Ist Gladbachs Zielsetzung zu defensiv? Ein klares Nein

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​Von außen kommen immer wieder Fußballanhänger, die sich wundern, warum man bei ​Borussia Mönchengladbach so tief stapelt. Auch am Niederrhein selbst gibt es inzwischen vermehrt Stimmen, die die defensive Haltung gerne abgelegt sehen möchten. Doch bislang sind Sportdirektor Max Eberl und der Verein damit goldrichtig gefahren und sollten es tunlichst vermeiden, offensiver zu agieren.

Einstelligkeit – von vielen inzwischen belächelt, für einige Wenige aber ein Qualitätsmerkmal. Weil die Namenscousine aus Dortmund inzwischen forsch Meisterträume formuliert und diese auch auf dem Transfermarkt offensiv angeht, kommen hier und dort Stimmen auf, die auch bei der anderen Borussia gerne eine etwas offensivere Herangehensweise sehen wollen. Dieses ewige Gefasel von der Einstelligkeit sei nicht mehr en vogue. Als Europa-League-Kandidat müsse man schließlich andere Ansprüche haben.

Doch sieht man bereits in der jüngeren Vergangenheit, dass eine offensivere Formulierung dem Verein auf die Füße gefallen wäre. Denn mit etwas Abstand betrachtet, ist der direkte Einzug ins europäische Geschäft und dem Zieleinlauf auf Rang fünf ein großartiges Ergebnis. Zuvor war der Klub zweimal nur Neunter geworden. Zu wenig für die Ansprüche vieler, doch der Druck für die Mannschaft - hätte man vor der Saison andere Ziele formuliert - wäre ungemein größer gewesen, und damit auch die Fallhöhe.

Es gibt einfach zu viele Teams, die wirtschaftlich den Fohlen noch zu weit voraus sind. Die Erfolge hingegen aus der letzten Dekade werden entsprechend investiert, um den Vorteil der anderen Teams schrumpfen zu lassen. Rein wirtschaftlich gesehen sind der FC Bayern, Borussia Dortmund und RB Leipzig aber schon so weit enteilt, dass man diesen Vorsprung kaum noch aufholen kann. Ergo schlagen sich etliche Teams um den verbliebenen vierten Startplatz in der Königsklasse.

Schalke zeigt, wie hoch die Fallhöhe sein kann

Rein wirtschaftlich liegen da vor dem VfL immer noch Schalke, Wolfsburg und Leverkusen. Insofern ist ein siebter Platz durchaus realistisch und mit Schwankungen versehen kann es mal zwei Plätze höher oder tiefer gehen. Wie eben zwei neunte Plätze, wenn es unglücklich läuft, oder einem fünften Platz, wenn viel Gutes zusammenkommt. Man darf sicher sein, dass ein Rang zehn oder elf auch entsprechend von der Führungsetage kritisiert werden dürfte. Und auch die beiden neunten Plätze wurden entsprechend bewertet.

Aber es wird eben nicht in Panik verfallen, denn man ist sich am Niederrhein seiner Rolle, seiner Stärken, aber eben auch seiner Schwächen bewusst. Daher ist es eine sehr gesunde Mischung, wie die Verantwortlichen seit Jahren an der Hennes-Weisweiler-Allee agieren. Wie hoch die Fallhöhe mit all ihren Wirrungen ist, erlebt man auf Schalke inzwischen seit Jahren. Nach der Vizemeisterschaft folgte der knallharte Abstiegskampf, der vieles auf den Prüfstand stellte und einige Köpfe und Neuanfänge kostete.

Daher ist die Beharrlichkeit und Konstanz, mit der in Gladbach inzwischen agiert, ein stabiles Fundament, auf dem der Erfolg immer weiter aufgebaut wird. Ein Marco Rose hätte sich sicher nicht für Gladbach entschieden, wenn die Voraussetzungen inzwischen nicht so gut wären. Ebenso wie die beiden Weltmeister Matthias Ginter und Christoph Kramer, was ebenfalls als Attraktivitätsargument gewertet werden darf. Das sich Spieler mit dem Prädikat eines Weltmeisters der Borussia anschlossen, ist lange her.

Der Unterschied zwischen intern und extern

Zudem darf angenommen werden, dass intern die Ziele anders formuliert werden und auch hier ein anderer Ton angeschlagen wird. Nur wird dies eben nicht vollmundig wie bei anderen Klubs nach außen getragen, sondern intern heißt in diesem Fall auch intern. Max Eberl wird sich kaum in die Kabine setzen und den Spielern sagen, dass es reicht, wenn am Ende Rang neun herausspringt.

Allerdings bringt auch der Trainerwechsel wieder neue Widrigkeiten mit sich, weshalb der Sportdirektor gut daran tut, Geduld einzufordern. Es braucht seine Zeit, bis Automatismen greifen, bis vor allem unter Wettbewerbsbedingungen die richtigen Momente erfühlt werden, wann entsprechend zu handeln ist. Daher wäre es fatal, im jetzigen Moment eine zu offensive Zielsetzung zu formulieren, mit der sowohl der Trainer als auch die Mannschaft unter Druck gesetzt werden. So wie es seit Jahren gehandhabt wird, läuft es für den Verein. Mal besser, mal weniger besser, aber nie schlecht. Und das sollte Argument genug sein, dass man auf dem richtigen Weg ist.