Die Saison des Guido Burgstaller unter der Lupe: Stammplatz verdient?
Von Yannik Möller
Das Spiel am Samstagabend gegen die TSG Hoffenheim hat die Stürmer-Diskussionen auf Schalke weiter ausgebreitet. Erneut gelang Guido Burgstaller kein Treffer, erneut wurde Ahmed Kutucu erst sehr spät eingewechselt. Wenn man sich die bisherige Saison ansieht: Ist der Stammplatz von Burgstaller gerechtfertigt?
Nach sieben torlosen Spielen setzte S04-Coach David Wagner auch am achten Spieltag auf Guido Burgstaller, der neben Rabbi Matondo erneut zum Einsatz kam. Bereits seit Wochen steht der 30-Jährige in der Kritik, vor allem, weil er noch immer kein Tor erzielt hat. Dabei wäre das beispielsweise gegen den 1. FC Köln oder auch gegen die TSG Hoffenheim so wichtig gewesen.
Stürmer-Werte sprechen gegen Burgstaller
Vor dem so wichtigen Derby am Samstag muss man sich daher fragen, ob der Stammplatz von Guido Burgstaller gerechtfertigt ist. Wenn man zunächst lediglich auf die Statistiken schaut, sieht man nach 711 gespielten Minuten einen Assist (Eigentor von Berlins Karim Rekik ausgenommen). Dazu wichtige Werte (via whoscored und sofascore) für einen Stürmer: 2,5 Schüsse auf das Tor pro Spiel, vier vergebene Großchancen, drei Großchancen herausgespielt, 57% erfolgreiche Dribblings und 34% gewonnene Zweikämpfe (insgesamt).
Für den einen oder anderen wird vermutlich die eine Statistik mehr, die andere Statistik weniger wichtig sein für einen Stürmer. Nicht verleugnen kann man jedoch die bisherige enorm schlechte Ausbeute. Wer sich beispielsweise an die Szene gegen Hertha BSC erinnert, wo er Niklas Stark einen Ball direkt vor dem freien Tor abläuft und diesen dann mehrere Meter über die Latte zimmert, der hat bereits einen symbolischen Eindruck über die Standfestigkeit vor dem gegnerischen Tor von Burgstaller der bisherigen Spiele bekommen.
Pro-Argument Pressing - aber auch ein Alleinstellungsmerkmal?
Auf der anderen Seite führte er vor dem letzten Spieltag die Bundesliga-Werte bei den angezogenen Sprints an, dazu ist er oftmals eine gesuchte Anspielstation in der Offensive. Allerdings muss man auch hier unterscheiden. Die zahlreichen Sprints, die man ihm zugestehen muss, erfolgen in der Regel nicht im schnellen Offensiv- oder Umschaltspiel, sondern viel mehr im Pressing. Das ist auch wichtig und funktioniert mit Burgstaller gut, wie man am Sonntag gesehen hat. Die Frage, ob es das Wert ist, ihn immer wieder in die Startelf zu setzen, und ob dies ein Alleinstellungsmerkmal ist, mit dem er sich u. a. gegen Ahmed Kutucu durchsetzen kann, muss jeder für sich und primär David Wagner beantworten.
Gestern Abend war S04-Sportvorstand Jochen Schneider bei RTL Nitro zu Gast, wo er auch über die "Jungs im Sturm" sprach, mit denen man "total zufrieden" sei. Speziell auf Burgstaller bezogen: "Es wurde ja viel über Burgi geschrieben. Man kann es ihm nicht hoch genug anrechnen, wie sehr er für die Mannschaft ackert. Vielleicht fehlen ihm manchmal ein bisschen die Körner." Dass ein Sportvorstand eigene Spieler nicht öffentlich kritisiert oder Fehler thematisiert, sondern diese in Schutz nimmt, ist völlig klar - das sollte man Schneider nicht vorhalten.
Was man ihm allerdings vorhalten kann, ist "das Ackern", was Burgstaller laut Trainer und Sportvorstand anscheinend so einzigartig macht, dass es immer wieder die Berechtigung gibt, dass er nicht nur in der Startelf steht, sondern jedes einzelne Spiel durchspielen darf. Das sind allerdings keine Grundlagen, auf denen man solche Entscheidungen treffen sollte. Natürlich hoffen alle, dass der Knoten bei ihm platzt und solange das Mittelfeld noch genug traf, hatte das auch keine direkten Auswirkungen - in den letzten beiden Spielen jedoch schon.
Kutucu brennt auf Einsätze - gegen ihn spricht sehr wenig
Die spielerischen Werte, prozentual gesehen, sprechen ebenfalls für Kutucu. Er gewinnt dabei mehr Zweikämpfe, sowohl insgesamt, als auch auf Boden und Luft verteilt, hat mehr erfolgreiche Dribblings und eine bessere Passgenauigkeit in der gegnerischen Hälfte. Dazu hat er in seinen Jokereinsätzen bereits einen Treffer erzielt, und ebenfalls eine Vorlage geben können (auf 120 Minuten gerechnet). Auch die Geschwindigkeit und die Leichtfüßigkeit sprechen für den 19-Jährigen.
So kann man also aus Fan- und Statistik-Sicht zusammenfassen, dass man es bei Burgstaller und Kutucu - auf das Schalker Spiel - mit zwei verschiedenen Stürmertypen zu tun hat. Während der formschwache Österreicher primär und bislang auch nur für das (Gegen-)Pressing wichtig war, und seinen Job dort auch ordentlich erledigt hat, strahlt Kutucu mehr Spielfreude und Torgefahr aus.
So kann man zu verschiedenen Schlüssen kommen, wenn man sich fragt, ob der Stammplatz gerechtfertigt ist. Da ein Ahmed Kutucu aber sicherlich kein Stürmer ist, der das Arbeiten (neben dem mindestens ebenso wichtigen Fußballspielen an sich!) vernachlässigt, kann das kein so wichtiges Alleinstellungsmerkmal für Burgstaller sein. Viel mehr ist es eine solide Grundlage im Spiel ohne Ball, über die er derzeit leider nicht hinwegkommt. Ein Stammplatz und/oder die Aufstellung in der Startelf, dürfte damit momentan nicht gegeben sein. Gut möglich, dass Wagner dennoch auch im Derby auf ihn setzen wird - das Pressing und frühe Anlaufen wird auch gegen Borussia Dortmund im Fokus des Spiels stehen. Zurecht - aber ob das einen erneuten Einsatz Burgstallers von Beginn an rechtfertigt...