Schalke: Das Transferzeugnis von S04
Von Yannik Möller
Der Deadline Day ist Geschichte. Seit Montagabend ist das Transferfenster auch für die deutschen Vereine geschlossen, die Kader stehen nun fest. Schalke 04 war mit sehr begrenzten Mitteln in die Vorbereitung und in die Transferphase gestartet, um die Mannschaft - so weit es ging - zu verbessern und den Umbruch einzuleiten. Das Transferzeugnis für S04.
Die Torhüter
Auf der Position des Torhüters hat sich in den letzten Wochen und Monaten viel getan. Mit Markus Schubert hat man ein junges Torwart-Talent ablösefrei von Dynamo Dresden verpflichten können. Schubert war dort zum Stammspieler geworden und war ebenfalls Teil der U21-Nationalelf. Ralf Fährmann hat man nach Norwich City verliehen, wo er - im Gegensatz zu Schalke - Spielpraxis sammeln soll. Auch wenn eine Vertragsverlängerung von Alexander Nübel für den Verein sehr gut wäre, ist man durch die Rückkehr von Fährmann im nächsten Sommer und Neuzugang Schubert auch im Falle eines Nübel-Abgangs gut aufgestellt.
Für die möglichen Handlungen auf der Torhüter-Position gibt esdie Note 1.
Die Abwehr
Vor zwei Jahren noch die große Stärke, und in der letzten Saison äußerst wacklig: Die Defensive. Für die Innenverteidigung konnte man Ozan Kabak überzeugen und somit eine 15 Millionen Euro Klausel beim VfB Stuttgart aktivieren. Kabak gilt als großes Talent, ist erst 19 Jahre alt, und wird die Innenverteidigung weiter stabilisieren - auch wenn er sich im zweiten Training zunächst verletzte und erst jetzt fit ist.
Den bisher besten Neuzugang findet man auf der Position des Rechtsverteidigers. Dort brilliert Jonjoe Kenny bislang mit seiner Robustheit und seinem (auch geforderten) "Spiel nach vorne". Allerdings hat man ihn nicht fest verpflichten, sondern nur für eine Saison ausleihen können. Everton wird es sich aller Voraussicht nicht nehmen lassen, Kenny wieder zurückhaben zu wollen. Heißt: Problem gelöst, aber nur auf Zeit.
So sieht es auch auf der linken Gegenseite aus. Mit Bastian Oczipka hat man dort zwar einen routinierten Bundesliga-Verteidiger, doch scheint er nicht unbedingt der beste LV-Spieler zu sein, wenn es um das Verbinden zwischen defensiver Stabilität und schneller, frischer, offensiver Kraft geht.Juan Miranda, auch er erst 19 Jahre, vom FC Barcelona soll dort aushelfen.Er wird von vielen als offensiver Verteidiger beschrieben. Doch auch bei ihm gibt es das "Problem", dass Miranda nur ausgeliehen ist. Zwar für zwei Jahre, doch hat Barca wohl die Option, ihn im kommenden Sommer schon nach Spanien zurückzuholen.
Deshalb hat man auf beiden Außenverteidiger-Positionen nur eine Lösung auf Zeit, auf der man im nächsten Sommer nachrüsten wird müssen. Dafür konnte man Hamza Mendyl (FCO Dijon) für mindestens ein Jar von der Gehaltsliste bekommen. Für die Entwicklungen in der Abwehr gibt es die Note 2-.
Das Mittelfeld
Das Mittelfeld ist schnell abgefertigt. Der einzige Neuzugang ist Levent Mercan, der aus der eigenen Jugend, der "Knappenschmiede", kommt. Der 18-Jährige ist im zentralen Mittelfeld zu Hause und hat erst neulich seinen ersten Profivertrag bis 2023 unterschrieben. Als Abgang hat man Sebastian Rudy zu vermelden. Er geht für ein Jahr zurück zur TSG Hoffenheim, und wird danach für vermeldete sechs Millionen Euro verpflichtet werden können. Zwischen Rudy und S04 war es schlicht ein großes, und teures Missverständnis.
Levent Mercan
Allerdings war man auf einigen Positionen, wie etwa der des Sechsers, bereits gut besetzt, sodass man den Handlungsbedarf auf andere Rollen fokussieren konnte. Nabil Bentaleb hat man hingegen nicht abgeben können - er soll nun operiert worden sein, fällt damit nochmal lange aus. Daran gemessen und an den Taten, die (nicht) gefolgt sind, gibt es für das Mittelfeld die Note 3. Solide, vernünftig, aber eben auch nichts Besonderes.
Der Sturm
In der Offensive gab es allerdings mehr Ernüchterung. Seit Jahren ist der letzte Schritt zum Erfolg, nämlich das Tore schießen, nicht die Kernkompetenz der Schalker gewesen. Letztes Jahr ohnehin nicht, in der Vizemeister-Saison davor halfen viele Standards und knappe Siege. Mit Benito Raman hat man einen kleinen "Star" der letzten Saison von Fortuna Düsseldorf für rund 13 Millionen Euro loseisen können. Von den Anlagen her (Geschwindigkeit, Laufwege, usw.) passt er gut zum Stil von Trainer David Wagner, doch muss er das nach dem dritten Spieltag weiterhin beweisen, sonst wird er bald als Eintagsfliege betitelt.
Auf der Seite der Abgänge befindet sich u. a. Breel Embolo. Der damalige Rekordeinkauf von S04 benötigte einen Tapetenwechsel, zu viele Verletzungen machten ihm in Gelsenkirchen das Leben schwer. Es war kein geplanter Verkauf, doch aufgrund des Wunsches seitens Embolo hat man die angeblich knapp zehn Millionen Euro dann doch genommen. Yevhen Konoplyanka konnte man gestern kurz vor Schluss von der Gehaltsliste streichen, dazu den Glücklosen Cedric Teuchert zu Hannover 96 verleihen, ebenso wie Bernard Tekpetey zu Düsseldorf.
Yevhen Konoplyanka spielt künftig wieder in der ukrainischen Heimat
Auf der klassischen Stürmerposition ist man aber blank geblieben. Bis zur letzten Minute hatten viele Schalker auf eine Mitteilung des Klubs gehofft, dass man noch einen weiteren qualitativ hochwertigen Stürmer verpflichtet, oder zumindest ausleiht. Guido Burgstaller passt nicht unbedingt in den geplanten Tempo-Fußball - zwar kommt Mark Uth wieder, doch nach langer Verletzungspause wird er Zeit benötigen, ist dazu eventuell für die Zehner-Position vorgesehen, ähnlich wie Ahmed Kutucu. Zwar könnten beide auch den Stürmer spielen, doch aufgrund der Knappheit für den Flügel, auf die zumindest Kutucu zuletzt (nach später Einwechslung) ausweichen musste, wird Burgstaller wohl weitere Spielzeit erhalten.
Vor allem aufgrund der fehlenden, zugegebenermaßen auch schwierigen, Investitionen in der Offensive ist der Sturm insgesamt der schwächste Teil der Sommertransferphase. Mit der Note 4 kann man wortwörtlich sagen, dass es "ausreichend" ist - mehr aber auch nicht. Raman muss nun funktionieren, der junge Matondo wenn er wieder fit ist ebenfalls. Burgstaller muss zum einen mehr Chancen aufgelegt bekommen, doch sollte ein Wechsel für Uth oder Kutucu auch möglich, und auch notwendig sein.
Das Fazit
Eine sehr schwierige Transferphase für die neuen Verantwortlichen auf Schalke. Sportvorstand Jochen Schneider musste die bitter schmeckende Suppe auslöffeln, die sein Vorgänger Christian Heidel im Büro hat stehen lassen. Bei vielen Spielern, die man abgeben will, gibt es ein Transferminus. Aufgrund geringer Finanzen hatte man beispielsweise keine Möglichkeit, noch einen Stürmer zu holen.
Es wird noch mehrere Transferphasen dauern, bis man den Kader vernünftig hat umbauen können, das weiß man auch intern. Für diesen Sommer gibt es die Gesamtnote 3+. Komplizierte Verhältnisse und bis auf die Offensive das vermutlich bestmögliche versucht.