab.
Die zögerliche, ja beinahe hilflose Art, in der Favre seit einigen Wochen das Krisenmanagement bei den Schwarz-Gelben betreibt, wurde am Wochenende geradezu symbolhaft durch seine etwas holprigen Erklärungen während der Pressekonferenz verkörpert.
In diesem Moment habe ich mich schon gefragt: Welcher gestandene und entsprechend hochbezahlte Profi-Fußballer (von denen es im Kader des BVB ja einige gibt) lässt sich eigentlich von so einem Ausbund der Zögerlichkeit den Fußball erklären?
Gerüchte um Favres Nachfolge kursieren - und keiner dementiert!
Problem erkannt, Problem gebannt - heißt es ja im Volksmund.
Doch seitdem die Namen von potentiellen Nachfolgern Favres durch Dortmund geistern, haben sowohl Watzke als auch Zorc keine eindeutigen und unmissverständlichen Signale in Richtung ihrer Widerlegung gesetzt. Der Trainer ist somit - medial gesprochen - eigentlich zum Abschuss freigegeben.
Wie lange man beim BVB allerdings noch solche dem Kader nicht entsprechende Null-Leistungen wie bei Inter Mailand oder beim S04 ertragen will, ist immer noch nicht bekannt. Diese Woche mit dem Pokalspiel am Mittwochabend (20.45 Uhr) gegen die Namensschwester aus Mönchengladbach und dem Spitzenspiel gegen den immer noch ungeschlagenen VfL Wolfsburg (Sa, 15.30 Uhr) sollten eigentlich, so oder so, für genügend Klarheit bei den Verantwortlichen sorgen.